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StGB NRW-Mitteilung 658/2014 vom 18.11.2014

Klage der Stadt Bremerhaven gegen Zensusergebnis abgewiesen

Das Verwaltungsgericht Bremen hat mit Urteil vom 06.1.2014 (4 K 841/13) die Klage der Stadt Bremerhaven gegen die durch den Zensus 2011 ermittelte und festgesetzte Einwohnerzahl abgewiesen. Im Mittelpunkt der mündlichen Verhandlung standen Fragen zur Verlässlichkeit der für die Einwohnerermittlung verwendeten statistischen Berechnungsmethode und deren korrekter Anwendung. Hierzu wurde u.a. ein vom Gericht beauftragter Gutachter befragt.

Das Gericht geht davon aus, dass das Zensusgesetz 2011 nicht gegen das Grundgesetz verstößt. Die Einwohnerzahl könne mit einem statistischen Berechnungsverfahren ermittelt werden. Die Stadt Bremerhaven habe keinen Anspruch darauf, dass ihre tatsächliche Einwohnerzahl als amtliche Einwohnerzahl festgesetzt werde. Das Zensusgesetz 2011 sehe für das Berechnungsverfahren bestimmte Qualitätsvorgaben vor, um eine zu starke Abweichung von der tatsächlichen Einwohnerzahl zu verhindern. Diese Qualitätsvorgaben seien im Fall der Stadt Bremerhaven auch eingehalten worden. Die Kernaussagen des Urteils im Überblick: 

  • Die kommunale Selbstverwaltungsgarantie verlangt aufgrund der finanziellen Bedeutung der Einwohnerzahl, dass diese hinreichend genau bestimmt wird. Ihre Festsetzung bedarf deshalb einer gesetzlichen Grundlage, die mit dem Zensusgesetz 2011 gegeben ist.
     
  • Das Zensusgesetz 2011 ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Eine Verpflichtung, sämtliche Bürger zu befragen, besteht nicht. Ebenfalls kann eine Gemeinde nicht beanspruchen, dass ihre tatsächliche Einwohnerzahl als amtliche Einwohnerzahl festgesetzt wird.
     
  • Das verfassungsrechtliche Gebot der interkommunalen Gleichbehandlung ist durch die Kombination von zwei unterschiedlichen Berechnungsmethoden für große und kleine Gemeinden im Zensusgesetz 2011 nicht verletzt. Der Gesetzgeber hat bei der Regelung des Zensus einen weitreichenden Gestaltungs- und Prognosespielraum. Es ist lediglich erforderlich, dass am Ende die Ergebnisgenauigkeit bundesweit nicht übermäßig differiert. Davon konnte der Gesetzgeber bei den im Zensusgesetz 2011 getroffenen Regelungen ausgehen.
  • Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Zensusgesetz 2011 wird ein einfacher relativer Standardfehler von höchstens 0,5 % angestrebt. Dabei handelt es sich um eine zwingende Qualitätsvorgabe für den sog. Stichprobenfehler, nicht hingegen für andere Fehlerquellen wie Mess- und Prozessfehler. Die Qualitätsvorgabe ist im Fall der Stadt Bremerhaven eingehalten worden.
  • Bei der Durchführung des Zensus sind statistische Standards einzuhalten. Das ist bei der Bestimmung der Einwohnerzahl der Stadt Bremerhaven geschehen. Die von der Stadt Bremerhaven durch Auszählung von Ausländerakten ermittelte höhere Zahl von Ausländern in der Gemeinde begründet keinen Verdacht, dass statistische Standards bei der Befragung von Bürgerinnen und Bürgern missachtet worden sind.
  • Die Überprüfung der Zensusergebnisse durch ein Gericht ist dadurch beschränkt, dass personenbezogene Daten wegen der statistischen Geheimhaltungspflicht nicht zum Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens gemacht werden dürfen. Aus diesem Grund hat das Gericht darauf verzichtet, die Richtigkeit der bei der Stichprobenbefragung im Einzelfall erhobenen Daten, soweit diese nicht ohnehin bereits gelöscht sind, zu überprüfen. 

Gegen das Urteil wurde die Berufung zugelassen. Das Urteil kann von StGB NRW-Mitgliedskommunen im Volltext im StGB NRW-Internetangebot (Mitgliederbereich) unter Rubrik "Fachinfo und Service — Fachgebiete - Recht und Verfassung - Zensus 2011" heruntergeladen werden.

Az.: I/2 050-24

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