Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 481/2010 vom 11.11.2010

DStGB-Position "Zehn Argumente für die Gewerbesteuer"

Im Zusammenhang mit der Gemeindefinanzkommission hatte Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble die Präsidenten und Hauptgeschäftsführer der kommunalen Spitzenverbände am 3. November 2010 zu einem „Gedankenaustausch“ eingeladen. Die Ergebnisse dieses Gesprächs wurden den StGB NRW-Mitgliedskommunen mit Schnellbrief 136/2010 vom 10.11.2010 mitgeteilt. Angesichts der vermutlich bevorstehenden Positionierung des Bundes zur Gewerbesteuer und der Vorschläge aus Bayern, die Hinzurechnungen bei der Gewerbesteuer zu streichen, hat der DStGB die zentralen Argumente für die Gewerbesteuer und das Kommunalmodell noch einmal zusammengestellt. 

Das Papier ist nachstehend im Wortlaut wiedergegeben:

„Zehn Argumente für die Gewerbesteuer und das Kommunalmodell

In der Gemeindefinanzkommission soll — auf Vorschlag der Bundesregierung — nach Wegen gesucht werden, die Gewerbesteuer durch eine andere Steuerquelle zu ersetzen. Der DStGB lehnt diesen Versuch ab — alle bisher vorgelegten Alternativen haben sich als untauglich erwiesen!

Im Gegenzug haben die kommunalen Spitzenverbände vorgeschlagen, die Gewerbesteuer weiter zu stärken. Diesem Ziel dient das Kommunalmodell; konkret sollen damit die Hinzurechnungen ausgeweitet und die sog. Freien Berufe in die Gewerbesteuer einbezogen werden.  

Schließlich gibt es einzelne Stimmen, die vorschlagen, die Hinzurechnungen bei der Gewerbesteuer zu streichen. Auch diesen Weg lehnt der DStGB ab — wer die Hinzurechnungen streicht, legt Hand an das Fundament der Gewerbesteuer, sorgt für erhebliche Steuerausfälle der Gemeinden und ermöglicht Steuergestaltungen, die neben den Gemeinden auch die Haushalte von Bund und Ländern belasten.  

1. Gewerbesteuer wächst dynamisch

Die schwierige finanzielle Lage der Kommunen resultiert aus dem zunehmenden Auseinanderdriften von Einnahmen und Ausgaben. Die Steuereinnahmen sind -  bedingt durch erhebliche Änderungen des Steuerrechts und durch die Wirtschaftskrise - deutlich zurückgegangen. Dieser Rückgang soll nun als Argument für die Abschaffung der Gewerbesteuer dienen. Das wäre fatal, denn die Gewerbesteuer gehört zu den dynamischsten Steuerarten, die wir haben! Auch aktuell wächst das Aufkommen aus der Gewerbesteuer wieder deutlich an.  

2. Gewerbesteuer schafft Band zwischen Kommunen und Wirtschaft

Mit der Gewerbesteuer ist sichergestellt, dass die Kommunen ein Interesse an der Ansiedlung und am Erhalt von Unternehmen haben. Das ist vor allem dann nicht selbstverständlich, wenn mit der Unternehmensansiedlung Belastungen für die Wohnbevölkerung einhergehen, etwa in Form erhöhten Verkehrsaufkommens oder durch Geruchsbelästigung. Ohne die Aussicht der Gemeinde auf Gewerbesteuereinnahmen wird die Standortsuche für verkehrs- und umweltbelastende Betriebe noch schwieriger. 

3. Gewerbesteuer sichert gute Standortbedingungen

Die Gewerbesteuerlast ist nur ein Baustein im Rahmen unternehmerischer Standortentscheidungen. Entscheidend für die Ansiedlung eines Unternehmens ist vielmehr, eine gut ausgebaute Infrastruktur und damit einen einfachen Zugang zu den Märkten, qualifiziertes Personal sowie ein positives Lebensumfeld für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vorzufinden. Dieses Interesse der Besteuerten an der gemeindlichen Infrastruktur begründet damals wie heute die Erhebung der Gewerbesteuer.

4. Verbreiterung der Bemessungsgrundlage sichert deutsche Steuereinnahmen

Über steuerliche Gestaltungen können Gewinne in Niedrigsteuerländer verlagert werden, so wenn Firmen ihren ausländischen Konzernmüttern besonders hohe Mieten oder Lizenzentgelte zahlen. Auf diesem Weg wird der zu versteuernde Gewinn aus Deutschland in Niedrigsteuerländer verlagert. Die Hinzurechnungen helfen, derartige Gewinnverschiebungen in steuergünstigere Länder zu verhindern; die zielgerichtete Umwandlung zu versteuernder Unternehmensgewinne in Zahlungen von Zinsen, Mieten, Leasingraten und Lizenzentgelten wird so weniger lukrativ. Das sichert deutsches Steueraufkommen.

