Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 892/2003 vom 13.11.2003

OVG Saarland zur energetischen Verwertung in MVA

Das OVG des Saarlandes hat mit Urteil vom 22.8.2003 (Az.: 3 R 1/03 ( 3 Q 71/01)) festgestellt, dass auf der Grundlage der neuen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH, Urteil vom 13.2.2003 - Az.: C 228/00 - , NVwZ 2003, S. 455; EuGH, Urteil vom 13.2.2003 – Az.: C 458/00 – NVwZ 2003, S. 457; EuGH, Urteil vom 3.4. 2003 - Az.: C 116/01 - ; Giesberts, DVBl. 2003, S. 514ff., S. 516; Schink, UPR 2003, S. 121ff.) eine energetische Verwertung in einer Müllverbrennungsanlage nicht möglich ist und deshalb die Entsorgung von ölverschmierten Abfällen in einem Müllheizkraftwerk nur als Beseitigungs- und nicht als Verwertungsverfahren eingestuft werden könne.

Maßgebend sei nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes, dass eine energetische Verwertung von Abfällen nur dann vorliegt, wenn durch den Einsatz des Abfalls als Ersatzbrennstoff eine Primärenergiequelle eingespart wird. Es komme bei der energetischen Verwertung von Abfällen aber nicht allein darauf an, ob Primärenergiequellen in der Verbrennungsanlage durch Abfälle ersetzt werden, sondern vielmehr darauf, ob bei mangelnder Versorgung mit Abfällen dieselbe Verbrennungsanlage nach ihrem Zweck mit einer Primärenergiequelle weiterbetrieben würde. Konkret betrachtet würden – so das OVG des Saarlandes - die hier in Rede stehenden Abfälle auf dem Rost des Müllheizkraftwerkes verbrannt. Ohne die Versorgung mit Abfällen würden aber sicher nicht Rohstoffe wie Kohle auf dem Müllrost verbrannt. Damit fehlt es nach dem OVG Saarland in dem konkret entschiedenen Fall daran, dass die Abfälle als Ersatzbrennstoff eingesetzt werden. Deshalb könne die Entsorgung der ölverschmierten Abfälle nach dem Ergebnis europarechtskonformer Auslegung nur als Beseitigungsverfahren und nicht als Verwertungsverfahren eingestuft werden, denn die Abfälle würden ohne Austauschfunktion aus dem Wirtschaftskreislauf herausgenommen und beseitigt. Damit aber seien die ölverschmierten Abfälle keine Abfälle zur energetischen Verwertung, sondern Abfälle zur Beseitigung, die der Abfallüberlassungspflicht (vgl. § 13 Abs. 1 Satz 2 KrW-/AbfG) unterliegen würden.

Unabhängig davon vertritt das OVG des Saarlandes in seinem Urteil vom 22.8.2003 (Az.: 3 R 1/03 ( 3 Q 71/01)) die Rechtsansicht, dass der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 13.2.203 (Az.: C 228/00) die Kriterien des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes zum Mindestheizwert (§ 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 KrW-/AbfG) sowie zum Feuerungswirkungsgrad (§ 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 KrW-/AbfG) verworfen habe, so dass diese Kriterien nicht mehr angewendet werden können.

Die Geschäftsstelle weist ergänzend auf folgendes hin:

Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte in NRW und des OVG NRW zur Frage der Zulässigkeit der energetischen Verwertung in Müllverbrennungsanlagen unter Berücksichtigung der neuen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes liegen noch nicht vor. Insoweit wird abzuwarten sein, ob das OVG NRW und auch das Bundesverwaltungsgericht der Rechtsprechungslinie des OVG des Saarlandes folgt. Im Hinblick auf die Gewerbeabfall-Verordnung ist das Urteil des OVG des Saarlandes zumindest positiv zu bewerten. Das VG Koblenz hatte nämlich mit Beschluss vom 10. Juli 2003 (Az: 7 L 1460/03-KO) die aufschiebende Wirkung eines Widerspruches gegen die sofortigen Vollziehung einer Zuweisungsverfügung für eine Pflicht-Restmülltonne nach § 7 Satz 4 GewAbfV unter anderem deshalb angeordnet, weil der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger die besondere Gefährlichkeit für die Umwelt nicht dargetan hatte, weil die Abfälle des Gewerbebetriebes in einer Müllverbrennungsanlage thermisch verwertet wurden (vgl. Mittt.StGB NRW September 2003 Nr. 694, S.306f.). Bedauerlich war insbesondere, dass sich das VG Koblenz in seinem Beschluss vom 10. Juli 2003 (Az.: 7 L 1460/03 KO) inhaltlich überhaupt nicht mit der Gewerbeabfall-Verordnung auseinandergesetzt hat. Es war z.B. nicht überprüft worden, ob und inwieweit der betroffene Gewerbebetrieb die Anforderungen der Gewerbeabfallverordnung zur Getrennthaltung von Abfällen ordnungsgemäß eingehalten hat (z.B. §§ 3, 4 und 6 Gewerbeabfallverordnung) und ob eine Scheinverwertung von Abfällen vorlag. Auch fehlte jedwede Prüfung, ob die von dem Gewerbebetrieb vorgegebene „thermische Verwertung in einer Müllverbrennungsanlage“ abfallrechtlich überhaupt eine zulässige energetische Verwertung im Sinne des § 6 KrW-/AbfG ist. Denn nach der neuen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes im Jahr 2003 ist eine energetische Verwertung von Abfällen in einer Müllverbrennungsanlage grundsätzlich nicht möglich, weil es sich bei einer Müllverbrennungsanlage um eine Abfallbeseitigungsanlage handelt. Wenn nunmehr das OVG des Saarlandes in seinem Urteil vom 22.8.2003 (Az.: 3 R 1/03 ( 3 Q 71/01)) festgestellt hat, dass auf der Grundlage der neuen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes eine energetische Verwertung in einer Müllverbrennungsanlage nicht möglich ist und deshalb die Entsorgung von ölverschmierten Abfällen in einem Müllheizkraftwerk nur als Beseitigungs- und nicht als Verwertungsverfahren eingestuft werden kann, so ist dieses zumindest ein Lichtblick dahin, dass es nicht ausreicht, dass ein Gewerbebetrieb seine Abfälle irgendwie und irgendwo (thermisch bzw. energetisch) entsorgt. Insgesamt bleibt daher abzuwarten, ob die Rechtsprechungslinie des OVG des Saarlandes auch durch die Verwaltungsgerichtsbarkeit in NRW eingeschlagen wird.

Az.: II/2 31-02 qu/g

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