Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 556/2016 vom 10.08.2016

EuGH zur Angabe der Wertungsmethode in der Vergabebekanntmachung

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit Urteil vom 14. Juli 2016 (Rs. C-6/15) entschieden, dass es auch im Lichte des Grundsatzes der Gleichbehandlung und der Transparenzpflicht keine Verpflichtung für öffentliche Auftraggeber gibt, potentiellen Bietern bereits in der Auftragsbekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen mitzuteilen, welche Bewertungsmethode sie zur konkreten Bewertung und Einstufung der Angebote anwenden wird. Allerdings darf durch die dann angewandte Methode keine Veränderung der Zuschlagskriterien oder ihrer Gewichtung bewirkt werden.

Die Auftraggeberin hatte im Amtsblatt der Europäischen Union ein Ausschreibungsverfahren zur Vergabe eines Dienstleistungsauftrags zur Durchführung einer großangelegten Erhebung über das Wohnungswesen und die Wohnungskonsumenten in Flandern veröffentlicht. Die Zuschlagserteilung sollte auf der Grundlage des wirtschaftlichsten Angebots nach Qualitäts- sowie auch nach Preiskriterien (jeweils 50/100) erfolgen. Eine genaue Bewertungsmethode war seitens der Auftraggeberin weder in der Auftragsbekanntmachung noch in den Vergabeunterlagen angegeben.

Der EuGH wies darauf hin, dass die Entscheidung nach Art. 53 Abs. 2 der Richtlinie 2014/18 zu beurteilen sei. Danach ist der öffentliche Auftraggeber bei einer Auftragsvergabe auf der Grundlage des wirtschaftlich günstigsten Angebots grundsätzlich verpflichtet, in der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen anzugeben, wie er die einzelnen Zuschlagskriterien gewichtet (Marge oder absteigende Reihenfolge der Bedeutung).

Hintergrund ist, dass sich jeder Bieter angemessen über die Kriterien unterrichten können muss, anhand deren das wirtschaftlich günstigste Angebot ermittelt wird und die Bieter zudem gleichbehandelt werden müssen. Sinngemäß darf daher auch ein öffentlicher Auftraggeber bei den Zuschlagskriterien keine Unterkriterien anwenden, die er den Bietern nicht vorab zur Kenntnis gebracht hat. Diese Anforderungen gelten grundsätzlich auch für die Pflicht öffentlicher Auftraggeber, in der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen anzugeben, wie die einzelnen Zuschlagskriterien gewichtet werden. Daher darf ein öffentlicher Auftraggeber grundsätzlich keine Gewichtungsregeln anwenden, die er den Bietern nicht vorher zur Kenntnis gebracht hat (vgl. EuGH-Urteil vom 24.01.2008 — Lianakis, Rn. 38 und 42).

Dennoch hat es der EuGH für zulässig erachtet, dass ein öffentlicher Auftraggeber auch nach Ablauf der Frist für die Einreichung von Angeboten Gewichtungskoeffizienten für Unterkriterien, die im Wesentlichen den Kriterien entsprechen, die den Bietern vorher zur Kenntnis gebracht wurden, festlegt. Dies gilt aber nur unter drei Voraussetzungen:

  1. Die nachträgliche Festlegung darf die in den Vergabeunterlagen oder in der Vergabebekanntmachung bestimmten Zuschlagskriterien nicht ändern,
  2. die nachträgliche Festlegung darf nichts enthalten, was, wenn es bei der Vorbereitung der Angebote bekannt gewesen wäre, diese Vorbereitung hätte beeinflussen können und
  3. die nachträgliche Festlegung darf nicht unter Berücksichtigung von Umständen gewählt werden, die einen der Bieter diskriminieren können.

Allerdings begründen weder die EU-Vergaberichtlinien noch die Rechtsprechung des Gerichtshofs eine Pflicht zulasten des öffentlichen Auftraggebers, den potentiellen Bietern durch Veröffentlichung in der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen die Bewertungsmethode vorab zur Kenntnis zu bringen, anhand deren sie eine konkrete Bewertung der Angebote vornehmen und daher die Zuschlagskriterien festlegen.

Anmerkung

Die Entscheidung des EuGH ist zu begrüßen. Sie stellt die Grundsätze der Transparenz und Gleichbehandlung der Bieter heraus. Sie gibt den öffentlichen Auftraggebern und auch den Kommunen aber genügend Gestaltungsspielraum, auch im Nachhinein Bewertungsmethoden unter den näher aufgeführten Voraussetzungen festzulegen. Unter der Maßgabe des seit dem 18. April geltenden neuen EU-Vergaberechts sowie auch der neuen EU-Vergaberichtlinien aus dem Jahre 2014 ergeben sich insoweit keine Änderungen.

Az.: 21.1.4.4-002/001

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