Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 294/2018 vom 14.05.2018

Erfahrungsaustausch „Anstalt des öffentlichen Rechts“

Der 30. Erfahrungsaustausch „Anstalt des öffentlichen Rechts“ des StGB NRW fand am 18. April 2018 auf Einladung von Vorstand Wolfgang Herwig, Technische Betriebe der Stadt Leverkusen AöR, in Leverkusen statt. Die Sitzung ist sehr konstruktiv verlaufen und war mit gut 40 Teilnehmern gut besucht.

Nach der Begrüßung durch Hauptreferentin Anne Wellmann, Städte- und Gemeindebund NRW und Wolfgang Herwig befasste sich der erste Vortrag mit dem Thema EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Eric Janzen, Datenschutzbeauftragter der Stadt Unna, gab einen Überblick über die für die AöRs relevanten Änderungen. Die neue EU-Datenschutzgrundverordnung, die bereits am 25. Mai 2016 in Kraft getreten ist, werde nach Ablauf der zweijährigen Übergangsfrist ab dem 25. Mai 2018 unmittelbar anwendbares Recht in allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sein. Neben der EU-Datenschutzgrundverordnung werde zurzeit das Datenschutzgesetz NRW novelliert, weitere Regelungen seien in Fachgesetzen zu finden.

Insgesamt werde in vielen Regelungen auf die EU-Datenschutzgrundverordnung verwiesen, sodass diese zum Verständnis der Normen immer hinzugezogen werden müsse. Das alte Recht bleibe nach dem 25.05.2018 bestehen, das EU-Recht habe aber bei Kollision Vorrang und werde zudem zur Auslegung der Normen heranzuziehen sein. Auch wenn das Datenschutzniveau in Deutschland immer schon hoch war und es bereits seit 2000 eine Verpflichtung gebe, kommunale Datenschutzbeauftragte - auch gemeinsam für mehrere öffentliche Stellen - zu bestellen, gebe es wichtige Änderungen. So käme es zu einer Verschiebung der Verantwortung.

Die EU-Datenschutzgrundverordnung stelle abschließend fest, wer der jeweilige Verantwortliche ist - auch bei Verstößen gegen die EU-Datenschutzgrundverordnung, Art. 4 Nr. 7 EU-DSGVO. Dies seien bei der AöR der Vorstand bzw. je nach Größe und Vielfältigkeit der Aufgaben einzelne Abteilungsleiter. Des Weiteren erhielten alle Personen, deren Daten die Kommunen verarbeiten, mehr Rechte - so genannte Betroffenenrechte (Art. 15 ff. EU-DSGVO). Zum einen könnten sie Auskunft über ihre Daten verlangen und ggf. auf Berichtigung oder Löschung dieser Daten drängen. Ebenso sei es Betroffenen leichter möglich, bestimmten Formen der Verarbeitung ihrer Daten nach Art. 21 EU-DSGVO zu widersprechen. Auch müssten die AöRs durch sog. Verarbeitungsverzeichnisse (Art. 30 EU-DSGVO) jederzeit in der Lage sein, ggü. der Aufsichtsbehörde - in NRW der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit - nachzuweisen, dass sie datenschutzkonform handeln.

Thema des zweiten Vortrags waren die aktuellen Änderungen im Vergaberecht. Dr. Johannes Osing, Städte- und Gemeindebund NRW, ging auf die Neuregelungen bei der Unterschwellenvergabeordnung und dem Tariftreue- und Vergabegesetz ein. Das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung NRW (MHKBG) habe Ende Februar einen Entwurf für eine Änderung von § 25 Gemeindehaushaltsverordnung sowie eine Neufassung der kommunalen Vergabegrundsätze vorgelegt. Der Anwendungsbereich der kommunalen Vergabegrundsätze werde nicht verändert, für die AöR stehe in § 8 ein entsprechender Verweis. So erkläre Ziffer 4.1 für Bauleistungen wie gehabt die Teile A (Abschnitt 1), B und C der Vergabeordnung für Bauleistungen (VOB) in der jeweils aktuellen Fassung für maßgeblich.

Neu sei allerdings, dass diese auch im Unterschwellenbereich verpflichtend einzuhalten sein sollen. Bauaufträge bis zu einem Wert von 3.000 Euro können vergabefrei direkt in Auftrag gegeben werden. Bei Aufträgen über Liefer- und Dienstleitungen unterhalb der EU-Schwellenwerte sei künftig die UVgO in der jeweils gültigen Fassung (verpflichtend) anzuwenden, Ziffer 5. Es bestehe auch die Pflicht, im Unterschwellenbereich ab dem 01.01.2019 elektronische Angebote zu akzeptieren bzw. zum 01.01.2020 die vollständige E-Vergabe einzuführen (§ 38 Abs. 2, 3 UVgO). Eine Ausnahme hiervon bestehe bis zu einem Auftragswert von 25.000 Euro.

