Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 896/2004 vom 19.11.2004

Landeswassergesetz und Abwasserbeseitigungspflicht

Zur Abwasserbeseitigungspflicht sind in dem von der Landesregierung am 9.11.2004 be-schlossenen Gesetzentwurf zur Änderung des Landeswassergesetzes im Wesentlichen fol-gende Regelungen enthalten:

1. zu § 53 Abs. 1 LWG NRW-Entwurf (Pflicht zur Abwasserbeseitigung)

Zunächst ist zu begrüßen, dass die Auflistung der einzelnen Bestandteile der Abwasserbe-seitigungspflicht in 7 Einzelziffern die Gesetzeslektüre erleichtert. Gleichwohl ist die Rege-lung in § 53 Abs. 1 Nr. 6 (2. Alternative) LWG NRW-Entwurf (Überwachung von privaten Anlagen zur Versickerung von Regenwasser auf privaten Grundstücken) abzulehnen. Der Landesgesetzgeber hat sich im Rahmen der letzten Änderung des LWG NRW (1995) dafür entschieden, das Regenwasser auf privaten Grundstücken, die nach dem 1.1.1996 erstmals bebaut, befestigt oder an die öffentliche Kanalisation angeschlossen werden sollen, ortsnah durch den Grundstückseigentümer zu beseitigen ist, wenn das Wohl der Allgemeinheit hierdurch nicht beeinträchtigt wird. In diesem Fall geht die Abwasserbeseitigungspflicht für das Regenwasser dann von der Gemeinde auf den privaten Grundstückseigentümer kraft Gesetzes über (§ 51 a Abs. 2 LWG NRW). Es ist widersprüchlich, nun wiederum nachträglich einen kostenaufwendigen Kontrollapparat aufzubauen und hierdurch den Gemeinden eine zusätzliche Haftungsschlinge um den Hals zu legen. Ist ein Grundstückseigentümer für die Beseitigung des Regenwassers auf seinem Grundstück abwasserbeseitigungspflichtig, so haftet er auch in vollem Umfang für die ordnungsgemäße Erfüllung dieser Pflicht. Eine haf-tungsrechtliche Lückenbüßer-Stellung der Kommune wird deshalb kategorisch abgelehnt. Hinzu kommt, dass die wasserrechtliche Erlaubnis für den Bau von privaten Versickerungs-anlagen von der unteren Wasserbehörde erteilt wird, d.h. die Gemeinde ist keine Genehmi-gungsbehörde für Versickerungsanlagen auf privaten Grundstücken. Die Gemeinde be-kommt also eine Prüfungs- und Überwachungspflicht im Rahmen ihrer Abwasserbeseiti-gungspflicht auferlegt, ohne im Besitz der Genehmigung für die Versickerungsanlage zu sein. Die Prüfung der Funktionstüchtigkeit kann deshalb allenfalls durch die untere Wasser-behörde als Genehmigungsbehörde für die Anlage erfolgen.

Wenn der Landesgesetzgeber eine Überwachung von privaten Regenwasserbeseitigungsan-lagen auf privaten Grundstücken für erforderlich hält, so soll er dieses in einer Selbstüber-wachungs-Verordnung für private Regenwasserbeseitigungsanlagen regeln. In einer sol-chen Verordnung könnten die privaten Grundstückseigentümer verpflichtet werden, die auf ihrem Grundstück betriebenen privaten Versickerungsanlagen in bestimmten zeitlichen Abständen durch Dritte (z.B. private Ingenieurbüros) auf ihre Funktionstüchtigkeit überprü-fen zu lassen. Über diese Überprüfung könnte eine Prüfbescheinigung sowie ein Prüfbericht ausgestellt werden, die dann der unteren Wasserbehörde auf Verlangen vorzulegen ist. Einer Verpflichtung der Städte und Gemeinden im Rahmen ihrer Abwasserbeseitigungs-pflicht bedarf es mithin nicht.

2. zu § 53 Abs. 1 c LWG NRW-Entwurf (Abwasserüberlassungspflicht)

