Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 382/2020 vom 06.05.2020

Verkaufsflächenbegrenzung von Einzelhandelsgeschäften auf 800 qm

Die anlässlich der Corona-Pandemie verordnete grundsätzliche Verkaufsflächenbeschränkung von Ladengeschäften auf 800 qm bleibt vollziehbar. Dies hat das Oberverwaltungsgericht NRW (OVG NRW) durch zwei Beschlüsse am 29.04.2020 und am 30.04.2020 in Eilverfahren entschieden  (Az: 13 B 512/20.NE; 13 B 558/20.NE). Beide Beschlüsse sind unanfechtbar.

Die vom Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (MAGS) erlassene Coronaschutzverordnung (CoronaSchVO) begrenzt den Betrieb von Verkaufsstellen des Einzelhandels auf eine Fläche von 800 qm, soweit sie nicht ausdrücklich privilegiert sind. Privilegiert und damit ohne Bindung an die Größenlimitierung zulässig sind neben den Einzelhandelsgeschäften, die der Versorgung der Bevölkerung mit Artikeln des Grundbedarfs dienen, insbesondere Buchhandlungen, Einrichtungshäuser, Babyfachmärkte und Verkaufsstellen des Kraftfahrzeug- und des Fahrradhandels. Hiergegen wandten sich die Galeria Karstadt Kaufhof GmbH (Az: 13 B 558/20.NE) und ein Unternehmen mit Sitz in Minden, das in seinen Warenhäusern Mode-, Lifestyle- und Luxusartikel anbietet (Az: 13 B 512/20.NE).

Das OVG NRW hat die Anträge der Antragstellerinnen auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, dass die Verkaufsflächenbeschränkung für nicht anderweitig privilegierte Handelseinrichtungen auf 800 qm jedenfalls im Ausgangspunkt nicht zu beanstanden sei.

Die Verkaufsfläche dürfte ein Kriterium sein, das eine unterschiedliche Behandlung einzelner Einzelhandelsbetriebe mit Blick auf ihre Relevanz für das weitere Infektionsgeschehen im Ansatz rechtfertigen könne. Die Erwägung des Verordnungsgebers, dass die Anziehungskraft und Attraktivität mit zunehmender Verkaufsfläche der Unternehmen steige, sei jedenfalls nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen. Geschäfte mit einer großen Verkaufsfläche hätten typischerweise entweder ein Sortiment aus vielen verschiedenen Warengruppen (insbesondere Kaufhäuser) oder ein breites Sortiment einer bestimmten Warengruppe (beispielsweise Technikgroßläden oder Modegeschäfte), woraus eine Attraktivität für eine besonders hohe Zahl an Kundinnen und Kunden resultiere. Vor diesem Hintergrund sei die Annahme, dass durch die Beschränkung der Verkaufsfläche mittelbar Kundenströme gesteuert und damit neue Infektionsketten reduziert würden, die unter anderem dann entstünden, wenn eine Vielzahl von Menschen ihren Besorgungen aller Art nachgehe und es deshalb etwa zu häufig wechselnden Begegnungen auf dem Weg in die Innenstädte bzw. in den Fußgängerzonen komme, voraussichtlich nicht zu beanstanden.

Offen sei gegenwärtig allerdings, ob es mit Blick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz sachlich gerechtfertigt sei, dass großflächige Einzelhandelsgeschäfte ihre Verkaufsfläche auf 800 qm reduzieren müssten, während andere nicht der Grundversorgung dienende Handelsgeschäfte auf gesamter Fläche öffnen dürften, und zudem in Shopping Malls und ähnlichen Einrichtungen viele kleine Geschäfte auf zum Teil engem Raum ihre Waren anbieten könnten. So sei etwa zweifelhaft, ob Ansammlungen privilegierter Handelsgeschäfte oder Einkaufszentren, die in NRW vielfach außerhalb der Innenstädte anzutreffen seien, tatsächlich eine geringere Sogwirkung ausübten als Innenstädte, die sich nach ihrer Größe erheblich unterschieden. Auch sei nicht offenkundig, dass sich die bauliche Struktur eines Einkaufszentrums oder einer Shopping Mall besser eigne, die erforderlichen Hygiene- und Abstandsanforderungen einzuhalten, als dies in Fußgängerzonen oder großflächigen Einzelhandelsbetrieben der Fall sei.

Ergänzend hat der 13. Senat in dem Verfahren der Galeria Karstadt Kaufhof GmbH ausgeführt, dass offen sei, ob der Verordnungsgeber seiner Pflicht entsprochen habe, Differenzierungskriterien gleichmäßig anzuwenden. Ob sich etwa die flächenunabhängige Öffnung von Einrichtungshäusern damit rechtfertigen lasse, deren Waren könnten aktuell sinnstiftend im Rahmen der auf die eigene Häuslichkeit fokussierten Lebensgestaltung eingesetzt werden und die Akzeptanz für die durch die Kontaktbeschränkungen ausgelöste Begrenzung des persönlichen Lebensradius unterstützen, könne der Senat im vorliegenden Eilverfahren nicht feststellen.

Die wegen der offenen Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren erforderliche Folgenabwägung fiel in beiden Verfahren zu Lasten der Antragstellerinnen aus. Zwar entstünden den betroffenen Unternehmen durch das mit der CoronaSchVO bezweckte Maßnahmenkonzept möglicherweise erhebliche finanzielle Einbußen. Diese Beeinträchtigungen müssten aber nach gegenwärtiger Lage gegenüber dem angestrebten Erhalt der Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems und dem damit verbundenen Schutz von Leib und Leben insbesondere intensivmedizinisch zu betreuender Patienten zurücktreten. Dies gelte nicht zuletzt, weil die Beeinträchtigungen durch Ausnahmeregelungen und finanzielle Hilfen abgemildert würden.

Az.: 20.3.1.3-016/001 gr

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