Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 119/2017 vom 17.01.2017

Pflicht-Restmülltonne für gewerbliche Abfallbesitzer

Ein Verringerung des Restmüllvolumens bezogen auf die Pflicht-Restmülltonne für Industrie- und Gewerbebetriebe (§§ 17 Abs. 1 Satz 2 Kreislaufwirtschaftsgesetz i. V.m. 7 Satz 4 Gewerbeabfallverordnung) kommt nur dann in Betracht, wenn der gewerbliche Abfallbesitzer/-erzeuger schlüssig und nachvollziehbar nachweisen kann, dass bei ihm weniger „Abfälle zur Beseitigung“ anfallen, als zurzeit an Behältervolumen bezogen auf die Pflicht-Restmülltonne bereit gestellt wird. Dabei bleibt das vorhandene Behältervolumen solange auf dem Grundstück stehen, bis der gewerbliche Abfallbesitzer seinen Darlegungs- und Nachweispflichten nachgekommen ist.

Auf der Grundlage der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes (BVerwG) gibt es keinen Grundsatz der freiwilligen Inanspruchnahme der öffentlichen (kommunalen) Abfallentsorgung bezogen auf die in § 7 Satz 4 Gewerbeabfall-Verordnung vorgegebene Pflicht-Restmülltonne (so: BVerwG, Beschluss vom 23.04.2008 — Az.: 9 BN 4.07; BVerwG, Urteil vom 01.12.2005 — Az.: 10 C 4.04; BVerwG, Urteil vom 17.02.2005 — Az.: 7 C 25.03). Deshalb kann der gewerbliche Abfallbesitzer/-erzeuger nicht davon ausgehen, dass das „Schweigen der Gemeinde“ als Zustimmung gewertet werden kann, sondern es muss über einen Antrag auf Verminderung des Restmüllvolumens von der Stadt bzw. Gemeinde in einem abfallrechtlichen Verwaltungsverfahren unter Einbindung der unteren Abfallwirtschaftsbehörde entschieden werden. Ein Antrag kann zurzeit dann nicht beschieden werden, wenn der gewerbliche Abfallbesitzer/-erzeuger den abfallrechtlichen Darlegungspflichten nicht nachgekommen ist.

Diese abfallrechtlichen Darlegungspflichten stellen sich wie folgt dar: Ist zum Zeitpunkt der Abgabe des Abfalls ein schlüssiger und nachvollziehbarer Verwertungsweg nicht sichergestellt (vgl. OVG Saarland, Urteil vom 26.02.2015 — Az.: 2 A 488/13 - ; OVG Rh-Pf., Beschluss vom 08.01.2014 — Az.: 8 B 11193/13.OVG — Kinoabfälle) dann liegt Abfall zur Beseitigung vor. Zugleich besteht zwingend eine Abfallüberlassungspflicht nach § 17 Abs. 1 Satz 2 KrWG gegenüber der Stadt bzw. Gemeinde als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.04.2008 — Az.: 9 BN 4.07 - ; BVerwG, Urteil vom 01.12.2005 — Az.: 10 C 4.04 - ; OVG NRW, Beschluss vom 16.4.2009 — Az.: 14 A 3731/06).

Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 KrWG ist ein gewerblicher Abfallbesitzer/-erzeuger verpflichtet,  die bei ihm anfallenden „Abfälle zur Beseitigung“ der Stadt/Gemeinde als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger zu überlassen (vgl. OVG Saarland, Urteil vom 26.02.2015 — Az. 2 A 488/13-; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18.03.2015 — Az. OVG 9 N 171.13). Gemäß § 7 Satz 4 der Gewerbeabfallverordnung (GewAbfV) besteht die Regelvermutung, dass „Abfälle zur Beseitigung“ bei einem sonstigen Abfallbesitzer/-erzeuger, der kein privater Haushalt ist, anfallen (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 19.07.2007 — Az. 1 BvR 1290/05). Der gewerbliche Abfallbesitzer/-erzeuger muss deshalb die Regelvermutung, dass bei ihm „Abfall zur Beseitigung“ anfällt oder in geringerem Umfang anfällt, schlüssig und nachvollziehbar widerlegen.

