Heft April 2002

Keine Doppelnamen für Kinder

Eltern mit verschiedenen Nachnamen dürfen ihren Kindern auch künftig keinen Doppelnamen geben (nichtamtlicher Leitsatz).

Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 30.01.2002
- Az.: I BvL 23/96 -

Nach dem 1994 geänderten Namensrecht dürfen Eltern, die keinen gemeinsamen Nachnamen führen, dem Kind nur einen Namen geben. Einigen sie sich nicht, überträgt das Vormundschaftsgericht das Bestimmungsrecht auf einen Elternteil. Falls dieser sich nicht entscheidet, bekommt das Kind seinen Namen. Das geltende Recht, das einen Doppelnamen für Kinder untersagt, ist nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichtes mit dem Elternrecht und dem Persönlichkeitsrecht vereinbar. Das Verfahren geht auf die Klage eines Ehepaares zurück, das seinem siebenjährigen Sohn die Nachnamen beider Elternteile geben wollte, um dessen Abstammung von beiden Elternteilen zu dokumentieren. Das zuständige Amtsgericht hatte den Fall vorgelegt.

Nach Auffassung des 1. Senats stünde es dem Gesetzgeber zwar frei, Doppelnamen für Kinder zu erlauben. Andererseits sei aber auch das Verbot mit der Verfassung vereinbar. Mit der Regelung solle die Bildung von Namensketten verhindert werden, die sich in den folgenden Generationen verlängern würden. Das Namensrecht diene auch dem Schutz künftiger Namensträger. Mit dem Anwachsen der Namenszahl drohe die Funktion des Namens verloren zu gehen, identitätsstiftend zu wirken.

Recht auf Wahrung der Sitzungsöffentlichkeit

Ratsmitgliedern und Ratsfraktionen steht ein eigenes wehrfähiges subjektives Organrecht auf Wahrung des Grundsatzes der Sitzungsöffentlichkeit in § 48 Abs. 2 Satz 1 GO NRW durch den Bürgermeister und durch den Rat zu.

Die Voraussetzungen für eine nichtöffentliche Beratung liegen regelmäßig dann vor, wenn das prozeßtaktische Vorgehen in einem von der Gemeinde geführten Rechtsstreit zum Gegenstand der Erörterung im Rat gemacht werden

soll.

OVG NRW, Urteil vom 24.04.2001
- Az.: 15 A 3021/97 -

In einem Rechtsstreit des damaligen Stadtdirektors gegen die Stadt vor dem OVG NRW machte der Berichterstatter des zuständigen OVG-Senats im August 1995 einen schriftlichen Vergleichsvorschlag, dessen Annahme der Rat nach nichtöffentlicher Beratung in öffentlicher Sitzung beschlossen hatte. Die drei klagenden damaligen Oppositionsfraktionen sowie deren drei damalige Vorsitzende als Ratsmitglieder beantragten beim VG erfolglos die Feststellung, durch den Ausschluß der Öffentlichkeit in ihren organschaftlichen Mitwirkungsrechten verletzt zu sein. Die Berufung blieb ebenfalls erfolglos.

Nach Auffassung des OVG NRW steht den Ratsmitgliedern zwar ein eigenes wehrfähiges subjektives Organrecht auf Wahrnehmung des Grundsatzes der Sitzungsöffentlichkeit in § 48 Abs. 2 Satz 1 GO NRW durch den Bürgermeister und durch den Rat zu. Insofern hält der Senat entgegen vielfach geübter Kritik für das nordrhein-westfälische Gemeinderecht an seiner früheren Rechtsprechung fest. Aus einer an Wortlaut, Systematik und Entstehungsgeschichte und dem Zweck der genannten Vorschrift orientierten Auslegung ergibt sich, daß der Grundsatz der Sitzungsöffentlichkeit zumindest auch den Ratsmitgliedern als wehrfähiges subjektives Organrecht zugewiesen ist. Maßgeblicher Auslegungsgesichtspunkt ist dabei die Systematik der GO: Belegt schon das Antragsrecht des Ratsmitglieds aus § 48 Abs. 2 Satz 3 GO NRW, daß subjektive Organrechte im Zusammenhang mit dem Grundsatz der Sitzungsöffentlichkeit auch Ratsmitgliedern zustehen, so kommt entscheidend hinzu, daß die Behandlung einer Angelegenheit in nichtöffentlicher Sitzung das Ratsmitglied verpflichtet, über diese Angelegenheit nach Maßgabe des § 30 Abs. 1 Satz 1 GO NRW Verschwiegenheit zu wahren. Denn als Angelegenheiten, deren Geheimhaltung im Sinne des § 30 Abs. 1 Satz 1 GO NRW vom Rat beschlossen wurde, gelten nach nahezu übereinstimmender Auffassung diejenigen Angelegenheit, die auch ohne ausdrücklichen Beschluß in nichtöffentlicher Sitzung beraten werden.

