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StGB NRW-Mitteilung 829/2004 vom 29.10.2004

Zehn Punkte zu Zuwanderung und Integration

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hat das nachstehende Zehn-Punkte-Papier veröffentlicht, um die kommunale Seite in die diesbezügliche öffentliche Diskussion einzubringen. Das Papier steht auch auf der neugestalteten Internet-Seite „Brennpunkt Zuwanderung“ unter www.dstgb.de zur Verfügung.

1. Integrationserfolge sind vor Ort von größter Bedeutung!

Die Zuwanderungspolitik ist für die Städte und Gemeinden von zentralem Interesse. Im Mittelpunkt steht dabei die Integration der Menschen. Integration spielt sich auf kommunaler Ebene ab, ebenso wie sich dort die Folgen der Defizite bei der Integration von Zuwanderern zeigen. Dies betrifft, einmal abgesehen von den Problemen mit Versorgung und Unterbringung von Asylbewerbern und Flüchtlingen, zum einen die Frage der Sozialleistungskosten als Folge von Integrationsdefiziten, zum anderen die Frage des friedlichen Zusammenlebens von Einheimischen und Zuwanderern und zum Dritten betrifft es einen Faktor für eine erfolgreiche Entwicklung einer Region. Eine gelungene Integration kann die Chance der Kommune verbessern, als Standort für ausländische Investoren ausgewählt zu werden. Denn Mehrsprachigkeit und eine grundsätzliche Offenheit in der Bevölkerung gegenüber anderen Kulturen sind dabei wichtige Entscheidungsfaktoren.

Sozialindikatoren deuten an, wie hoch die Defizite bei der Integration von Ausländern immer noch sind. Heute sind Ausländer statistisch gesehen doppelt so häufig arbeitslos, dreimal so häufig Bezieher von Sozialhilfe und wesentlich häufiger ohne Berufsausbildung als Deutsche. Ähnliche Probleme gibt es auch bei Spätaussiedlern. Die kommunalen Sozialhilfeausgaben für ausländische Familien liegen derzeit jährlich über 1,5 Mrd. €.

2. Integrationspolitik muss auf den Erfahrungen der Gemeinden aufbauen!

Schon seit langem betreiben die Städte und Gemeinden neben den direkten sozialen Leistungen mit großem Aufwand und auf vielfältige Weise eine eigene lokale Integrationspolitik. Hier sind mit viel Kreativität Konzepte und Lösungen für die verschiedensten Problemlagen entwickelt worden. Die Kommunalpolitik muss sich auch in Zukunft auf eine dauerhaft hohe Zuwanderung und einen steigenden Bevölkerungsanteil von Zuwanderern einstellen. Daher werden spezifische lokale Integrationsmaßnahmen eine wichtige Aufgabe der Kommunalverwaltung bleiben. Jedoch schaffen die Kommunen diese Aufgabe nicht allein.

Für die spezifischen lokalen Integrationsmaßnahmen brauchen die Städte und Gemeinden bessere Rahmenbedingungen durch die staatliche Integrationspolitik. Die kommunale Selbstverwaltung kann dadurch neuen Freiraum und bessere Rahmenbedingungen gewinnen, dass mit staatlich finanzierten Integrationsprogrammen den Zuwanderern integrative Basisqualifikationen vermittelt werden und durch besondere Maßnahmen der Bildungspolitik das Gesamtniveau der allgemeinen und beruflichen Bildung von Zuwanderern deutlich angehoben wird.

Aus Sicht der Städte und Gemeinden wird begrüßt, dass das Zuwanderungsgesetz mit Programmen zur Integration verbunden wurde. Der Gesetzgeber hat erkannt, dass mit der künftigen deutschen und europäischen Zuwanderungspolitik ein dringender Handlungsbedarf für eine qualitative Verbesserung und quantitative Ausweitung der staatlich finanzierten Integrationspolitik entsteht.