Hinzu kommt, dass nach der seit dem 01.06.2012 geltenden 5stufigen Abfallhierarchie (§ 6 Abs. 1 KrWG) die energetische Verwertung (4. Stufe der 5stufigen Abfallhierarchie) der stofflichen Verwertung (3. Stufe der 5stufigen Abfallhierarchie) grundsätzlich nachrangig ist.

Unter Beachtung der 5stufigen Abfallhierachie muss deshalb der gewerbliche Abfallbesitzer schlüssig und nachvollziehbar darlegen, welche „Abfälle zur Verwertung“ (konkrete Bezeichnung nach Art und Menge und Abfallschlüsselnummern nach der Abfallverzeichnis-Verordnung) einer stofflichen Verwertung zugeführt werden und weshalb bei bestimmten „Abfällen zur Verwertung“ (konkrete Bezeichnung nach Art und Menge und Abfallschlüsselnummern nach der Abfall-Verzeichnis-Verordnung) eine energetische Verwertung durchgeführt werden soll, obwohl die energetische Verwertung (4. Stufe der 5stufigen Abfallhierachie) der stofflichen Verwertung (3. Stufe) nachrangig ist. Es muss also zusätzlich schlüssig und nachvollziehbar dargelegt werden, weshalb die stoffliche Verwertung bei bestimmten, verwertbaren Abfällen nicht gewählt wird.

Außerdem sind die Trennungsvorgaben der Gewerbeabfallverordnung einzuhalten und deren Einhaltung ist zu dokumentieren. Die Gewerbeabfallverordnung geht in den §§ 3, 4 jedenfalls grundsätzlich davon aus, dass „Abfälle zur Verwertung“ zunächst einer Sortierungsanlage zugeführt werden, um sie dann in erster Linie einer stofflichen Verwertung im Sinne der 3. Stufe der 5stufigen Abfallhierarchie zuzuführen. Auch insoweit ist die energetische Verwertung von Abfällen nachrangig (4. Stufe der Abfallhierarchie). Insoweit muss auch schlüssig und nachvollziehbar dargelegt werden, in welche konkrete Verwertungsanlage die „Abfälle zur (stofflichen) Verwertung“ verbracht werden und welcher Verwertungserfolg nachweisbar erzielt wird. Ebenso muss bei der energetischen Verwertung dargestellt werden, in welcher konkreten Verwertungsanlage (namentliche Benennung) die energetische Verwertung von Abfällen durchgeführt wird.

Der gewerbliche Abfallbesitzer/-erzeuger muss demnach insgesamt einen nachvollziehbaren, ordnungsgemäßen, schadlosen Verwertungsweg in einer ganz bestimmten konkreten Entsorgungsanlage (namentliche Benennung) nachweisen können (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 14.04.2014 — Az. 7 B 2613- ; Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 23.04.2008 — Az. 9 BN 4.07-; OVG Saarland, Urteil vom 26.02.2015 — Az. 2 A 488/13- nachprüfbares Entsorgungskonzept).

Unzulässig ist in jedem Fall die Entsorgung von „Abfällen zur Beseitigung“ über einen Abfallbehälter mit „Abfällen zur Verwertung“ (sog. Huckepack-Verfahren), denn Restmüll verliert nicht seine Abfallschlüsselnummer nach der Abfallverzeichnisverordnung des Bundes, wenn er in einen Abfallbehälter mit verwertbaren Abfällen eingefüllt wird (so: OVG NRW, Beschluss vom 16.04.2009 — Az. 14 A 3731/06). Sollen Abfälle energetisch verwertet werden, so ist zu beachten, dass nach § 6 der Gewerbeabfallverordnung in einer Abfallfraktion von „Abfällen zur energetischen Verwertung“ kein Glas, keine Bioabfälle und keine metallhaltigen Abfälle enthalten sein dürfen. Auch dieses ist nachvollziehbar zu dokumentieren, weil anderenfalls die energetische Verwertung der konkreten Abfallfraktion nach § 6 Gewerbeabfallverordnung unzulässig ist.

Soweit den vorstehenden Darlegungs-Pflichten nicht nachgekommen wird, besteht für die Stadt bzw. Gemeinde keine Veranlassung die Anzahl der Restmüllgefäße (Pflicht-Restmülltonnen) oder deren Fassungsvolumen zu verringern (vgl. OVG Saarland, Urteil vom 26.02.2015 — Az. 2 A 488/13-; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18.03.2015 — Az. OVG 9 N 171.13).

Az.: 25.0.2.1 qu

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