Zum neuen TVGG NRW berichtete Dr. Osing, dass das Gesetz im Rahmen des Entfesselungspakets I auf vier Paragrafen zusammengestrichen worden ist. Das neue TVGG NRW enthalte nur noch eine Pflicht zur Einhaltung von Tarifverträgen und des Mindestlohns, der dem MiLoG entspreche. Neuer Schwellenwert seien 25.000 Euro (ohne USt.). Öffentliche Auftraggeber müssten Vertragsbedingungen verwenden, durch die die beauftragten Unternehmen verpflichtet würden, die Vorgaben einzuhalten, dem öffentlichen Auftraggeber ein Recht zur Kontrolle und zur Prüfung der Einhaltung der Vorgaben. Die Landesregierung habe hierzu ein entsprechendes Muster zur Verfügung gestellt unter www.vergabe.nrw.de/aktuelles/reformiertes-tariftreue-und-vergabegesetz-des-landes-nordrhein-westfalen-tvgg-nrw . Das Gesetz sei seit dem 30.03.2018 in Kraft.

Im Anschluss referierte Wolfgang Baum, ENNI Stadt & Service Niederrhein AöR, Moers, über ein von der ENNI durchgeführtes Projekt „Breitbandentwicklung für die Wir 4-Region durch die ENNI AöR“. Hierzu wurde der Anstaltszweck der ENNI erweitert um die Koordination, Planung und Umsetzung von Breitband-, Digital- und E-Mobilitätsinfrastruktur. Der Ausbauumfang (100 MBit synchron gleich FTTB/fibre to the basement) umfasse 800 Kilometer Glasfaser, 80 Kilometer Leerrohre, 200 Kabelverzweiger mit dem Ziel, 4.000 Haushalte, 350 Gewerbeimmobilien und 60 Schulen zu versorgen. Herr Baum berichtete über die Stellung des Förderantrags und die Ausschreibung der Maßnahme durch die ENNI. Der Abschluss der Maßnahme durch ein TK-Unternehmen werde voraussichtlich im 3. Quartal 2020 vorliegen. Darüber hinaus berichtete Herr Baum über die Aufgaben der Breitbandkoordination sowie beispielhafte Themen der Digitalisierung der ENNI-Gruppe.

Sodann fasste Hauptreferentin Anne Wellmann, Städte- und Gemeindebund NRW, die Ergebnisse der Abfrage „Förderberechtigung der AöR“ zusammen. Die Richtlinie „Förderung des kommunalen Straßenbaus“ sehe nur vor, dass die Gemeinde selbst unmittelbar förderberechtigt sei. Probleme entstünden dann, wenn die Gemeinde die Aufgabe des Straßenbaus auf die AöR übertrage. Diese könne selbst keine Fördermittel beantragen. Es gebe aber die Möglichkeit der Weiterleitung von Zuwendungen. Dann müsse im Zuwendungsbescheid vorgesehen sein, dass die Gemeinde die Zuwendung zur Erfüllung des Zuwendungszwecks an Dritte weiterleiten darf, außerdem sei bei der Bewilligung festzulegen, unter welchen Voraussetzungen die Gemeinde die Beträge weiterleiten darf und wie die zweckentsprechende Verwendung dem Zuwendungsempfänger nachzuweisen ist.

Hierbei sei sicherzustellen, dass die maßgebenden Bestimmungen des Zuwendungsbescheides (einschließlich der Nebenbestimmungen), soweit zutreffend, auch dem Dritten auferlegt werden. Ist die Aufgabe hingegen nur zur Erfüllung übertragen, habe es bisher keine Probleme gegeben, da die Gemeinde selbst die Fördermittel beantragt und die AöR mit der Durchführung beauftragt habe. In diesem Fall ist jedoch darauf zu achten, dass die Mitarbeiter und der Vorstand der AöR im Rahmen der Vermögenseigenschadensversicherung zu Vertrauenspersonen der Stadt erklärt würden, damit Dienstpflichtverletzungen von Mitarbeitern der AöR von der Vermögenseigenschadensversicherung der Stadt mit umfasst werden.

Schließlich stellte Claudia Koll-Sarfeld, Kommunal Agentur NRW, das bei der Kommunal Agentur angesiedelte Online-Portal Interkommunale Zusammenarbeit vor, das sich als Marktplatz für Ideen versteht und das u. a. Best Practice-Beispiele vorstellt.

Die Vorträge der Herren Janzen, Dr. Osing, Baum sowie von Frau Koll-Sarfeld sind von StGB NRW-Mitgliedskommunen im Mitgliederbereich des StGB NRW-Internetangebots unter Rubrik Fachinfo und Service > Fachgebiete > Finanzen und Kommunalwirtschaft > Mitgliederbereich > Anstalt des öffentlichen Rechts abrufbar. Der nächste Erfahrungsaustausch findet auf Einladung von Vorstand Gerd Schiffer, Stadtservicebetrieb Brühl - AöR, am 09.10.2018, in Brühl, statt.

Az.: 28.0-003/003 we

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