3. Integrationspolitik nur bei Koordinierung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden effektiv

Eine gelungene Absicherung der Integrationsangebote im gesamten Bundesgebiet stellt einige Anforderungen an die Koordinierung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Erforderlich sind abgestimmte Programme mit klaren und in den Zuständigkeiten übersichtlich strukturierten Angeboten für integrative Maßnahmen, vor allem in den Bereichen Sprachförderung, berufliche Qualifizierung und Beratung. Es ist zu begrüßen, dass der Bund über das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge diese Koordinierung entscheidend verbessern will. Viele Fragen, insbesondere bezüglich der Zuständigkeiten und Verfahrensabläufe, müssen aber zwischen den Beteiligten noch geklärt werden.

4. Integrationsprogramme müssen vom Staat dauerhaft und umfassend finanziert werden!

Entgegen früherer Fassungen sieht das Zuwanderungsgesetz nun eine Bundesfinanzierung der neuen Integrationsmaßnahmen vor. Bei aller Anerkennung für die Bereitschaft des Bundes, die Kosten für ein ausgeweitetes Programm von Integrationsmaßnahmen zu übernehmen, hält der Deutsche Städte- und Gemeindebund das Ausmaß der nun beschlossenen Integrationsmaßnahmen noch nicht für ausreichend. Die Kommunen hatten vom Zuwanderungsgesetz einen Quantensprung bei der staatlich finanzierten Integrationspolitik erwartet, damit sie langfristig von den wirtschaftlichen und sozialen Lasten in Folge schlechter Deutschkenntnisse, geringer Schul- und Berufsausbildung und hoher Arbeitslosigkeit von Zuwanderern entlastet werden. Hierzu reicht der Umfang des nun vom Bund finanzierten Integrationspaketes nicht aus. Dabei ist z.B. die Kursvergütung in Höhe von 2,05 € pro Teilnehmerstunde für das, was die Träger leisten müssen, zu niedrig angesetzt. Sie steht im Widerspruch zu den hohen Qualitätsanforderungen an die Maßnahmen.

5. Keine Beschränkung der Förderung auf neu hinzuziehende Zuwanderer!

Auch bei den schon lange bei uns lebenden Zuwanderern bestehen große Integrationsdefizite. Es ist zu begrüßen, dass das Zuwanderungsgesetz grundsätzlich auch diesen Personenkreis in die Integrationsförderung einbezieht. Für die „nachholende Integration“ stellt der Bund in den nächsten sechs Jahren insgesamt 300.000 Plätze des Kursangebots, also 50.000 Plätze pro Jahr bereit. Dies ist ein erster, wichtiger Schritt, um das in den letzten Jahrzehnten Versäumte nachzuholen. Der Bedarf an nachholender Integration ist aber höher und muss noch mehr in zielgruppen- und bedarfsgerechter Weise gedeckt werden.

6. „Interkulturelle Öffnung“ und Fachabteilung „Integrationspolitik“ vor Ort

Immer mehr Städte und Gemeinden setzen Schritte zu einer „interkulturellen Öffnung“ um. Diese hat zum Ziel, Hemmschwellen und Verständigungsschwierigkeiten zwischen Migranten und Verwaltungsangestellten abzubauen. So erreichen Kommunen durch Schulung von Verwaltungsangestellten eine größere Offenheit und ein besseres Verständnis von migrationspezifischen Fragestellungen und tragen zunehmend durch ihre Personalpolitik der Migrationsrealität Rechnung. Fachdienste für Zuwanderung gibt es nicht nur in Großstädten, sondern auch im kreisangehörigen Bereich. Z.B. verfügt die Stadt Arnsberg (80.000 Einwohner) über ein kommunales Integrationskonzept, das unter Beteiligung lokaler Akteure der Integrationsarbeit und der Arnsberger Bevölkerung erarbeitet wurde und in der Stadtverwaltung eine zentrale Anlaufstelle für Integration vorsieht, also eine Fachabteilung „Integrationspolitik“.

