Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 460/2018 vom 13.08.2018

OLG Düsseldorf zu kommunalen Eigengesellschaften als Auftraggeber

Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hat sich in zwei Entscheidungen zur Einstufung kommunaler Gesellschaften als öffentliche Auftraggeber i.S.d. § 99 Nr. 2 GWB beschäftigt. Sowohl für die Westfalenhallen Dortmund GmbH (Beschl. vom 21.03.2018, VII-Verg 50/16) als auch für die Koelnmesse GmbH (Beschl. vom 18.04.2018, VII-Verg 28/17) hat das OLG diese im Ergebnis bejaht.

Bei kommunalen Eigengesellschaften kommt es für die Eigenschaft als öffentliche Auftraggeber im Sinne des EU-Vergaberechts (und damit zur Pflicht, das Oberschwellenvergaberecht einzuhalten) neben der finanziellen und organisatorischen Abhängigkeit von der Kommune maßgeblich darauf an, dass diese „im Allgemeininteresse liegende Aufgaben“ wahrnehmen, die „nichtgewerblicher Art“ sind. Im Allgemeininteresse liegende Aufgaben sind Tätigkeiten, die der Befriedigung kollektiver Bedürfnisse dienen. Zu berücksichtigten ist dabei aus Sicht des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) insbesondere, ob es sich um eine Aufgabe handelt, bei der die Gebietskörperschaft einen entscheidenden Einfluss behalten möchte.

Die Nichtgewerblichkeit nimmt der EuGH bereits dann an, wenn das Unternehmen von Marktmechanismen entkoppelt ist, also eine marktbezogene Sonderstellung hat, die den Wettbewerbsdruck reduziert und damit die Gefahr schafft, dass der Wettbewerb verfälscht wird. Diese Sonderstellung muss sich nicht aus Rechtsregeln ergeben. Nach der Rechtsprechung des EuGH bedarf es des Vergaberechts bereits dann, wenn es politisch wahrscheinlich ist, dass die öffentliche Hand etwaige Verluste tragen wird (EuGH v.?16.10.2003, Rs?C-283/00 – SIEPSA; EuGH v.?10.4.2008, Rs?C-393/06 – Aigner). Maßgeblich ist daher insbesondere, inwieweit eine kommunale Eigengesellschaft ihr wirtschaftliches Risiko (bzw. das der Insolvenz) alleine tragen muss.

Entscheidungen

Das OLG Düsseldorf stellt zunächst klar, dass die Veranstaltung von Messen, Ausstellungen und Unterhaltungsveranstaltungen eine Aufgabe von strukturpolitischer Bedeutung sei und damit im öffentlichen Interesse liege.

Anschließend an die EuGH-Kriterien zur Nichtgewerblichkeit geht das OLG Düsseldorf in Bezug auf Koelnmesse GmbH davon aus, dass insbesondere wegen der in der Vergangenheit geleisteten und auch für die Zukunft zu erwartenden finanziellen Unterstützung durch die Stadt die Aufgabe als solche nichtgewerblicher Art zu qualifizieren sei. Für die Risikotragung sei nicht entscheidend, ob ein Mechanismus zum Ausgleich etwaiger finanzieller Verluste ausdrücklich vorgesehen ist.

Vielmehr genüge für die Annahme einer nichtgewerblichen Aufgabe, dass die Gebietskörperschaften, denen eine Gesellschaft gehört, deren Zahlungsunfähigkeit aller Voraussicht nach nicht in Kauf nehmen und, soweit erforderlich, eine Rekapitalisierung der Gesellschaft durchführen würden, damit diese ihre im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben wahrnehmen kann. Dies gelte insbesondere, wenn Hauptzweck der Tätigkeit der Gesellschaft nicht die Erzielung von Gewinnen ist, sondern die Förderung des Allgemeinwohls, und wenn die Gebietskörperschaften in der Vergangenheit bereits einmal öffentliche Mittel für die Verfolgung der Gesellschaftszwecke zur Verfügung gestellt haben.

Im Fall der Westfalenhallen Dortmund GmbH kam das OLG zwar zu dem Ergebnis, dass die Gesellschaft die mit ihrer Tätigkeit verbundenen Risiken, insbesondere ihr Insolvenzrisiko, selbst trage. Allerdings werde diese Gesellschaft nicht zu normalen Marktbedingungen tätig, da sie die zu bewirtschaftenden Liegenschaften von der Stadt erhalte, ohne an diese im Ergebnis Pacht- oder Erbbauzinsen zahlen zu müssen. Dies stehe ersichtlich mit dem Umstand in engem Zusammenhang, dass die Stadt über ihre Gesellschafterstellung das Handeln der Gesellschaft allein steuere und damit ihre strukturpolitischen Ziele verfolge. Die günstigen Konditionen würde ein privater Konkurrent von der Stadt nicht bekommen. Auch hier lag somit eine nichtgewerbliche Tätigkeit vor und wurde die Eigenschaft als öffentlicher Auftraggeber folglich bejaht.

Anmerkung

Das OLG konkretisiert die Anforderungen an die Nichtgewerblichkeit kommunaler Eigengesellschaften. Soweit sich das OLG im Beschluss vom 21.03.2018, VII-Verg 50/16 von der  SIEPSA-Rechtsprechung des EuGH etwas distanziert und in Zweifel gezogen hatte, dass die Annahme eines faktischen Ausschlusses der Insolvenz allein bereits ausreicht, ist es im Beschluss vom 18.04.2018, VII-Verg 28/17 dieser Linie nicht gefolgt und betont, dass eine nichtgewerbliche Aufgabe vorliege, wenn die Gebietskörperschaft, denen eine Gesellschaft gehört, deren Zahlungsunfähigkeit aller Voraussicht nach nicht in Kauf nehmen wird. Es gilt damit letztlich ein relativ strenger Maßstab, bei dem es neben dem Auffangen des wirtschaftlichen Risikos auch darauf ankommen kann, inwieweit die Kommune ihre Eigengesellschaft gegenüber privaten Konkurrenten durch bestimmte Auftragskonditionen begünstigt.

Kommunale Eigengesellschaften haben dies entsprechend zu beachten und unter den genannten Voraussetzungen das Oberschwellenvergaberecht einzuhalten. Für den Unterschwellenbereich gilt, dass kommunal beherrschte Unternehmen und Einrichtungen in einer Rechtsform des privaten Rechts bislang nicht dem gemeindlichen Haushaltsrecht und nicht den Kommunalen Vergabegrundsätzen unterliegen. Hieran wird das Land NRW voraussichtlich festhalten, so dass hier nur (im Falle der Binnenmarktrelevanz) die vom EuGH aus den primärrechtlichen Vorgaben abgeleiteten Grundsätze der Transparenz und der Gleichbehandlung gelten.

Az.: 21.1.1.3-003/010

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