Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 710/2015 vom 16.11.2015

Oberverwaltungsgericht NRW zu Konzentrationszonen für Windenergienutzung

Der 10. Senat des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) hat in seinem Urteil vom 22.09.2015 (Az. 10 D 82/13.NE) die vom Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entwickelten Anforderungen an die Planung von Konzentrationszonen für die Windenergienutzung übernommen. Diese Rechtsprechung betrifft auch die Kategorisierung von Bereichen als Tabuzonen, die sich für die Nutzung der Windenergie nicht eignen.

Diese lassen sich in zwei Kategorien einteilen: zum einen in Zonen, in denen die Errichtung und der Betrieb von Windenergieanlagen aus tatsächlichen und/oder rechtlichen Gründen schlechthin ausgeschlossen sind (harte Tabuzonen); zum anderen in Zonen, in denen die Errichtung und der Betrieb von Windenergieanlagen zwar tatsächlich und rechtlich möglich sind, in denen nach den städtebaulichen Vorstellungen, die die Gemeinde anhand eigener Kriterien entwickeln darf, aber keine Windenergieanlagen aufgestellt werden sollen (weiche Tabuzonen).

Die Antragsteller hatten beantragt, den sachlichen Teilflächennutzungsplan der beklagten Stadt zur Ausweisung von Konzentrationszonen für Windkraftanlagen für unwirksam zu erklären. Der Rat hatte die Waldflächen im Stadtgebiet nach der Planbegründung als harte Tabuzonen angesehen.

Der Antrag hatte Erfolg. Der Teilflächennutzungsplan weise beachtliche Abwägungsmängel auf. Bei der Planung von Konzentrationszonen für die Windenergienutzung verlange das Abwägungsgebot nach der Rechtsprechung des BVerwG die Entwicklung eines schlüssigen Gesamtkonzepts, das sich auf den gesamten Außenbereich des Gemeindegebietes erstreckt. Mit den Regelungen des § 35 Absatz 1 Nr. 5, Absatz 3 Satz 3 BauGB habe der Gesetzgeber beabsichtigt, Windenergieanlagen generell zu privilegieren. Die Standortsteuerung könne nicht isoliert durch negative Inhalte von Flächennutzungsplänen oder Raumordnungsplänen erfolgen. Ein Ausschluss solcher Außenbereichsvorhaben in bestimmten Bereichen müsse stets mit einer entsprechenden positiven Standortzuweisung im Rahmen der Bauleitplanung oder der Raumplanung verbunden sein.

Der Senat übernimmt dabei die vom BVerwG entwickelten Anforderungen an die Planung von Konzentrationszonen für die Windenergienutzung im Hinblick auf die harten und weichen Tabuzonen. Harte Tabuzonen scheiden kraft Gesetzes als Konzentrationszonen für die Windenergienutzung aus und sind so einer Abwägung zwischen den Belangen der Windenergienutzung und widerstreitenden Belangen (§ 1 Absatz 7 BauGB) entzogen. Demgegenüber sind weiche Tabuzonen zu den Flächen zu rechnen, die einer Berücksichtigung im Rahmen der Abwägung zugänglich sind. Nach Abzug der harten und weichen Tabuzonen bleiben nach der Rechtsprechung des BVerwG sog. Potenzialflächen übrig, die für die Darstellung von Konzentrationszonen im Flächennutzungsplan in Betracht kommen. Sie sind in einem weiteren Arbeitsschritt zu konkurrierenden Nutzungen in Beziehung zu setzen, d.h., die öffentlichen Belange, die gegen die Darstellung als Konzentrationszone sprechen, sind mit dem Anliegen abzuwägen, der Windenergienutzung an geeigneten Standorten eine Chance zu geben, die ihrer Privilegierung nach § 35 Absatz 1 Nr. 5 BauGB gerecht wird.

Ob die Gemeinde mit ihrer Planung der Windenergienutzung substanziell Raum verschafft hat, sei nach dem OVG NRW das Ergebnis einer wertenden Betrachtung, die maßgebend auf der Würdigung der örtlichen Gegebenheiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruhe. Der Senat neige insoweit der Auffassung zu, dass hierbei im Ausgangspunkt von den Flächen auszugehen sei, die der Gemeinde insoweit planerisch zur Verfügung stehen. Auf diesen könne sie im Rahmen ihres planerischen Gestaltungsfreiraums der Windenergienutzung substanziell Raum geben. Von den Außenbereichsflächen seien deshalb (nur) die harten Tabuzonen abzuziehen, auf die die Gemeinde praktisch keinen planerischen Einfluss habe. Ins Verhältnis zu setzen seien daher insbesondere die der Abwägung zugänglichen Flächen mit den für die Konzentrationszonen festgelegten Flächen.

Im vorliegenden Fall sei es fehlerhaft gewesen, die Waldflächen im Stadtgebiet nach der Planbegründung als harte Tabuzonen anzusehen. Der Senat gehe in Übereinstimmung mit Teilen der einschlägigen Fachliteratur davon aus, dass bei der Planung von Konzentrationszonen für die Windenergienutzung nach § 35 Absatz 3 Satz 3 BauGB Wald dann in Anspruch genommen werden darf, wenn sonst der Windenergienutzung nicht substanziell Raum gegeben werden kann. In NRW lasse der Landesentwicklungsplan im Einzelfall eine Inanspruchnahme des Waldes ausdrücklich zu. Der Rat hätte daher die Inanspruchnahme von Waldflächen für mögliche Konzentrationszonen in Erwägung ziehen dürfen beziehungsweise müssen. Der Windenergienutzung sei daher nicht substanziell Raum gegeben worden.

Anmerkungen

Das Bundesverwaltungsgericht hatte in der Vergangenheit die Auffassung vertreten, dass zusammenhängende Waldflächen für eine Windenergienutzung nicht in Betracht kämen. Auch das OVG NRW hatte hierzu bislang eine eher restriktive Haltung. Die technische Entwicklung hat aber inzwischen die Errichtung und den Betrieb von Windenergieanlagen in Wäldern grundsätzlich möglich gemacht. Das OVG schließt sich nun in der o.g. Entscheidung der in der Literatur vertretenen Auffassung an, wonach Waldflächen mittlerweile jedenfalls nicht mehr als harte Tabuzonen anzusehen sind. Die planerische Handhabung solcher Tabuzonen bleibt jedoch weiterhin schwierig, wie auch das OVG selbst anmerkt, das „aus Gründen der Rechtseinheitlichkeit“ die BVerwG-Rechtsprechung übernehme, „auch wenn an deren Tauglichkeit und praktischer Umsetzbarkeit gezweifelt werden“ könne (Rz. 43 des Urteils).

Der Volltext des Urteils sowie ein Hintergrundpapier der Fachagentur Windenergie zu diesem Thema stehen den StGB NRW-Mitgliedskommunen im Mitgliederbereich des StGB NRW-Internetangebots unter der Rubrik Fachinfo und Service / Fachgebiete / Bauen und Vergabe / Windenergieanlagen zur Verfügung.

Az.: II/1 20.1.4.1-005/001

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