5. Hinzurechnungen tragen zur Stabilisierung der Volkswirtschaft bei

Für die Gemeinden wirken sich die Hinzurechnungen stabilisierend auf das Gewerbesteueraufkommen aus. Sie stellen zudem sicher, dass Fremdkapitalfinanzierung nicht steuerlich gegenüber Eigenkapitalfinanzierung privilegiert wird. Das verhindert künstlich hohe Fremdkapitalanteile und -vergütungen. Damit tragen die Hinzurechnungen letztlich zu einer besseren Eigenkapitalausstattung deutscher Unternehmen bei und leisten so einen wichtigen Beitrag zur Krisenfestigkeit unserer Volkswirtschaft. 

6. Kommunale Aufgabenverantwortung auch in Krisenzeiten

Hohe Freibeträge und die Möglichkeit des Verlustvortrags stellen zudem sicher, dass Unternehmen auch in Krisenzeiten nicht durch die Hinzurechnungsbesteuerung bei der Gewerbesteuer in finanzielle Bedrängnis geraten. Zudem werden auch andere Steuern und Abgaben ohne Rücksicht auf die wirtschaftliche Lage des Betriebes erhoben, etwa die Umsatzsteuer und die Verbrauchsteuern. Die Gewerbesteuer ist eine Gegenleistung für die gemeindliche Infrastruktur. Zur Finanzierung der gemeindlichen Leistungen müssen die Unternehmen einen Beitrag leisten - in guten wie in schlechten Zeiten. Die Feuerwehr muss auch dann fahren, wenn es einem Unternehmen schlecht geht.

7. Kommunale Infrastruktur nutzt auch den Freiberuflern

Auch Freiberufler nehmen die kommunale Infrastruktur in Anspruch. Bezieht man sie  in die Gewerbesteuer ein, erhöht sich die Anzahl der Steuerzahler vor Ort deutlich. Insbesondere wird so die kommunale Steuerbasis auch wirtschaftlich schwächerer Kommunen gestärkt. Übrigens unterliegen Freiberufler, die sich als  Kapitalgesellschaft organisiert haben, bereits heute der Gewerbesteuerpflicht. Schon aus Gründen der Steuergerechtigkeit ist es schwer verständlich, dass alle anderen Freiberufler keine Gewerbesteuer zahlen. 

8. Bild der Freien Berufe hat sich gewandelt

Die Privilegierung der Freien Berufe in der gegenwärtig praktizierten Form ist überkommen. Die Zeiten, in denen sich ihre Sonderstellung mit bestimmten idealtypischen Besonderheiten des Berufs begründen ließ (begrenztes  Gewinnstreben, nur eingeschränkter Kapital- und Personaleinsatz), sind lange vorbei. Das gilt umso mehr, als sich die überlieferten Berufsbilder auch außerhalb des Steuerrechts verändern, wenn man etwa an die Lockerung von Werbeverboten denkt. 

9. Kommunalmodell beendet Abgrenzungsschwierigkeiten 

Die Gewerbesteuerbefreiung einzelner Branchen oder Berufe löst Ausweichreaktionen der Steuerpflichtigen aus. Zudem führt die Abgrenzung zwischen gewerblichen und nichtgewerblichen Tätigkeiten in der Steuerpraxis zu großen Schwierigkeiten und unzähligen Gerichtsverfahren. Ein Einbezug der Freien Berufe in die Gewerbesteuer wäre somit ein bedeutender Beitrag zur Vereinfachung des Steuerrechts. Die Angehörigen der Freien Berufe können Gewerbesteuerzahlungen an die Gemeinde grundsätzlich mit ihrer Einkommensteuerschuld verrechnen, so dass die Ausweitung der Gewerbesteuerpflicht zu keiner unerträglichen Mehrbelastung führt. 

10. Standort Deutschland nicht schlechtreden!

Die Steuerbelastung durch die Gewerbesteuer darf gerade im internationalen Vergleich nicht isoliert von anderen Steuern und Abgaben betrachtet werden. Für ein Unternehmen zählt die Steuer- und Abgabenbelastung insgesamt. Auch die Hinzurechnungen als ertragsunabhängige Elemente der Unternehmensbesteuerung gefährden nicht die internationale Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. Kombinationen aus ertragsabhängigen und ertragsunabhängigen Steuern sind international üblich.  Über eine Stärkung der Hinzurechnungen und den Einbezug der Freiberufler können die Steuersätze gesenkt und damit die Position Deutschlands im Steuerwettbewerb verbessert werden.“ 

Das Papier kann im Internet unter http://www.dstgb.de/dstgb/Gewerbesteuer_nov10.pdf heruntergeladen werden.

Az.: IV/1 932-00/2

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