Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 721/2008 vom 11.11.2008

Prüfungskompetenz der Vergabekammern im Hinblick auf § 107 GO

Das OLG Düsseldorf hat sich in seinem Urteil vom 13.08.2008 mit dem Verhältnis § 107 GO-Vergaberecht befasst. Dabei hat es u.a. Folgendes festgestellt:

a) „§ 107 GO NRW einschließlich seiner Änderung, mit der der Gesetzgeber die wirtschaftliche und die dieser zum Teil gleichgestellte nichtwirtschaftliche Betätigung von Kommunen und kommunalen Unternehmen, und zwar einen Marktzutritt über den durch Art. XI § 1 des GO-ReformG garantierten Bestandsschutz hinaus, strengeren Anforderungen unterwerfen wollte (vgl. LTDrucks. 14/3979, 149 f.), ist sowohl vom öffentlichen Auftraggeber als auch im Vergabenachprüfungsverfahren zu beachten. Die Änderung ist im laufenden Vergabeverfahren wirksam geworden, bevor eine bestandskräftige Vergabeentscheidung hat getroffen werden können. Allerdings enthält die kommunalwirtschaftsrechtliche Norm des § 107 GO keine Bestimmungen über das Vergabeverfahren, und können Gegenstand eines Vergabenachprüfungsverfahrens zulässigerweise nur solche Beanstandungen sein, mit denen der Antragsteller behauptet, der öffentliche Auftraggeber habe "in einem Vergabeverfahren" (§ 104 Abs. 2 S. 1 GWB) gegen "Bestimmungen über das Vergabeverfahren" (§ 97 Abs. 7 GWB) verstoßen und ihn, den Antragsteller, "durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften" in Rechten verletzt (§ 107 Abs. 2 S. 1 GWB). Außerhalb des Vergabeverfahrens und des Anwendungsbereichs vergaberechtlicher Vorschriften liegende Rechtsverstöße sind im Vergabenachprüfungsverfahren grundsätzlich nicht zu überprüfen (vgl. Senat, Beschl. v. 22.5.2002 - Verg 6/02, NZBau 2002, 583 = OLGR Düsseldorf 2003, 147 = VergabeR 2002, 668, 669 f. = WuW/E Verg 658). Die vergaberechtlichen Anknüpfungsnormen bilden in Fällen der vorliegenden Art indes § 97 Abs. 1 GWB und - da Dienstleistungen vergeben werden sollen - § 2 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A (nicht anders sind im Übrigen auch § 2 Nr. 1 S. 2 und 3 VOB/A zu verstehen). Nach § 97 Abs. 1 GWB haben öffentliche Auftraggeber ("oberhalb" der Schwellenwerte) Waren, Bau- und Dienstleistungen "im Wettbewerb" zu beschaffen. Gemäß § 2 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A sind im Vergabeverfahren "wettbewerbsbeschränkende und unlautere Verhaltensweisen" vom öffentlichen Auftraggeber "zu bekämpfen". Die genannten Vorschriften geben - und zwar eine jede für sich - nicht nur einen Programmsatz und ein Grundprinzip des Vergaberechts wider, sondern sie enthalten auch den konkreten, an den öffentlichen Auftraggeber gerichteten Normanwendungsbefehl, bei der Vergabe eines öffentlichen Auftrags jede nur denkbare Wettbewerbsbeschränkung zu unterbinden. Dieses Verständnis entspricht auch der Forderung des höherrangigen europäischen Rechts, wonach die Mitgliedstaaten im Sinn einer höchstmöglichen Wirksamkeit der EGVergaberechtsvorschriften (effet utile) das öffentliche Beschaffungswesen für den Wettbewerb zu öffnen haben (vgl. den Erwägungsgrund 2 der einschlägigen Richtlinie 2004/18/EG, ABl. EG Nr. L 134, 114 v. 30.4.2004). Dass sich bei EGrechtskonformer Auslegung auch die allgemeinen vergaberechtlichen Prinzipien dazu eignen, konkrete, an den öffentlichen Auftraggeber gerichtete Verhaltenspflichten hervorzubringen (kritisch insofern Burgi, NZBau 2008, 29, 33 f.), ergibt sich aus den Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften.

Die wettbewerbsrechtliche Prüfung durch die Vergabestelle und die Vergabenachprüfungsinstanzen hat sich - so hat dies zu Recht auch die Vergabekammer gesehen - infolgedessen auch darauf zu erstrecken, ob sich die Beigeladene als ein durch den RVR beherrschtes Unternehmen, für das die durch § 107 GO NRW gesetzten kommunalrechtlichen Schranken gelten, ohne einen Rechtsverstoß am Vergabeverfahren überhaupt beteiligen darf (vgl. Senat, Beschl. v. 17.6.2002 - Verg 18/02, NZBau 2002, 627, 628 f. - DAR).“

b) Im Übrigen hat das OLG sich in dieser Entscheidung ausführlich dazu geäußert, ob für die Prüfung des § 107 GO nicht allein die Verwaltungsgerichte zuständig wären. Dies hat es verneint. Das Urteil kann unter www.justiz.nrw.de abgerufen werden.

Az.: II/1 608-00

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