Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 727/2008 vom 18.11.2008

Verwaltungsgericht Münster zur Übernahme eines Privatkanals

Das VG Münster hat mit Urteil vom 15.10.2008 (Az. 3 K 1498/07) entschieden, dass ein privater Grundstückseigentümer, dem die Abwasserbeseitigungspflicht für Schmutzwasser gemäß § 53 Abs. 4 Landeswassergesetz NRW auf Antrag der Gemeinde vom Kreis als Untere Wasserbehörde übertragen worden ist, keinen Anspruch darauf hat, dass die Gemeinde einen von ihm gebauten Privatkanal als öffentlichen Kanal gegen Kosterstattung übernehmen muss. Der Kläger, ein Grundstückseigentümer im bauplanungsrechtlichen Außenbereich, erhielt mit Datum vom 12.11.1984 durch die Untere Wasserbehörde des zuständigen Kreises die Abwasserbeseitigungspflicht im Hinblick auf das häusliche Abwasser übertragen. Zugleich wurde die Gemeinde von der Abwasserbeseitigungspflicht freigestellt. Nachdem der Kläger seit dem Jahr 1985 auf seinem Grundstück eine durch die Untere Wasserbehörde genehmigte Kleinkläranlage betrieben hatte, baute er zu Beginn des Jahres 1999 eine private Druckrohrleitung zum öffentlichen Kanal der beklagten Gemeinde. Der Kläger begehrte in der Folgezeit die Übernahme dieser privat gebauten Druckrohrleitung und eine Kostenerstattung im Hinblick auf die ihm entstandenen Baukosten. Die beklagte Gemeinde lehnte die Übernahme gegen Kostenerstattung ab, weil der Kläger im eigenen Interesse einen Privatkanal gebaut hat.

Das VG Münster gab der beklagten Gemeinde mit Urteil vom 28.10.2008 (Az. 3 K 1498/07) der beklagten Gemeinde Recht. Der Kläger besitze – so das VG Münster – keinen Anspruch gegen die beklagte Gemeinde auf Zahlung der Kanalbaukosten und Übernahme des privaten Kanals in die öffentliche Abwasseranlage der Gemeinde. Im Wesentlichen führt das VG Münster aus, dass weder aus Vertrag noch aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 677 f. Bürgerliches Gesetzbuch – BGB) ein Anspruch des Klägers folge, dass die von ihm gebaute Abwasserleitung in die öffentliche Abwasseranlage der beklagten Gemeinde übernommen wird. Durch den Bescheid der Unteren Wasserbehörde des Kreises vom 12.11.1984 sei die beklagte Gemeinde von der Abwasserbeseitigungspflicht für das Grundstück des Klägers befreit worden und der Kläger sei verpflichtet worden, sein Abwasser selbst zu beseitigen. Zu diesem Zweck hätte er eine Kleinkläranlage errichten und betreiben müssen. Der Kläger habe also durch den Bau des Kanals kein Geschäft für die beklagte Gemeinde besorgt, sondern allein für sich. Hätte er keinen Kanal gebaut, um sein Grundstücks an die öffentliche Abwasseranlage anschließen zu können, hätte er nämlich – auf eigene Kosten – seine private Kleinkläranlage modernisieren müssen.

Die vom Kläger gebaute, private Druckrohrleitung, die im gemeindlichen Boden verlegt worden sei, sei auch nicht in das Eigentum der Gemeinde übergegangen. Vielmehr müsse – so das VG Münster – davon ausgegangen werden, dass diese private Abwasserleitung nach § 95 Abs. 1 Satz BGB kein wesentlicher Bestandteil der Gemeindegrundstücke sei, sondern nur Scheinbestandteil des gemeindlichen Grundstücks geworden sei, soweit sie in gemeindeeigenen Grundstücken verlaufe (vgl. hierzu auch: Bundesgerichtshof, Urteil vom 02.12.2005 – Az. V ZR35/05, NJW 2006, Seite 290, für eine Versorgungsleitung). Deshalb scheide auch ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch aus, dessen Anspruchsvoraussetzungen und Rechtsfolgen, soweit sie nicht spezialgesetzlich geregelt seien, dem zivilrechtlichen Bereicherungsanspruch entsprechen würden (vgl.: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 16.11.2007 – Az. 9 B 36.07 – NZW 2008, Seite 601 und Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 12.03.1985 – Az. 7 C 48.82 – BverwGE 71,85).

Weil die Privatleitung – so das VG Münster – nicht durch den Einbau in die gemeindeeigenen Grundstücke Bestandteil des Grundeigentums geworden seien, habe die beklagte Gemeinde nichts erlangt, so dass bereichungsrechtlich auch nichts auszugleichen sei. Außerdem stünde einem etwaigen Erstattungsanspruch auch der Rechtsgrundsatz der aufgedrängten Bereicherung entgegen. Dieser Grundsatz, der auch im Bereich des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruches anzuwenden sei, besage, dass dann, wenn die objektive Werterhöhung nach dem § 946 bis 950 BGB für den Bereicherten ohne subjektives Interesse sei, er Abwehrmittel gegen die Ansprüche aus § 951 Abs. 1 Satz 1 BGB hat. Die Bereicherung bemesse sich in einem solchen Fall nach dem subjektiven Ertragswert des Vermögenszuwachses beim Bereicherten, also nach dessen Interesse. Der Vergütungsanspruch gehe dann nicht auf Wertersatz, sondern nur auf realen Ausgleich, d. h. der Bereicherte braucht nur die Rücknahme der verbundenen Sachen zu gestatten (vgl. hierzu: OVG NRW, Urteil vom 05.08.1970 – Az. III A 17/68 – DÖV 1971, Seite 350). Da die beklagte Gemeinde aber zu dem Zeitpunkt, in denen die private Druckrohrleitung gebaut worden sei, nicht für die Beseitigung des Abwassers vom Grundstück des Klägers zuständig gewesen sei, besitze diese private Druckrohrleitung auch keinen subjektiven Wert für die Gemeinde. Hiernach sei die beklagte Gemeinde nicht dazu verpflichtet, dem Kläger seine Aufwendungen zu erstatten.

Auch ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) liege nicht vor. Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verpflichte die Grundrechtsadressaten wesentliches gleich und wesentlich ungleiches entsprechend seiner Verschiedenheit und Eigenart ungleich zu behandeln (vgl. hierzu: BVG, Beschluss vom 06.05.2008 – Az. 2BvR336/07 -). In diesem Zusammenhang obliege immer noch der abwasserbeseitigungspflichtigen Gemeinde die Entscheidung, welche Außenbereichsgrundstücke sie an ihre öffentliche Abwasseranlage anschließe, auch wenn sie von Abwasserbeseitigungspflicht für diese Grundstücke befreit worden sei. Dieses falle in die Planungshoheit der Gemeinde. Insoweit könne der Kläger keinen Anspruch darauf herleiten, dass in einem anderen Straßenzug eine öffentliche Abwasserleitung gebaut worden sei und in seinem Straßenzug nicht. Im Übrigen liege auch ein anderer Sachverhalt deshalb vor, weil in der anderen Straße, die mit einem öffentlichen Abwasserkanal versehen worden sei, die Grundstückseigentümer den Anschluss an die öffentliche Abwasseranlage befürwortet hätten. Dieses sei im Straßenzug des Klägers nicht der Fall.

Az.: II/2 24-30 qu/ko

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