Die Regelung einer Abwasserüberlassungspflicht der privaten Grundstückseigentümer so-wohl für Schmutzwasser als für Niederschlagswasser im künftigen Landeswassergesetz wird ausdrücklich begrüßt. Eine solche Regelung ist wegen des Urteils des OVG NRW vom 28.01.2003 (Az.: 15 A 4751/01, NWVBl. 2003, S. 380ff.) unverzichtbar. Es wird eine Rege-lungslücke geschlossen, die alle anderen Landeswassergesetze nicht beinhalten. Die Rege-lung einer solchen Abwasserüberlassungspflicht war deshalb durch die Geschäftsstelle des StGB NRW mehrmals vehement eingefordert worden. Das OVG NRW hat mit Urteil vom 28.01.2003 entschieden, dass ein Anschluss- und Benutzungszwang für Regenwasser nicht besteht, weil die Regenwasserbeseitigung von privaten Grundstücken nicht - wie in § 9 Ge-meindeordnung NRW gesetzlich gefordert - der Volksgesundheit dient. Die Regelung einer Abwasserüberlassungspflicht im neuen Landeswassergesetz ist deshalb unverzichtbar, weil andernfalls damit zu rechnen ist, dass sich viele Grundstückseigentümer aus Gründen der reinen Einsparung von Abwassergebühren mit der Regenwasserbeseitigung vom Kanalnetz der Gemeinde abkoppeln oder sich nicht anschließen werden. In einigen Städten und Ge-meinden liegen entsprechende Anträge von Grundstückseigentümern bereits vor. Verein-zelt sind von den Grundstückseigentümern bereits verwaltungsgerichtliche Klagen unter Berufung auf das Urteil des OVG NRW vom 28.1.2003 erhoben worden. Zuletzt hat das OVG NRW mit Beschluss vom 28.9.2004 (Az.: 15 A 3919/04) seine Rechtsprechung nochmals bes-tätigt. Diese Entwicklung muss gestoppt werden, weil eine ortsnahe Regenwasserbeseiti-gung ohne Berücksichtigung der Maßgaben in § 51 a LWG NRW (insbesondere der Stich-tagsregelung: ortsnahe Regenwasserbeseitigung nur für Grundstücke, die erstmals nach dem 1.1.1996 bebaut werden) zu unerwünschten Folgen führen kann (z.B. Vernässungs-schäden an Gebäuden auf Nachbargrundstücken und sich daran anschließende Haftungs-fragen, unkontrolliertes Einleiten des Regenwassers von privaten Grundstücken in Gewäs-ser, erheblicher Anstieg der getrennten Regenwassergebühr durch stetige Verringerung der angeschlossenen Flächen). Ohne eine gesetzlich geregelte Abwasserüberlassungspflicht (auch) für Regenwasser würde demnach die gesamte ortsnahe Regenwasserbeseitigung gefährdet.

3. zu § 53 Abs. 3 a LWG NRW-Entwurf (Abwasserbeseitigungspflicht für Niederschlagswas-ser)

§ 53 Abs. 3 a LWG NRW-Entwurf soll den Regelungsgehalt des heutigen § 51 a Abs. 2 LWG NRW übernehmen. In § 53 Abs. 3 a LWG NRW-Entwurf ist nunmehr in Satz 1 nochmals klar-gestellt worden, dass der Nutzungsberechtigte des Grundstücks zur Beseitigung von Nie-derschlagswasser verpflichtet ist, wenn gegenüber der zuständigen Behörde nachgewiesen ist, dass das Niederschlagswasser gemeinwohlverträglich auf dem Grundstück versickert oder ortsnah in ein Gewässer eingeleitet werden kann und die Gemeinde ihn von der Über-lassungspflicht nach Abs. 1 c freigestellt hat. Diese Regelung ist zu begrüßen.

Gleichwohl ist es nach Auffassung der Geschäftsstelle erforderlich, dass nach Satz 1 zur Klarstellung folgender Satz 2 (neu) eingefügt wird: „Eine Freistellung erfolgt nicht, wenn eine genehmigte Kanalnetzplanung vorliegt.“

Eine solche textliche Ergänzung ist erforderlich, damit in einem Entwässerungsgebiet die Regenwasserbeseitigung einheitlich geregelt werden kann. Es muss sichergestellt werden, dass abgeschlossene Kanalnetzplanungen und deren Verwirklichung nicht nachträglich entwertet werden, weil die im Rahmen der Kanalnetzplanung und des Kanalbaus vorgese-hene Anschlussquote im Hinblick auf die zu entsorgenden Grundstücke nicht realisiert wer-den kann und hierdurch die getätigten Investitionen nachträglich entwertet werden. Im Interesse klarer Zuständigkeiten und einer klaren Zuordnung der Abwasserbeseitigungs-pflicht für das Niederschlagswasser ist es unverzichtbar, dass bezogen auf ein Entwässe-rungsgebiet die Abwasserbeseitigungspflicht für Niederschlagswasser entweder vollständig bei der Gemeinde oder bei den Grundstückseigentümern liegt. Dieses entspricht auch der Vollzugslinie des § 51 a LWG NRW in den vergangenen Jahren und vermeidet ein „Durch-einander“ im Hinblick auf die Abwasserbeseitigungspflicht für Niederschlagswasser in ei-nem Entwässerungsgebiet. Schließlich darf nicht verkannt werden, dass die ortsnahe Re-genwasserbeseitigung nur dadurch vorangebracht werden kann, dass das Thema durch gut funktionierende Beispiele befördert wird. In diesem Zusammenhang sind „Flickenteppiche im Hinblick auf die Abwasserbeseitigungspflicht für Regenwasser“ unzweifelhaft kontra-produktiv und der Beförderung der ortsnahen Regenwasserbeseitigung abträglich.

Az.: II/2 24-10 qu/g

Az.: II/2 24-10 qu/g

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