Durch diese gleichsam automatische Einbeziehung in die Verschwiegenheitspflicht gerät jeder Ausschluß der Sitzungsöffentlichkeit notwendig in Konflikt mit dem sonst gegebenen Recht auf freie Mandatsausübung (§ 43 Abs. 1 GO NRW), dessen wesentlichstes Element die Befugnis ist, zu jeder Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft öffentliche Überzeugungsbildung innerhalb und außerhalb der Ratsgremien zu betreiben. Berät der Rat eine Angelegenheit in nichtöffentlicher Sitzung, so liegt darin zugleich eine Einschränkung des Mandatsausübungsrechtes, die das Ratsmitglied nur dann hinzunehmen hat, wenn die rechtlichen Voraussetzungen für eine derartige Verfahrensweise gegeben sind.

Die Klage war allerdings nicht begründet, da die in Rede stehenden Ratsbeschlüsse die Klägerinnen nicht in ihren subjektiven Organrechten aus § 48 Abs. 2 Satz 1 GO NRW verletzten. Der Ausschluß der Sitzungsöffentlichkeit war durch § 48 Abs. 2 Satz 3 GO NRW, § 6 Ziffer 3 GeschO gerechtfertigt. Nach diesen Vorschriften kann auf Antrag des Bürgermeisters oder eines Ratsmitglieds für einzelne Angelegenheiten die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden, wovon der Rat im vorliegenden Fall unausgesprochen aber gleichwohl ermessensfehlerfrei Gebrauch gemacht hat. Die Voraussetzungen für eine nichtöffentliche Beratung liegen regelmäßig dann vor, wenn das prozeßtaktische Vorgehen in einem von der Gemeinde geführten Rechtsstreit zum Gegenstand der Erörterung im Rat gemacht werden soll. Diese Erörterung kann in der Regel nur nichtöffentlich erfolgen, weil sonst der Beratungsinhalt der Gegenseite vorzeitig bekannt werden könnte.

Antragsfristen nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz NRW

Das Flüchtlingsaufnahmegesetz NRW in der seit dem 1. Januar 1995 geltenden Fassung bestimmt keine gesetzliche Frist, binnen derer die Gemeinden ihre Ansprüche auf Landesmittel bei den zuständigen Bezirksregierungen anzumelden hätten (nichtamtlicher Leitsatz).

OVG NRW, Urteil vom 26.02.2002
- Az.: 15 A 527/00 -

Nach § 4 Abs. 3 des Flüchtlingsaufnahmegesetzes (FlüAG) haben die Gemeinden die Zahl der ausländischen Flüchtlinge an den Stichdaten 31.12., 31.03., 30.06. und 30.09. jeweils bis zum darauf folgenden 15.01., 15.04., 15.07. und 15.10. der Bezirksregierung zu melden. Diese weist die entsprechenden Vierteljahrespauschalbeträge zum 01.03., 01.06., 01.09. und 01.12. zu.

Die Gemeinde Nümbrecht hatte am 14. Oktober 1997 zum Stichtag 30. Juni 1997 die Erstattung von Aufwendungen für 43 Bosnier in Höhe von 87.075,-- DM bei der Bezirksregierung Köln beantragt. Diesen Antrag hatte die Bezirksregierung Köln unter Hinweis auf die Fristenregelung in § 4 Abs. 3 FlüAG abgelehnt. Nachdem auch der Widerspruch der Gemeinde zurückgewiesen worden war, hatte sie Klage beim VG Köln auf Erstattung der 87.075,-- DM erhoben. Das VG Köln hatte der Klage stattgegeben. Die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung der Bezirksregierung Köln hat das OVG nunmehr zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:

§ 4 Abs. 3 des FlüAG sei nur eine Ordnungsvorschrift, die den Gemeinden aufgebe, den Bestand der ausländischen Flüchtlinge bis zu den gesetzlich bestimmten Terminen (15.01., 15.04., 15.07. und 15.10. eines jeden Jahres) zu melden. Eine Antragsfrist hinsichtlich der den Gemeinden zustehenden Landesmittel enthalte sie nicht. Die Gemeinden verlören den Anspruch auf Erstattung deshalb auch dann nicht, wenn der Meldetermin - wie hier - um einige Wochen versäumt worden sei. Abweichendes ergebe sich auch nicht aus der Entstehungsgeschichte und dem Sinn der gesetzlichen Regelung.

Das OVG hat die Revision zum Bundesverwaltungsgericht nicht zugelassen.

© StGB NRW 2002

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