Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 523/2020 vom 13.07.2020

EU-Kommission legt Strategie für grünen Wasserstoff vor

Die EU-Kommission hat am 08. Juli 2020 ihre Strategie zur Nutzung klimafreundlichen Wasserstoffs vorgelegt, welche sich aus den Themen „Integration des Energiesystems“ und der „Wasserstoffstrategie“ zusammensetzt. Ziel ist es, innerhalb von zehn Jahren die Wasserstofftechnologie massiv auszubauen, um die Energiewende voranzutreiben. Bis 2024 sollen die Wasserstoffkapazitäten auf eine Million Tonnen Wasserstoff aus erneuerbaren Energien ausgebaut werden. Dies entspricht der sechsfachen Kapazität von heute. 2030 sollen es dann zehn Millionen Tonnen sein. Im Fokus der Strategie stehen die Sektoren, die den Wasserstoff für die Dekarbonisierung für Klimaneutralität benötigen. Es ist zu begrüßen, dass die Strategie der EU-Kommission stärker die Sektorkopplung in den Fokus nimmt, die zusätzliche Chancen für eine schnellere Dekarbonisierung und Wertschöpfungsbeteiligung in den Kommunen erlaubt. Jedoch muss die Strategie noch in einen konkreten Rechtsrahmen sowie Förderprogramme gegossen werden, um auch wirklich greifen zu können.

75 Prozent der Treibhausgasemissionen der EU gehen auf Energie zurück. Daher braucht Europa nach Ansicht der EU-Kommission einen Paradigmenwechsel, um die EU-Klimaziele für 2030 und 2050 zu erreichen. Das Energiesystem der EU muss laut Kommission besser integriert und flexibler werden und in der Lage sein, die saubersten und kosteneffizientesten Lösungen zu nutzen. Wasserstoff wird dabei nach Einschätzung der Kommission eine Schlüsselrolle spielen, da sinkende Preise für erneuerbare Energien und kontinuierliche Innovationen diesen zu einer tragfähigen Lösung für eine klimaneutrale Wirtschaft machen. Die beiden Strategien sollen den Weg zu einem effizienteren und stärker vernetzten Energiesektor ebnen. Sie beinhalten im Einklang mit dem Aufbaupaket NextGenerationEU der Kommission und dem europäischen Green Deal eine neue Investitionsagenda für saubere Energie. Nach Auffassung der Kommission haben die geplanten Investitionen das Potenzial, die Corona verursachte notwendige wirtschaftliche Erholung anzukurbeln. Gleichzeitig schaffen diese Arbeitsplätze in Europa und stärken die europäische Führungsrolle und Wettbewerbsfähigkeit in strategischen Wirtschaftszweigen, die für die Resilienz Europas von entscheidender Bedeutung sind.

Integration des Energiesystems

Die EU-Strategie zur Integration des Energiesystems bildet den Rahmen für die Energiewende. Integration des Energiesystems bedeutet, dass das System als ein Ganzes, unter Vernetzung verschiedener Energieträger, Infrastrukturen und Verbrauchssektoren, geplant und betrieben wird. Dieses vernetzte und flexible System wird effizienter sein und die Kosten für die Gesellschaft senken. Dies bedeutet beispielsweise ein System, in dem der Strom, mit dem die Fahrzeuge in Europa angetrieben werden, aus den Solarpaneelen auf unseren Dächern stammt, während unsere Gebäude mit Wärme aus einer nahegelegenen Fabrik geheizt werden und die Fabrik wiederum mit sauberem Wasserstoff betrieben wird, der mit Offshore-Windenergie erzeugt wurde.

Diese Strategie ruht auf folgenden drei Säulen. Erstens einem stärker „kreislauforientierten“ Energiesystem, dessen zentraler Bestandteil die Energieeffizienz ist. Erhebliches Potenzial bieten die Wiederverwendung von Abwärme aus Industrieanlagen, Rechenzentren oder anderen Quellen sowie die Energiegewinnung aus Bioabfall oder Kläranlagen. Zweitens einer stärkeren direkten Elektrifizierung der Endverbrauchssektoren. Da der Anteil erneuerbarer Energien im Stromsektor am höchsten ist, sollten nach Möglichkeit zunehmend Strom genutzt werden, beispielsweise für Wärmepumpen in Gebäuden, Elektrofahrzeuge im Verkehr oder Elektroöfen in bestimmten Industriezweigen. Drittens: Für die Sektoren, in denen eine Elektrifizierung schwierig ist, wird in der Strategie die Nutzung saubererer Brennstoffe‚ zum Beispiel von erneuerbarem Wasserstoff, nachhaltigen Biokraftstoffen und Biogas, vorgeschlagen.

In der Strategie werden 38 Maßnahmen zur Schaffung eines stärker integrierten Energiesystems aufgeführt. Dazu gehören die Überarbeitung der bestehenden Rechtsvorschriften, finanzielle Unterstützung, Erforschung und Einsatz neuer Technologien und digitaler Tools, Leitlinien für die Mitgliedstaaten zu steuerlichen Maßnahmen und dem Auslaufen von Subventionen für fossile Brennstoffe, eine Reform der Marktsteuerung und Infrastrukturplanung sowie bessere Informationen für Verbraucherinnen und Verbraucher.

