Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 671/2008 vom 24.10.2008

Oberverwaltungsgericht NRW zum Restmüll-Verpressen oder -Nachsortieren

Das OVG Münster hat mit Urteil vom 11.09.2008 (Az.: 20 A 1661/06) eine Ordnungsverfügung aufgehoben, mit welcher die beklagte Stadt einem Grundstückseigentümer verboten hatte, ein Dienstleistungsunternehmen damit zu beauftragen, den Inhalt der Restmüllbehälter nachzusortieren und zu verpressen.
Zwar kommt der beklagten Stadt nach dem OVG NRW als öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger bei der Ausgestaltung der Abfallentsorgungsatzung ein Gestaltungsspielraum zu, denn in der Satzung werden die Benutzungsbedingungen/Benutzungsvorgaben für die öffentliche Abfallentsorgungseinrichtung geregelt. Dabei ist nach dem OVG NRW eine Verdichtung der Abfälle in den Sammelbehältern satzungsrechtlicher Regelungen nicht von vornherein entzogen. Denn eine Verdichtung kann u.a. die Entleerung der Sammelbehälter und damit die Abläufe der Entsorgung nachteilig beeinflussen. Die Verdichtung lässt sich damit nach dem OVG NRW im Ausgangspunkt grundsätzlich dem Bereich der Abfallüberlassungspflicht zuordnen. Zudem sei landesrechtlich (§ 9 Abs. 1 Satz 2 LAbfG NRW) und auch bezogen auf das Bundesrecht anerkannt, dass durch Satzung die Anforderungen an Ort, Zeit sowie die Art und Weise der Überlassung der Abfälle geregelt werden können (vgl. hierzu auch BVerwG, Urt. v. 13.12.2007, Az.: 7 C 42.07, DVBl. 2008, S. 317; BVerwG Urt. v. 01.12.2005 – 10 C 4.04, NVWZ 2006, S. 589).

Die Regelungsbefugnis einer Stadt/Gemeinde als Satzungsgeber sei aber inhaltlich im Hinblick auf die Regelung von Benutzungsbedingungen in der Abfallentsorgungssatzung nicht schrankenlos. Insbesondere müsse der allgemeine Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet werden. Entscheidend stellt das OVG NRW aber darauf ab, dass durch das Verpressen von Abfällen konkret Störungen im technischen Entsorgungsablauf oder greifbare Gefahren erkennbar seien müssen. Dieses ist nach dem OVG NRW in dem entschiedenen Fall nicht gegeben. Ausgehend hiervon ist nach dem OVG NRW in Anbetracht der Vielgestaltigkeit der Lebensvorgänge beim Bereitstellen und Überlassen von Abfällen eine hinreichende sachliche Rechtfertigung für ein allgemeines, pauschales Verbot des Verpressens von Abfällen nicht erkennbar. Das Risiko der Beschädigung von Behältern wird dadurch begrenzt, dass diese, sollen sie überhaupt ihrer Bestimmung entsprechend genutzt werden können, den üblichen Beanspruchungen beim Befüllen mit Abfällen unterschiedlicher Beschaffenheit und beim Entleeren mit höchst zulässigem Gewicht standhalten müssen. Im Übrigen weist das OVG NRW darauf hin, dass sich durch das Verbot des Pressens beim üblichen Befüllen der Sammelbehälter mit überwiegend leichteren Abfällen nicht ergibt, dass das Höchstgewicht im allgemeinen zum Tragen kommt. Weiterhin weist das OVG NRW darauf hin, dass keine belastbaren Anhaltspunkte dahin bestehen, dass durch das Pressen von Abfällen Keime freigesetzt werden und dadurch ein typisches Risiko der Beeinträchtigung oder Gefährdung der menschlichen Gesundheit entsteht. Die übliche Praxis des Bereitstellens, Einsammelns und Beförderns von Hausmüll beruhe ersichtlich auf der gefestigten allgemeinen Vorstellung, dass hiergegen trotz Unterbleibens spezifischer Sicherheitsmaßnahmen gegenüber der Emission bzw. Immission abfalltypischer Keime prinzipielle gesundheitliche oder hygienische Bedenken nicht vorzubringen sind. In diesem Zusammenhang besteht nach dem OVG NRW ein zu Besorgnissen Anlass gebendes enges näheres Verhältnis zu den Abfällen beim Pressen typischerweise allenfalls für diejenigen, die diesen Vorgang bewirken und arbeitsschutzrechtlich geschützt sind.

