Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 612/2009 vom 13.11.2009

EuGH zur Ausschreibungspflicht bei gemischt-wirtschaftlichen Unternehmen

Der EuGH hat am 15.10.2009 (Acoset, Rs. C-196/08) entschieden, dass ein doppeltes Ausschreibungserfordernis für die Konzessionierung eines zuvor neu gegründeten gemischt-wirtschaftlichen Unternehmens im Bereich der Wasserversorgung nicht erforderlich ist, soweit der private Gesellschafter im Rahmen eines Ausschreibungsverfahrens gefunden wird, das den Grundsätzen des freien Wettbewerbs, der Transparenz und der Gleichbehandlung entspricht.

Sachverhalt:

Der Entscheidung des EuGH liegt ein Fall zugrunde, in dem es um die Umwandlung einer für den integrierten Wasserversorgungsdienst eines bestimmten Gebietes in Italien zuständigen bislang zu 100 % öffentlichen Behörde in eine gemischt-wirtschaftliche Gesellschaft mit überwiegendem öffentlichen Kapital ging. Im Wege eines im Amtsblatt der EU veröffentlichen Ausschreibungsverfahrens wurde ein Unternehmer als privater Minderheitsgesellschafter gesucht, der mit der operativen Tätigkeit des integrierten Wasserversorgungsdienstes und der Durchführung der Verwaltung dieses Dienstes im Rahmen einer Konzession betraut werden sollte. Nach Durchführung des Verfahrens blieb ein Bewerber übrig. Die ausschreibende Stelle zog aufgrund zwischenzeitlich aufkommender Zweifel über die EU-Vergaberechtskonformität dieses Verfahrens die Ausschreibung zurück. Der Bewerber klagte auf Schadensersatz. Im Rahmen dieses Schadensersatzprozesses legte das befasste Gericht die Frage dem EuGH zu Entscheidung vor.

Entscheidungsgründe:

Der EuGH bewertet den Sachverhalt als Übertragung einer Dienstleistungskonzession, die grundsätzlich nicht unter die EU-Vergaberichtlinien fällt, jedoch nach den Grundsätzen des EG-Vertrages (Diskriminierungsverbot, Transparenz- und Gleichbehandlungsgrundsatz) erfolgen muss. Von diesen Grundsätzen kann nur dann abgewichen werden, wenn ein sog. Inhouse-Geschäft vorliegt, also die konzessionserteilende öffentliche Stelle über die konzessionsnehmende Stelle eine Kontrolle ausübt wie über eine eigene Dienststelle und zugleich diese Einrichtung ihre Tätigkeit im Wesentlichen für die Stelle verrichtet, die ihre Anteile inne hat. Diese Ausnahme greift im vorliegenden Fall aber aufgrund der minderheitlichen Beteiligung privaten Kapitals nicht.

Des Weiteren legt der EuGH dar, dass die Einführung einer doppelten Ausschreibung der Verfahrensökonomie, die mit der gemischt-wirtschaftlichen Unternehmung erzielt werden soll, entgegenwirkt. Denn Ziel ist es, in ein und demselben Vorgang die Wahl eines privatwirtschaftlichen Partners und die Vergabe der Konzession an die allein zu diesem Zweck geschaffene Einrichtung mit gemischtem Kapital zu vereinen. Das Erfordernis einer doppelten Ausschreibung für die Wahl des Partners und die Vergabe der Konzession könnte aufgrund der Dauer solcher Verfahren und der Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Vergabe der Konzession an den zuvor ausgewählten privaten Partner dazu führen, dass private Einrichtungen und öffentliche Stellen von der Gründung gemischt-wirtschaftlicher Unternehmen abgehalten werden. Die Beachtung der EG-rechtlichen Anforderungen, wie z. B. der Nachweis der technischen Fähigkeit zur Erbringung der Dienstleistung, bei der Auswahl des privaten Gesellschafters und die Festlegung der Kriterien für seine Eignung entbindet daher von einer doppelten Ausschreibung.

Az.: II/1 608-00

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