Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 725/2008 vom 19.11.2008

Verwaltungsgericht Minden zum Kostenersatz

Das VG Minden hat mit Urteil vom 30.07.2008 (Az. 11 K 696/08 – abrufbar unter nrwe.de) zum Kostenersatzanspruch nach § 10 KAG NRW im Falle der Erneuerung von Grundstücksanschlussleitungen Stellung bezogen. Nach dem VG Minden liegt die Erneuerung einer Grundstücksanschlussleitung grundsätzlich im Sonderinteresse des Grundstückseigentümers, weshalb die Gemeinde auch einen Kostenersatzanspruch nach § 10 Abs. 1 KAG NRW gegenüber dem Grundstückseigentümer geltend machen kann, wenn sie die Erneuerung unter Kostenaufwand hat vornehmen lassen.

Die Erneuerung einer Anschlussleitung trägt – so das VG Minden - dem Umstand Rechnung, dass Anschlussleitungen dem Verschleiß unterliegen und deshalb nur eine zeitlich begrenzte Nutzungsdauer aufweisen. Definitionsgemäß setze eine Erneuerung als Grundlage eines Kostenersatzanspruches deshalb voraus, dass die Anschlussleitung aufgrund der Abnutzung nicht mehr bestimmungsgemäß genutzt werden kann oder in absehbarer Zeit verschleißbedingte Störungen zu erwarten seien. Dabei stehe der Gemeinde bei der Frage, ob und wann es in Folge eines Verschleißes einer Erneuerung bedürfe, ein Einschätzungsermessen zu, dass sich daran orientieren könne, wann nach den Regeln der Entsorgungstechnik verschleißbedingte Störungen zu erwarten seien (vgl. OVG NRW, Urteil vom 08.02.1990 – Az. 22 A 2053/88 -, unter Bezugnahme auf die Wertermittlungsrichtlinien des Bundesministeriums für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, Anlage 7 – „Technische Lebensdauer von Außenanlagen“ zu Teil I der Richtlinien für die Ermittlung des Verkehrswertes von Grundstücken vom 31.05.1976, Beilage 21/76 zum Bundesanzeiger vom 06.08.1976 Nr. 146).

Nach diesen Wertermittlungsrichtlinien könne bei Entwässerungsanlagen aus Betonrohren von einer Lebensdauer von 30 bis 50 Jahren, bei solchen aus Steinzeug von 80 bis 100 Jahren ausgegangen werden. Allerdings ergäben sich hieraus lediglich Anhaltspunkte und keine starren Vorgaben oder sogar Bindungen für den Einzelfall. Über das übliche Maß hinausgehende Beanspruchungen des Straßenkörpers könnten wegen der hiervon ausgehenden Erschütterungen eine Erneuerung des Grundstücksanschlusses auch vor Ablauf der sich aus den oben genannten Richtlinien ergebenden mutmaßlichen Lebensdauer von Entwässerungsanlagen erfordern (vgl. OVG NRW, Urteil vom 08.02.1990 – Az.: 22 A 2053/88).

Im konkreten Fall nimmt das VG Minden auf dieser Grundlage eine Erneuerungsbedürftigkeit der Grundstücksanschlüsse an. Dabei stellt das Gericht auf das Alter der Leitungen ab. Der Regenwasserhauptsammler war aus Beton und wurde ca. 1938 verlegt. Auch die 1938 und nachträglich in der 50iger Jahren verlegten Grundstücksanschlussleitungen waren ebenfalls teilweise aus Beton, so dass nach dem VG Minden in absehbarer Zeit mit verschleißbedingten Schäden an den Grundstücksleitungen und Störungen im Entwässerungssystem zu erwarten sind. Damit sei die beklagte Gemeinde zu Recht von einem Erneuerungsbedarf ausgegangen.

Auch das Sonderinteresse als zusätzliches ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal für einen Kostenersatzanspruch nach § 10 Abs. 1 KAG NRW war nach dem VG Minden gegeben, weil eine Grundstücksanschlussleitung, die nicht Bestandteil der öffentlichen Abwasseranlage ist, in den Verantwortungsbereich des Grundstückseigentümers fällt. Trete z. B. bei Beschädigung des Anschlusses Abwasser aus, liegen hierauf gerichtete Reparaturmaßnahmen im Sonderinteresse des Grundstückseigentümers, weil sie der ordnungsgemäßen Erfüllung der Benutzungspflicht dienen (so: OVG NRW, Urteil vom 18.05.1993 – Az.: 22 A 2169/91 – NWVBl. 1993, Seite 419).

Etwas anderes gelte nur dann, wenn die Erneuerung nicht in Erfüllung der dem Grundstückseigentümer obliegenden Benutzungspflicht erfolgt, sondern im Rahmen des der Stadt selbst von der Rechtsordnung zugewiesenen Pflichtenkreises durchgeführt wird. Dieses sei z.B. dann anzunehmen, wenn die Reparaturbedürftigkeit der Grundstücksanschlussleitung auf mangelhaft ausgeführte Arbeiten bei der Verlegung des Grundstücksanschlusses zurückzuführen ist und die Gemeinde die Verlegung des Grundstücksanschlusses beauftragt hatte (vgl. OVG NRW, Urteile vom 11.4.1996 – Az.: 22 A 3106/94 – NWVBl. 1996, S. 489).

Ebenso habe das OVG NRW in seiner Rechtsprechung (Urteil vom 15.6.1970 – Az.: II A 1397/68 – KStZ 1970, S. 234ff.) bislang nur entschieden, dass die Gemeinde die Kosten für die Erneuerung der Grundstücksanschlüsse (nur) dann nicht von den Anliegern ersetzt verlangen kann, wenn die Schäden an der Anschlussleitung auf einen Mangel des Hauptkanals zurückzuführen sind und die Gemeinde die rechtzeitige Beseiztigung des Mangels unterlassen hat, mit anderen Worten ohne Hinzutreten derartiger besonderer Umstände ein Erneuerungsbedarf für diese Grundstücksanschlüsse gerade nicht bestanden hätte. Dennoch habe das OVG NRW nicht entschieden, dass ein Sonderinteresse nicht vorliege, wenn die Ersetzung der Grundstücksanschlüsse durch eine Ersetzung oder Veränderung des Hauptkanals veranlasst worden sei. Diese Frage habe das OVG NRW in (Urteil vom 15.6.1970 – Az.: II A 1397/68 – KStZ 1970, S. 234ff.) ausdrücklich offen gelassen.
Im Übrigen kommt es nach dem VG Minden auf diese Fragestellungen nicht an, wenn definitiv ein Verschleiß der Grundstücksanschlussleitungen vorliegt, weil dann eine Erneuerung im Sonderinteresse des Grundstückseigentümers gegeben ist.

Az.: II/2 24-25 qu/ko

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