Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 761/2016 vom 18.11.2016

Studie zu privater Finanzierung öffentlicher Infrastrukturvorhaben

Am 9. November 2016 hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) eine von PricewaterhouseCoopers erarbeitete gutachterliche Stellungnahme hinsichtlich rechtlicher und institutioneller Voraussetzungen zur Einführung neuer Formen zur privaten Finanzierung öffentlicher Infrastrukturvorhaben unter Einbindung einer staatlichen Infrastrukturgesellschaft veröffentlicht. Die Studie ist dabei auch als Ergebnis des Prüfauftrages der sog. Fratzscher-Kommission hinsichtlich neuer Fondsmodelle zur Mobilisierung zusätzlicher privater Infrastrukturfinanzierung zu sehen. Zielrichtung ist dabei vor allem die kommunale Ebene.

Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass eine neue Art der Umsetzung und Finanzierung kommunaler Investitionen innerhalb des bestehenden Rechtsrahmens grundsätzlich möglich sei. Über eine noch zu gründende Infrastrukturgesellschaft sollen Strukturierungsprozesse standardisiert (z. B. Finanzierungsstrukturen, Ausschreibungsunterlagen, Vertragswerke), Projekte gebündelt und zwischen Kommune und Investor vermittelt werden. Aus vergaberechtlichen Gründen (In-House-Fähigkeit) sollten Bund, Länder und Kommunen an der Gesellschaft beteiligt sein. Als das Gutachten in Auftrag gegeben wurde, stand die Umstrukturierung der ÖPP Deutschland AG zu der rein öffentlichen „PD — Berater der öffentlichen Hand GmbH“ noch ganz am Anfang. Derzeit scheint nicht realistisch, dass man neben der PD nun noch eine zweite Infrastrukturgesellschaft aufbaut.

Zur Finanzierung kommunaler Investitionen wurde ein recht komplexes Fondsmodell entwickelt. Vorgesehen ist eine „Projektgesellschaft ersten Grades“ und etliche „Projektgesellschaften zweiten Grades“. Eine Beteiligung der öffentlichen Hand an der „Projektgesellschaft ersten Grades“ wird als Kontrollinstanz und Interessenkorrektiv (Ressourcenmanagement) für sinnvoll erachtet, prädestiniert scheint hier die Kreditanstalt für Wiederaufbau (Anteil z. B. 20 Prozent). Managementkompetenzen und Kapital sollen über einen oder mehrere aktive Anleger (Anteil z. B. 20 Prozent) bereitgestellt werden. Dritte Säule dieser „Projektgesellschaft ersten Grades“ sind verschiedenste passive Anleger in Form eines alternativen Investmentfonds nach dem Kapitalanlagegesetzbuch (Anteil z. B. 60 Prozent).

Die eigentliche Umsetzung eines Projekts erfolgt dann über die untergeordnete „Projektgesellschaft zweiten Grades“, wobei für jedes Vorhaben eines Projektträgers (einzelne Kommune) eine eigene Gesellschaft gegründet werden muss. Von der übergeordneten Projektgesellschaft wird diese Gesellschaft dann mit Kapital ausgestattet und letztlich gesteuert. Die „Projektgesellschaft zweiten Grades“ fungiert als Auftraggeber der ausführenden Unternehmen. Theoretisch sei durchaus auch denkbar, dass man das ausführende Unternehmen als Minderheitengesellschafter an der Projektgesellschaft beteiligt.

Das Fondsmodell sieht dabei grundsätzlich die Bündelung ähnlicher (kommunaler) Investitionsprojekte vor. Hierdurch können einerseits Skaleneffekte (durch Standardisierung etc.) generiert werden, andererseits werden die Risiken der einzelnen Projekte für die Anleger gestreut. Skaleneffekte und Risikostreuung tragen somit zu einer Reduzierung der Projektrealisierungskosten bei. Um dies allerdings mittelfristig zu gewährleisten, müssten auch immer wieder neue privat zu finanzierende öffentliche Infrastrukturprojekte über das Fondsmodell umgesetzt werden.

Die kommunalen Spitzenverbände und einzelne Kommunen beziehungsweise Kämmerer haben im Rahmen von Experteninterviews und Workshops vor allem die Komplexität der Fondsstruktur kritisiert und zu Bedenken gegeben, dass durch Standardisierung reduzierte Transaktionskosten durch etwaige Zusatzkosten, die durch die Projektgesellschaften entstehen können, marginalisiert werden könnten. In der aktuellen Zinssituation ist die gängige Kreditfinanzierung zudem in der Regel ohnehin günstiger als die Finanzierung via private Anleger über ein komplexes Fondsmodell. Grundsätzlich wurde in den Experteninterviews von kommunaler Seite auch angemerkt, dass bei der Umsetzung von Infrastrukturvorhaben bislang nicht vordergründig ein Engpass bei der Finanzierung bestünde, sondern eher merkliche Hindernisse in den Bereichen des Planungs- und Baurechts zu finden seien.

Der Komplexität des erarbeiteten Fondsmodells ist sich im Übrigen auch das BMWi bewusst. Die nun veröffentlichte gutachterliche Stellungnahme soll die Debatte daher keineswegs beenden. Vielmehr komme es aus Sicht des Ministeriums nun darauf an zu erörtern, welche konkreten Anwendungsfälle für eine Umsetzung in Frage kommen könnten und wie die Komplexität des dargestellten Modells verringert werden kann.

Die gutachterliche Stellungnahme kann über die Homepage des BMWi abgerufen werden - Kurzfassung: www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/P-R/pwc-gutachten-kurz,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf , Langfassung: www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/P-R/pwc-gutachten-lang,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf .

Az.: 41.4.1.2 ha

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