Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 58/2019 vom 11.12.2018

OLG Düsseldorf zu Vergabeunterlagen im Teilnehmerwettbewerb

Der Auftraggeber ist in einem nicht offenen Verfahren mit Teilnahmewettbewerb nicht unbedingt dazu verpflichtet, den Bewerbern bereits mit der Auftragsbekanntmachung den vorgesehenen Vertragsentwurf zur Verfügung zu stellen. Das hat der Vergabesenat des OLG Düsseldorf mit Beschluss vom 17.10.2018 (Verg 26/18) entschieden.

Gegenstand war die Vergabe von Reinigungsdienstleistungen im nicht offenen Verfahren mit Teilnahmewettbewerb. Die Auftraggeberin stellte dabei über den Internet-Link zunächst nur ein Bewerberanschreiben und einen Vordruck für einen Teilnahmeantragbogen zum Download zur Verfügung. Die vollständigen Vergabeunterlagen sollten nur den im Teilnahmewettbewerb ausgewählten Bietern zur Verfügung gestellt werden, die zur Abgabe eines Angebots aufgefordert werden. Die Antragstellerin rügte, dass mit den vorgenannten Unterlagen entgegen § 41 Abs. 1 VgV und der Richtlinie 2014/24/EU nicht die vollständigen Vergabeunterlagen zur Verfügung gestellt worden seien. Dadurch könne sie die unternehmerische Entscheidung, einen Teilnahmeantrag zu stellen, nicht treffen.

Die Vergabekammer Westfalen hatte den Nachprüfungsantrag als unbegründet zurückgewiesen. Dier hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde beim OLG hatte ebenfalls keinen Erfolg: Nach dem Vergabesenat sei vergaberechtlich nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin der Antragstellerin den in Rede stehenden Vertragsentwurf nicht mit der Auftragsbekanntmachung vor Ablauf der Teilnahmefrist zur Verfügung gestellt hat.

Es liege kein Verstoß gegen § 41 Abs. 1 VgV i.V.m. § 29 VgV vor. Welche Vergabeunterlagen mit der Auftragsbekanntmachung über eine elektronische Adresse zur Verfügung gestellt werden müssen, lasse sich § 41 Abs. 1 VgV nicht unmittelbar entnehmen. Dort seien lediglich Vorgaben für die Art und Weise der Bereitstellung und der elektronische Verfügbarkeit von Vergabeunterlagen geregelt, nicht aber, welche Vergabeunterlagen bereits von Anfang an zum Download bereit gestellt sein müssen.

Diese Frage beantworte vielmehr § 29 VgV. Danach umfassen die Vergabeunterlagen alle Angaben, die „erforderlich“ sind, um dem Bewerber oder Bieter eine Entscheidung zur Teilnahme am Vergabeverfahren zu ermöglichen. Hierbei handele es sich um eine Entscheidung im Einzelfall, die unter anderem davon abhänge, welche Verfahrensart der öffentliche Auftraggeber gemäß §§ 14 ff. VgV gewählt hat und welche Bedeutung die Angaben für die Entscheidung des Bewerbers oder Bieters haben, sich an dem Verfahren zu beteiligen.

Bei einem vorgeschalteten Teilnahmewettbewerb setze die Teilnahme am Vergabeverfahren zunächst (nur) die Abgabe eines Teilnahmeantrags voraus; es gehe (noch) nicht um die Kalkulation und Abgabe eines Angebots. Das OLG führt aus. „Erforderlich aber auch ausreichend sind daher sämtliche Angaben, die dem Unternehmen eine belastbare Entscheidung ermöglichen, ob die ausgeschriebenen Leistungen nach Art und Umfang in sein Produktportfolio fallen und es aus unternehmerischer Sicht sinnvoll ist, in den Teilnahmewettbewerb einzutreten um die Chance zu erhalten, zur Abgabe eines Angebots aufgefordert zu werden.

Die Angaben in der Bekanntmachung und in anderen mit der Bekanntmachung zugänglich gemachten Unterlagen müssen die hierfür erforderliche Entscheidungsgrundlage schaffen. Die Art und der Umfang der zu beschaffenden Leistung, die Bedingungen der Vergabe und der Verfahrensablauf ist danach so zu beschreiben, dass das Unternehmen entscheiden kann, ob es an dem Auftrag interessiert ist und zur Leistungserbringung geeignet ist. Um eine solche Entscheidung auf einer validen Grundlage treffen zu können, sind nicht immer zwingend sämtliche Vergabeunterlagen notwendig [...].“

Vorliegend sei weder aus dem Vorbringen der Antragstellerin, noch aus den übrigen Umständen ersichtlich gewesen, dass für die Abgabe eines Teilnahmeantrags die Kenntnis der genauen vertraglichen Regelungen im Vertragsentwurf erforderlich waren.

Anmerkung

Nach § 41 Abs. 1 VgV hat der öffentliche Auftraggeber „in der Auftragsbekanntmachung […] eine elektronische Adresse an(zugeben), unter der die Vergabeunterlagen unentgeltlich, uneingeschränkt, vollständig und direkt abgerufen werden können.“ Entsprechende Regelungen finden sich auch in § 12a EU Abs. 1 Nr. 1 VOB/A sowie für den Unterschwellenbereich in § 29 Abs. 1 UVgO.

Es wird darin jedoch nicht zwischen dem offenen und dem nicht offenen Verfahren unterschieden. Im juristischen Schrifttum ist daher umstritten, ob bereits im Rahmen eines vorgeschalteten Teilnahmewettbewerbs, der im nicht offenen Verfahren vorgeschrieben ist, Vertragsentwürfe zur Verfügung gestellt werden müssen. Die wohl herrschende Auffassung hat dies bislang bejaht.

Das OLG positioniert sich nun zugunsten der gegenteiligen Auffassung, was aus kommunaler Sicht zu begrüßen ist. Auftraggeber sind danach nicht verpflichtet, rein vorsorglich sämtliche Vergabeunterlagen bereits im Teilnahmewettbewerb zu veröffentlichen. Hinzu kommt, dass Vertragsunterlagen sich zu diesem Zeitpunkt mitunter noch ändern.

Nunmehr genügt es, mit der Auftragsbekanntmachung nur diejenigen Unterlagen bereitzustellen, die nach den konkreten Umständen des Falls für eine Entscheidung über das Eintreten in den Teilnahmewettbewerb notwendig sind. Auftraggebern bleibt es aber weiterhin unbenommen, von vornherein sämtliche Unterlagen zur Verfügung zu stellen, wenn dies für zweckmäßig gehalten wird.

Az.: 21.1.1.4-002/001 os

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