Wasserstoffstrategie

Die Wasserstoffstrategie der EU befasst sich damit, wie dieses Potenzial durch Investitionen, Regulierung, Schaffung von Märkten sowie Forschung und Innovation ausgeschöpft werden kann. Oberstes Ziel ist die Dekarbonisierung. Wasserstoff kann Sektoren mit Energie versorgen, die nicht für die Elektrifizierung geeignet sind, und die Energie speichern, um variable Energieflüsse aus erneuerbaren Energieträgern auszugleichen, aber dies kann nur durch auf EU-Ebene koordinierte Maßnahmen des öffentlichen und privaten Sektors erreicht werden. Vorrangiges Ziel ist die Entwicklung von erneuerbarem Wasserstoff, der hauptsächlich mit Hilfe von Wind- und Sonnenenergie erzeugt wird.

Von 2020 bis 2024 soll die EU die Installation von für die Erzeugung von erneuerbarem Wasserstoff bestimmten Elektrolyseuren mit einer Elektrolyseleistung von mindestens 6 Gigawatt und die Erzeugung von bis zu einer Million Tonnen erneuerbarem Wasserstoff unterstützen. Von 2025 bis 2030 muss Wasserstoff zu einem wesentlichen Bestandteil unseres integrierten Energiesystems werden, indem für die Erzeugung von erneuerbaren Wasserstoff bestimmte Elektrolyseure mit einer Elektrolyseleistung von mindestens 40 Gigawatt installiert und bis zu zehn Millionen Tonnen erneuerbarer Wasserstoff erzeugt werden. Von 2030 bis 2050 sollten die Technologien für erneuerbaren Wasserstoff ausgereift sein und in großem Maßstab in allen Sektoren, in denen die Dekarbonisierung schwierig ist, eingesetzt werden.

Um gezielt die saubersten verfügbaren Technologien zu fördern, wird die Kommission auf die Einführung gemeinsamer Normen, Terminologie und Zertifizierung hinarbeiten, die auf den CO2-Emissionen während des Lebenszyklus basieren, auf bestehenden Rechtsvorschriften im Bereich Klima und Energie aufbauen und mit der EU-Taxonomie für nachhaltige Investitionen in Einklang stehen. Die Kommission wird politische und regulatorische Maßnahmen vorschlagen, um Sicherheit für Investoren zu schaffen, den Einsatz von Wasserstoff zu erleichtern, die erforderliche Infrastruktur und Logistik zu fördern, die Instrumente für die Infrastrukturplanung anzupassen und Investitionen zu fördern, insbesondere durch den Aufbauplan „Next Generation EU“.

Anmerkung

Anders als die Nationale Wasserstoffstrategie der Bundesregierung verfolgt die Strategie der EU-Kommission nicht nur die Bereitstellung von Finanzmitteln für die Weiterentwicklung der Technologien, Anlagen sowie Fahrzeuge. Im Zentrum der EU-Strategie stehen insbesondere die Sektorkopplung und die damit verbundene Dekarbonisierung. Die Kommission zeigt Systemverständnis, wenn sie die Idee eines integrierten, kreislauforientierten Energiesystems verfolgen will. Hier stecken große Potenziale für Energieeffizienz und Nachhaltigkeit der Energiewirtschaft. Auch bindet die EU-Wasserstoffstrategie deutlich besser kommunale Energieunternehmen ein. Denn die Beendigung von Doppelbelastungen für Energiespeicher sowie zusätzliche Fördermöglichkeiten für den schnelleren Ausbau der erneuerbaren Energie sowie insbesondere die Stärkung der Fernwärme als Beitrag der aktuell vernachlässigten Wärmewende sind wichtige erste Schritte für die Dekarbonisierung und dürften auch die lokale Teilhabe an der Wertschöpfung sichern. Damit die Kommunen bzw. ihre Unternehmen jedoch investieren, muss die Strategie zunächst in einem konkreten Rechtsrahmen sowie in Förderprogramme ausgestaltet werden, die das Vertrauen in zusätzliche Investitionen der lokalen Akteure bestärken.

In den kommenden Jahren wird es auch Aufgabe der EU werden, einheitliche Standards, und Abrechnungsmodelle sowie die Wasserstoffinfrastruktur entlang der transeuropäischen Netze zu forcieren, damit bspw. grenzüberschreitende Straßen- und Schienengüterverkehre mit Wasserstoff-Lkw bzw. -zügen unterstützt werden. Darüber hinaus ist es industriepolitisch, aber auch im Interesse des Umwelt- und Klimaschutzes unerlässlich, dass eine Wasserstoffstrategie auch den motorisierten Individualverkehr adressiert. Weitere Informationen finden sich unter: https://ec.europa.eu

Az.: 28.6.1-004/003 we

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