Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 811/2016 vom 29.11.2016

Kommunalwald und Kartellverfahren Holzvermarktung Baden-Württemberg

Vor dem Hintergrund des Kartellverfahrens in Baden-Württemberg stehen die Vermarktungs- und Bewirtschaftungsstrukturen des Kommunalwaldes vielerorts vor gravierenden organisatorischen, personellen und finanziellen Veränderungen. Das Bundeskartellamt hat dem Land Baden-Württemberg im Juli 2015 die Holzvermarktung sowie verschiedene andere Dienstleistungen für kommunale und private Waldbesitzer untersagt, soweit deren Forstbetriebe über 100 Hektar Größe liegen.

Hintergrund ist die Absicht des Bundeskartellamtes, die Zusammenarbeit privater und kommunaler Waldbesitzer mit staatlichen Forstämtern einzuschränken. Das Bundeskartellamt fordert eine klare strukturelle Trennung der Bewirtschaftung des Staatswaldes auf der einen Seite sowie der Bewirtschaftung des Körperschafts- und des Privatwaldes auf der anderen Seite. Staatlichen Förstern soll es nicht mehr erlaubt sein, die in ihren Revieren liegenden kommunalen und privaten Waldbesitzer fachlich umfassend zu betreuen.

Das Land Baden-Württemberg klagt gegen die Untersagungsverfügung vor dem OLG Düsseldorf. Die für den 14.12.2016 anberaumte Verhandlung vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf wurde auf den 11.01.2017 verschoben. Mit einem Urteil wird zeitnah gerechnet. Nach dem Verlauf der mündlichen Verhandlung am 04.05.2016 kann erwartet werden, dass das Gericht die Auffassung des Bundeskartellamtes in zentralen Punkten bestätigen wird.

Novellierung Bundeswaldgesetz

Vor dem Hintergrund des Kartellverfahrens wird auf Bundesebene eine Änderung des Bundeswaldgesetzes (BWaldG) angestrebt, die von den kommunalen Spitzenverbänden unterstützt wird. Mit dem Ende Februar 2016 vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) vorgelegten Entwurf eines  Artikelgesetzes soll gesetzlich klargestellt werden, dass sämtliche der Holzvermarktung im engeren Sinne vorgelagerten forstlichen Dienstleistungen staatlicher Stellen (z.B. Holz auszeichnen oder Holzbereitstellung bis zur Waldstraße) nicht dem Wettbewerbsrecht unterfallen  und daher den Waldbesitzern auch in Zukunft als Angebot zur Verfügung gestellt werden können (siehe StGB NRW-Mitteilung 390/2016 vom 25.05.2016).

Verlässlichkeit und Rechtssicherheit dieser Lösung werden allerdings vom Bundeskartellamt unter Hinweis auf vorrangiges europäisches Wettbewerbsrecht in Zweifel gezogen.  Nach weiteren Gesprächen des BMEL mit den Branchenverbänden der Forstwirtschaft Mitte Oktober 2016 ist zu erwarten, dass das Bundeskabinett noch in diesem Jahr  den Regierungsentwurf verabschiedet und das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren einleitet. Damit würde die Rechtssicherheit für verlässliche Forststrukturen erhöht.

Einschätzung

Auch wenn sich die Ermittlungen des Bundeskartellamtes formal gegen die staatliche Forstverwaltung in Baden-Württemberg  richten, ist davon auszugehen, dass der Ausgang des Gerichtsverfahrens auf ähnlich gelagerte Kooperationen privater und kommunaler Waldbesitzer mit der staatlichen Forstverwaltung in anderen Bundesländern mittelbare Auswirkungen haben wird. Dies gilt auch für Nordrhein-Westfalen, wo kommunale und private Waldbesitzer Dienstleistungen des Landesbetriebs Wald und Holz NRW in Anspruch nehmen.

Vor diesem Hintergrund müssen in Zusammenarbeit mit den staatlichen Forstverwaltungen neue Organisationsvarianten erarbeitet und zu gegebener Zeit mit dem Bundeskartellamt erörtert werden. Es werden Strukturen benötigt, die den wettbewerbsrechtlichen Anforderungen genügen, aber gleichzeitig auch der Bedeutung des Waldes für die Eigentümer und für die Gesellschaft Rechnung tragen. Die qualitativ hochwertige Waldbewirtschaftung, das flächendeckende Dienstleistungsangebot und der Einsatz gut ausgebildeter Forstleute dürfen im Gefolge des Kartellverfahrens nicht verschlechtert werden.

Es zeichnet sich ab, dass Städte und Gemeinden als Waldbesitzer zukünftig mehr Verantwortung für die Waldbewirtschaftung übernehmen müssen. Nach dem Grundsatz „Öffentliches Geld für öffentliche Güter“ müssen allerdings auch staatliche Unterstützungsmittel im Sinne eines Gemeinwohlausgleiches erhalten bleiben. Kostenfreie oder nicht kostendeckende staatliche Dienstleistungen, die das Bundeskartellamt heute angreift, wurden in der Vergangenheit stets mit den vielfältigen Belastungen der Waldbesitzer durch Gemeinwohlleistungen (z.B. freies Betretungsrecht des Waldes, Schadstoffimmissionen, Waldschäden, Umweltauflagen) begründet.

Az.: 26.1-006/001 gr

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