Nach dem OVG NRW konnte die beklagte Stadt in der Ordnungsverfügung auch nicht aufgeben, dass ein Durchsuchen und/oder Entnehmen der Inhalte von Restmüllbehältern verboten ist. Der Entsorgungspflicht der Stadt als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger unterfallen die in ihrem Gebiet angefallenen überlassenen Abfälle aus privaten Haushaltungen. Angefallen seien die Abfälle im Sinne dieser Bestimmung, wenn sie mit Verwirklichung der Merkmale nach § 3 Abs. 1 – 4 KrW-/AbfG als Abfall entstanden seien (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.12.2007, Az.: 7 C 42.07, DVBl. 2008, S. 317). Dementsprechend beginnt die Entsorgungspflicht des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers mit der Überlassung der Abfälle. Überlassen werden die Abfälle dadurch, dass sie dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zur Übernahme des Abfallbesitzes tatsächlich zur Verfügung gestellt werden. Die Überlassung bewirkt den Übergang des Abfallbesitzes. Bis zum Verlust der tatsächlichen Sachherrschaft des bisherigen Abfallbesitzers obliegen diesem die in diesem Zeitpunkt zu erfüllenden abfallrechtlichen Pflichten. Hierzu gehört die Pflicht zum Bereitstellen der Abfälle und zum Getrennthalten von Abfällen (§ 5 Abs. 2 Satz 4, § 10 Abs. 2 Satz 1 KrWiAbfG). Ein vor der Überlassung zur Erfüllung der entsprechenden Pflicht nachgeholtes Sortieren von Abfällen zur Verwertung und deren Einbringung in die hierfür vorgesehen Behälter verstößt deshalb – so das OVG NRW – nicht gegen die Überlassungspflicht. Deren Erfüllung steht zu diesem Zeitpunkt noch bevor und wird durch Überlassung der sortierten Abfälle erst bewirkt. Vor diesem Hintergrund ist bis zur Überlassung der Abfälle der Abfallbesitzer verantwortlich die Entsorgungspflicht des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers hat zu diesem Zeitpunkt noch nicht eingesetzt. Der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger ist nach dem OVG NRW, was die Bereitstellung der Abfälle im Vorfeld der Überlassung angeht, nicht Träger der Entsorgung. Der Grundstückseigentümer bzw. Vermieter als Abfallbesitzer habe auch keine Pflichten, die höchstpersönlicher Natur sind. Mit ihrer Erfüllung können Dritte, auch gewerblich tätige Unternehmen betraut werden.

Die Geschäftsstelle weist ergänzend auf Folgendes hin:

Das OVG NRW folgt in seinem Urteil vom 11.9.2008 (Az.: 20 A 1161/06) der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 13.1.22007 - Urt. v. 13.12.2007, Az.: 7 C 42.07, DVBl. 2008, S. 317). Nach dem OVG NRW sind Benutzungsbedingungen in der Satzung zur Benutzung und Befüllung der Abfallbehälter grundsätzlich zulässig, wenn sie dazu dienen, konkrete, nachvollziehbare Störungen im Entsorgungsablauf oder eine Beschädigung der Abfallgefäße zu unterbinden. Vor diesem Hintergrund kann nach Auffassung des StGB NRW auch weiterhin in der Abfallentsorgungssatzung geregelt werden, dass Abfallbehälter schonend zu behandeln, so dass ein Verbrennen von Abfällen im Behälter oder das Einfüllen von brennenden, glühenden oder heißen Abfällen verboten ist, weil die Abfallgefäße hierdurch nachvollziehbar beschädigt werden können. Es kann auch vorgegeben werden, dass Abfälle nicht neben die Abfallgefäße geworfen werden dürfen und Abfallgefäße nur insoweit gefüllt werden dürfen, dass sich der Deckel schließen lässt, weil eine Überbefüllung der Abfallgefäße und ein Herausfallen von Abfällen oder ein Daneben-Werfen von Abfällen neben die Abfallgefäße die konkrete und nachvollziehbare Gefahr der Anlockung von Siedlungsungeziefer (z.B. Ratten) hervorruft. Hierbei darf nicht verkannt werden, dass die Abfallentsorgung immer noch der Aufrechterhaltung der Hygiene und dem Seuchenschutz dient. Geregelt werden kann auch, dass Abfälle nicht derartig in die Abfallbehälter eingestampft oder in ihnen verpresst werden dürfen, dass die Schüttfähigkeit des Inhaltes ausgeschlossen wird, denn hier wird der technischen Entsorgungsablauf nachvollziehbar gestört. Zugleich ergibt sich aus dem Urteil des OVG NRW aber auch, dass ein Verpressen von Abfällen im Einzelfall nicht verboten werden kann, wenn die Schüttfähigkeit gewährleistet bleibt. Ebenso kann aus Gründen des Gesundheitsschutzes dem Abfallbesitzer/-erzeuger das Nachsortieren des Abfalls in der Restmülltonne nicht verboten werden, weil das OVG NRW etwaige Gesundheitsgefahren hier nicht erkennen möchte und eine Regelungsbefugnis der Stadt/Gemeinde verneint, weil der Abfallbesitzer/-erzeuger bis zur Bereitstellung der Abfälle zur Überlassung an die Stadt/Gemeinde mit den Abfällen frei umgehen kann. Bedenken können nach dem OVG NRW allenfalls aus arbeitsschutzrechtlicher Sicht für diejenigen ergeben, die die Nachsortierung über mehrere Stunden durchführen etwa im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit. Auch dieses ist aber eine Frage des Einzelfalls und entzieht sich einer abfallsatzungsrechtlichen Regelung, weil sie im Zweifelsfall nicht den Abfallbesitzer/-erzeuger betrifft.

Az.: II/2 31-02

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