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StGB NRW-Mitteilung 541/1999 vom 20.08.1999

Regelung im "Denkmalschutzgesetz" Rheinland-Pfalz

Der Erste Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat in einem gerichtlichen Vorlageverfahren (Beschluß vom 2. März 1999 - 1 BvL 7/91 - entschieden, daß § 13 Abs. 1 Satz 2 Denkmalschutz- und Pflegegesetz des Landes Rheinland-Pfalz wegen Verstoßes gegen die Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 GG) mit dem Grundgesetz unvereinbar ist. Nach dieser Vorschrift darf die Beseitigung eines Kulturdenkmals nur im öffentlichen Interesse genehmigt werden. Eigentümerinteressen bleiben dabei gänzlich unberücksichtigt, was mit dem Grundgesetz nicht vereinbar sei. Der Gesetzgeber hat nunmehr bis zum 30. Juni 2001 Zeit, eine verfassungsgemäße Regelung zu erlassen. Ergeht innerhalb dieser Frist keine Neuregelung, muß eine Beseitigung von Kulturdenkmälern hingenommen werden, wenn ihre Erhaltung dem Eigentümer nicht zugemutet werden kann.

I. Zum Sachverhalt:

1981 beantragte ein Industrieunternehmen die Genehmigung zum Abbruch einer in seinem Eigentum stehenden Villa aus dem späten 19. Jahrhundert. Zur Begründung führte es aus, daß es für das Gebäude keine betriebliche Verwendung mehr habe, jahrelange Bemühungen um eine sonstige sinnvolle Nutzung oder Verpachtung des Gebäudes seien ohne Erfolg geblieben. Die Erhaltung der Bausubstanz erfordere jedoch einen unverhältnismäßig hohen Energie- und Instandsetzungsaufwand.

Die Behörden stellten das Gebäude 1983 förmlich unter Denkmalschutz und versagten die Erteilung einer Abbruchgenehmigung mit der Begründung, daß es Gründe des Gemeinwohls, die alleine eine Genehmigung rechtfertigen könnten, gerade nicht gäbe. Da sich für das Gebäude keine Nutzung finden lasse und die Unterhaltung des Anwesens wegen der hohen Unterhaltungskosten unwirtschaftlich sei, könne bei der Entscheidung gem. § 13 Abs. 1 Satz 2 DSchPflG nicht berücksichtigt werden. Widerspruch und Klage des Unternehmens blieben erfolglos. Im Berufungsverfahren kam das OVG zu der Auffassung, daß die vorgelegte Norm gegen die Eigentumsgarantie verstoße, legte jedoch diese streitentscheidende Frage dem Bundesverfassungsgericht gem. Art. 100 Abs. 1 GG zur Prüfung vor.

II. Die Entscheidung des BVerfG:

Der Erste Senat des BVerfG hat dem OVG im Ergebnis mit folgender Begründung Recht gegeben:

§ 13 Abs. 1 Satz 2 Denkmalschutz- und Pflegegesetz bestimme Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG. Der Schutz von Kulturdenkmälern sei ein legitimes gesetzgeberisches Anliegen und die Denkmalpflege eine Gemeinwohlaufgabe von hohem Rang, die einschränkende Regelungen im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz rechtfertige. Der Genehmigungstatbestand des § 13 Abs. 1 Satz 2 DSchPflG sei vom Grundsatz her geeignet und erforderlich, um den Zweck des Gesetzes zu erfüllen. Auch bestünden gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit keine Bedenken. Durch das Beseitigungsverbot würden die bestehenden Nutzen eines Baudenkmals zunächst erst einmal nicht eingeschränkt. Angesichts des hohen Ranges den Denkmalschutzes müsse der Eigentümer es jedoch hinnehmen, daß ihm möglicherweise eine rentablere Nutzung des Grundstückes verwehrt werde. Art. 14 Abs. 1 GG schütze gerade nicht die einträglichste Nutzung des Eigentums.

Etwas anderes gelte jedoch dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - für ein geschütztes Bauwerk keinerlei sinnvolle Nutzungsmöglichkeiten mehr bestünden. Dazu könne es kommen, wenn die ursprüngliche Nutzung infolge geänderter Verhältnisse hinfällig werde und eine andere Verwendung, auf die der Eigentümer in zumutbarer Weise verwiesen werden könnte, sich nicht verwirklichen ließe. Nehme man dann die gesetzliche Erhaltungspflicht hinzu, so werde aus dem Recht eine Last, die der Eigentümer allein im öffentlichen Interesse zu tragen habe, ohne dafür den Vorteil einer privaten Nutzung zu genießen. Die Rechtsposition des Betroffenen nähere sich damit einer Lage, in der sie den Namen "Eigentum" nicht mehr verdiene. Die Versagung einer Beseitigungsgenehmigung sei in solchen Fällen daher nicht mehr zumutbar.

Wo die Grenze der Zumutbarkeit im einzelnen verlaufe und in welchem Umfang Eigentümer von der zur Prüfung gestellten Norm in unzumutbarer Weise getroffen würden, ließ das Gericht hier offen. Im vorliegenden Fall ergebe sich die Verfassungswidrigkeit von § 13 Abs. 1 Satz 2 Denkmalschutz- und Pflegegesetz bereits daraus, daß die Norm unverhältnismäßige Belastungen des Eigentümers nicht ausschließe und keinerlei Vorkehrungen zur Vermeidung derartiger Eigentumsbeschränkungen enthalte.

III. Folgen der Entscheidung:

Dem Gesetzgeber wird nunmehr eine Frist bis zum 30. Juni 2001 gesetzt, innerhalb derer er sich entscheiden muß, ob er den Denkmalschutz mit Hilfe von Befreiungs- und Ausgleichsregelungen aufrecht erhalten will. Erläßt er keine Neuregelungen, so muß ab 1. Juli 2001 eine Beseitigung von Kulturdenkmälern hingenommen werden, wenn ihre Erhaltung dem Eigentümer nicht zugemutet werden kann. Bis zum Fristablauf kann über Anträge auf Erteilung einer denkmalschutzlichen Beseitigungsgenehmigung nicht abschließend entschieden werden, wenn die Beseitigung nicht im öffentlichen Interesse erlaubt werden soll. Anhängige Genehmigungsverfahren und Verwaltungsrechtsstreitigkeiten sind längstens bis zum 30. Juni 2001 auszusetzen.

Az.: II/1 622-10

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