7. Integrationspolitik hört nicht bei der Sprachförderung auf

Auch in den Themen Bildung, Erwerbstätigkeit, Wohnsituation, soziale Beratung und Öffentlichkeitsarbeit gibt es Handlungsfelder, in denen vor Ort bisweilen noch Lücken in Hinblick auf Angebote bestehen, die den migrationsspezifischen Belangen Rechnung tragen. Damit es in Zuwanderervierteln nicht zu Verwahrlosung und Kriminalität, aber auch nicht ausländerfeindlichen Umtrieben kommt, bedarf es der größeren Aufmerksamkeit einer Integrationsförderung im Wohnumfeld. So kann z.B. eine Mieteraktivierung zu Stadtteilforen und „runden Tischen“ mit gezielter Unterstützung von Wohnungsunternehmen und Kommunen die Zahl der Konfliktpotentiale und Gesetzesübertretungen absenken und das Miteinander im Wohnumfeld verbessern. Auch zusätzliche Bildungs- und Freizeitangebote für Kinder können den sozialen Zusammenhalt vor Ort stärken und einen maßgeblichen Beitrag zur zukünftigen Entwicklung benachteiligter Stadtteile leisten.

8. Kommunale Integrationsnetzwerke koordinieren die Arbeit vor Ort

Solche Netzwerke haben die Funktion, die Akteure der Integrationsarbeit vor Ort „an einen Tisch“ zu holen und arbeitsteilige Maßnahmen und Strategien der Problemlösung und eine gemeinsame Informationspolitik zu entwickeln. Hierzu gibt es gute Beispielen aus Gemeinden, die es einzubeziehen gilt. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund unterstützt diesen Erfahrungsaustausch. Auch der Bundeswettbewerb, den das Bundesinnenministerium und die Bertelsmann Stiftung gemeinsam durchführen, dürfte hierzu gute Anregungen geben.

9. Freiwilliges Engagement im Integrationskontext unterstützen!

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund unterstützt die Forderung des Zuwanderungsrates, dass ein bundesweites Integrationsprogramm die strukturierte Einbindung zivilgesellschaftlichen Engagements und insbesondere der Migrantenselbstorganisationen ermöglichen muss. Die hohe Integrationskraft des freiwilligen Engagements sollte durch die öffentliche Hand gefördert werden, etwa durch die Unterstützung von Netzwerken und Clearingstellen zur Koordination der Freiwilligenarbeit.

10. Gegen Gewalt, Extremismus, und Fremdenfeindlichkeit eintreten!

Die besten Programme zur Integration laufen leer, wenn nur ein kleiner Teil der Bevölkerung gegenüber Zuwanderern Akzeptanz aufbringt. Dieser Bevölkerungsteil ist wegen seiner integrationsfördernden Ausrichtung für die Bewusstseinsbildung im ganzen Land von großer Bedeutung. Er verdient daher Unterstützung durch alle Ebenen der öffentlichen Hand. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund bietet unter www.dstgb.de (Rubrik „Brennpunkte“) die „KODEX-Initiative“, d.h. die "Kommunale Datenbank gegen Gewalt, Extremismus, und Fremdenfeindlichkeit". KODEX ist ein Projekt des DStGB und wird gefördert mit Mitteln des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Mit KODEX wird ein völlig neues Netzwerk der kommunalen Kreativität im Einsatz gegen Gewalt, Extremismus, und Fremdenfeindlichkeit geschaffen. Die KODEX-Datenbank enthält detaillierte Informationen über rund 450 Konzepte, Projekte und Aktionen, die auf kommunaler Ebene gegen Gewalt, Extremismus und Fremdenfeindlichkeit eingesetzt werden. Man kann die Datenbank direkt aufrufen und nach Ortsnamen durchblättern. Es steht zudem eine Suchfunktion zur Verfügung, mit der im Text aller Datensätze nach beliebigen Suchbegriffen recherchieren werden können. Unter „Neue Projekte anmelden“ findet sich ein Online-Fragebogen, mit dem neue Projekte und Konzepte für KODEX direkt beim DStGB angemeldet werden können.

Az.: I 804

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