Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 176/2021 vom 18.03.2021

VGH Bayern: Nutzung kann bei nicht genehmigten Bauvorhaben untersagt werden

Der VGH Bayern hat sich mit Beschluss vom 30.11.2020 (Az.: 1 ZB 18.341) zu den Folgen eines nicht genehmigten Bauvorhabens wie folgt geäußert:

  1. Für eine Nutzungsuntersagung reicht grundsätzlich die formelle Baurechtswidrigkeit der Nutzung aus. Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn die nicht genehmigte Nutzung offensichtlich genehmigungsfähig ist.
  2. Bedarf es für das Vorhaben einer fachlichen Bewertung des Immissionsschutzes, kommt es für die Genehmigungsfähigkeit nicht darauf an, ob die Nutzung schon jahrelang unbeanstandet ausgeführt wurde.

1. Sachverhalt

Auf dem Grundstück des E befindet sich ein Mitte der 1930er Jahre genehmigter Hauptstall. An diesen wurde später ein offener Unterstand angebaut, der erstmalig in einer Teilungsgenehmigung aus dem Jahr 1989 dargestellt ist. Der Anbau wurde als Unterstand zur Schafhaltung genutzt. Dabei befanden sich teilweise über 100 Lämmer darin. Das Gebäude steht unmittelbar an der Grenze zu einem zu Wohnzwecken genutzten Nachbargrundstück. Die zuständige Behörde untersagte die Nutzung des Anbaus als Schafunterstand.

2. Entscheidung

Der VGH hält die Nutzungsuntersagung für rechtmäßig. Der Unterstand sei aufgrund der Genehmigungsunterlagen aus den 1930er Jahren nicht von der Genehmigung des Gebäudekomplexes erfasst. Zudem sei er nicht genehmigungsfrei, weil er nach den baurechtlichen Vorschriften als genehmigungspflichtige Erweiterung des Hauptstalls eingeordnet werden müsse. Für den Erlass einer rechtmäßigen Nutzungsuntersagung genüge es, wenn die geplante bzw. bestehende Nutzung einer baulichen Anlage formell baurechtswidrig, also nicht genehmigt, sei. Etwas anderes gelte dann, wenn die nicht genehmigte Nutzung genehmigungsfähig sei – dies sei vorliegend indes nicht der Fall, insbesondere weil es einer fachlichen Bewertung des Immissionsschutzes bedürfe.

Ein Bestandsschutz der Nutzung als Schafstall komme nicht in Betracht, weil der Anbau weder genehmigt sei noch verfahrensfrei gestellt werden könne. Zudem fehle es zur Bewertung eines Bestandsschutzes an konkreten Angaben zur Frage, wann die Nutzung als Unterstand als Schafstall erstmalig aufgenommen worden sei. Allein eine über einen längeren Zeitraum erfolgende beanstandungsfreie Nutzung begründe keinen Bestandsschutz. Dem Vorbringen des E, seine wirtschaftlichen Interessen seien bei der Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht hinreichend berücksichtigt worden, hat der VGH eine Absage erteilt. E habe über Jahre ohne Beachtung des Erfordernisses einer Baugenehmigung tatsächlich wirtschaftliche Vorteile aus der Nutzung gezogen.

3. Praxishinweis

Die Entscheidung des VGH folgt der grundlegenden Linie der Rechtsprechung zu den Voraussetzungen und Wirkungen eines baurechtlichen Bestandsschutzes. Eine über einen längeren Zeitraum hinweg erfolgende tatsächlich genehmigungsbedürftige, aber nicht genehmigte Nutzung darf unter Bestandsschutzgesichtspunkten nicht fortgesetzt werden, sofern und soweit sie nicht genehmigungsfähig war.

Das gilt speziell, wenn Rechtspositionen Dritter bzw. Belange der Allgemeinheit betroffen sind. Die Lärm- und Geruchsbelastung der Schafhaltung in einem offenen Anbau an der Grundstücksgrenze bedürfen einer immissionsschutzrechtlichen Bewertung im Rahmen eines baurechtlichen Genehmigungsverfahrens. Es ist dem Grundstückseigentümer zumutbar, ein solches Verfahren zu durchlaufen. Kann dieses aus rechtlichen Gründen nicht erfolgreich sein, trägt der Eigentümer das Risiko.

Az.: 20.3.1.3-003/001

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