Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 726/2008 vom 18.11.2008

Verwaltungsgericht Minden zur öffentlichen Abwasserleitung

Das VG Minden hat mit Urteil vom 30.07.2008 (Az. 11 K 696/08) zu der Frage entschieden, wann eine Abwasserleitung der öffentlichen Abwasseranlage einer Gemeinde zugerechnet werden kann und damit als öffentliche Abwasserleitung zu qualifizieren ist.

In dem entschiedenen Fall führt das VG Minden zunächst aus, dass die Rechtsqualität einer Abwassersammelleitung für die Erhebung der Benutzungsgebühren dann ohne Belang ist, wenn das Abwasser über die Sammelleitung erst der öffentlichen Abwasseranlage (einem öffentlichen Abwasserkanal) zugeführt und damit der Gebührentatbestand ohnehin verwirklicht wird. In einem solchen Fall kann nach dem VG Minden nicht von einer konkludenten Widmung der Abwasserleitung zum Bestandteil der öffentlichen Abwasseranlage durch die Erhebung von Gebühren ausgegangen werden, weil dieses für die Gebührenerhebung ohne jede Bedeutung ist.

Außerdem weist das VG Minden unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des OVG NRW darauf hin, dass bei der Frage, ob eine Grundstücksanschlussleitung einen Teil der öffentlichen Abwasseranlage darstellt, maßgeblich darauf abzustellen ist, welchem Zweck die Leitung dient.

Dient die Leitung der abwassermäßigen Erschließung aller an einer Verkehrsfläche (Straße, Weg, Platz) liegenden Grundstücke, dann ist die Abwasserleitung als öffentliche Abwasserleitung einzustufen.

Dient die Leitung aber nur der Ableitung des Abwassers einzelner Grundstücke im Sinne einer Zuführung des Abwassers in die öffentliche Abwasseranlage, dann ist die einzelne oder gemeinsame Leitung eine private Abwasserleitung (vgl. auch OVG NRW, Urteil vom 15.02.2000 – Az. 15 A 5328/96 - ; siehe hierzu auch: Queitsch KStZ 2005, S. 61f.).

In dem entschiedenen Fall kommt das VG Minden auf dieser Grundlage zu dem Ergebnis, dass es sich bei der in Rede stehenden Abwasserleitung um eine gemeinsame, private Anschlussleitung und keine öffentliche Abwasseranlage handelt, weil diese von vorneherein dazu bestimmt war, dass Regenwasser nur eines Teils der Anlieger der Anliegerstraße aufzunehmen. Hinzu kommt – so das VG Minden – , dass die hier streitige Sammelleitung weder im öffentlichen Straßenraum liegt noch jemals von der Stadt unterhalten worden sei. Außerdem dient die Sammelleitung auch nicht dazu Regenwasser unmittelbar in ein Gewässer einzuleiten bzw. einem Gewässer zuzuführen, was bei öffentlichen Regenwasserkanälen der Fall sei.

Weiterhin weist das VG Minden darauf hin, dass selbst für den Fall, dass die in Rede stehende Regenwasserleitung eine öffentliche Abwasseranlage wäre, die beklagte Stadt nicht gehalten sei, bei der Erneuerung der Regenwasserkanäle in der Anliegerstraße weiterhin zwei eigenständige Regenwasserkanäle für die Anlieger als öffentlichen Abwassersammler zu erhalten und weiter zu betreiben. Die Ausgestaltung der öffentlichen Abwasserbeseitigung liegt nämlich nach dem VG Minden grundsätzlich im planerischen Ermessen der Gemeinde und sei vom Gericht nur eingeschränkt überprüfbar (vgl. OVG NRW, Urteil vom 27.04.1988 – Az. 22 A 280/86 - , Mitteilungen StGB NRW 1988, Seite 289).

Dieser Gestaltungsspielraum finde – so das VG Minden - seine Grenzen erst dann, wenn die Gemeinde ihn ohne sachlichen Grund einseitig zu Lasten der Anschlusspflichtigen ausgenutzt habe. Diese Voraussetzungen lägen aber nicht schon dann vor, wenn die Gemeinde sich bei der Auswahl unter mehreren Alternativen in erster Linie davon leiten lasse, welche Alternative für sie (und für alle Gebührenzahler) am kostengünstigsten sei, weil die Gemeinde zu einem derartigen Verhalten regelmäßig schon nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung verpflichtet sei (vgl. OVG NRW, Urteil vom 18.06.1997 – Az. 22 A 1406/96, NWVBl 1998, Seite 154). Selbst wenn die beklagte Stadt durch die Ersetzung von zwei Regenwasserkanälen für sich Kosten erspare und den Anliegern hierdurch zusätzliche Kosten aufbürde, hätte die Gemeinde ihren Gestaltungsspielraum noch nicht verletzt, weil durch den Bau und Betrieb eines einzigen neuen Regenwasserkanal ein sachlicher Grund für diese Entscheidung besteht, denn hierdurch entstünden geringere Herstellungs- und Unterhaltungskosten als bei der Fortführung von zwei Regenwasserkanälen.

Die Anlieger der Anliegerstraße könnten sich auch nicht auf einen „Bestandsschutz“ im Hinblick auf die vorhandene Entwässerungssituation berufen. Denn nach der Abwasserbeseitigungssatzung bestimme die Stadt Art, Lage und Umfang der öffentlichen Abwasseranlage sowie den Zeitpunkt ihrer Erweiterung, Änderung oder Sanierung. Im Übrigen weist das VG Minden nochmals darauf hin, dass in Fällen eines Erstanschlusses an die öffentliche Kanalisation die Rechtsprechung Anschlusskosten von bis zu 25.000,- € pro Grundstück für den Grundstückseigentümer nicht als unverhältnismäßig ansieht (vgl. hierzu: OVG NRW, Urteil vom 18.06.1997 – Az. 22 A 1406/96 – NWVBl 1998, Seite 154 und OVG NRW, Beschlüsse vom 24.01.2006 – Az. 15 A 5080/05 und vom 05.06.2003 – Az. 15 A 1738/03 – NWVBl 2003, Seite 435). Von einer derartigen Summe sei der Kostenmehraufwand für die Klägerin weit entfernt.

Az.: II/2 24-30 qu/ko

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