Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 655/2012 vom 29.10.2012

Dichtheitsprüfung bei privaten Abwasserleitungen

Die NRW-Landesregierung hat mit Presseinformation vom 24.10.2012 mitgeteilt, in welcher Weise eine Änderung des § 61 a LWG NRW (Dichtheitsprüfung bei privaten Abwasserleitungen) vorgesehen ist. Ein entsprechender Gesetzentwurf zur Änderung des § 61 a LWG NRW (Dichtheitsprüfung bei privaten Abwasserleitungen) wurde bislang noch nicht in den Landtag eingebracht. Es sind folgende Änderungen vorgesehen:

  1. In Wasserschutzgebieten sollen die geltenden erstmaligen Prüffristen bis zum 31.12.2015 beibehalten werden. Dieses soll gelten für die Erstprüfung von bestehenden Abwasserleitungen, die vor dem 01.01.1965 (häusliches Abwasser) bzw. vor dem 01.01.1990 (industrielles oder gewerbliches Abwasser) errichtet worden sind. Alle anderen Abwasserleitungen in Wasserschutzgebieten sollen bis zum 31.12.2020 geprüft werden.
  2. Außerhalb von Wasserschutzgebieten sollen weiterhin bis zum 31.12.2020 solche bestehenden Abwasserleitungen geprüft werden, die industrielles oder gewerbliches Abwasser führen, wenn für dieses industrielle oder gewerbliche Abwasser Anforderungen in den Anhängen der Abwasser-Verordnung des Bundes festgelegt sind.
  3. Für alle anderen privaten Abwasserleitungen außerhalb von Wasserschutzgebieten sollen die Prüffristen komplett entfallen. Hier sollen die abwasserbeseitigungspflichtigen Gemeinden in ihrer örtlichen Kompetenz durch Satzung unter bestimmten Voraussetzungen Fristen für die erstmalige Prüfung von bestehenden Abwasserleitungen festlegen und sich Prüfbescheinigungen vorlegen lassen können, d. h. es wird keine landesgesetzliche Frist mehr geben.
  4. Die Städte und Gemeinden sollen weiterhin die Grundstückeigentümer/innen über die Durchführung der Funktionsprüfung bei privaten Abwasserleitungen unterrichten und beraten.

Auf dieser Grundlage soll nunmehr ein Gesetzwurf zur Änderung des LWG erarbeitet werden. In diesem Gesetzentwurf wird § 61 a LWG NRW komplett gestrichen. Zugleich soll in § 60 LWG NRW eine Ermächtigung zum Erlass einer Rechtsverordnung geregelt werden. Diese Rechtsverordnung wird vom Umweltministerium NRW erarbeitet und voraussichtlich aus 2 Teilen bestehen:

  • Teil 1: Integration der heutigen Selbstüberwachungs-Verordnung Kanal NRW in die neue Verordnung
  • Teil 2: Selbstüberwachung privater Abwasserleitungen (mit Anforderungen an die Prüfung und die Sachkunde von Sachkundigen, welche die Prüfung durchführen und auf der Grundlage einer Muster-Prüfbescheinigung das Ergebnis der Prüfung dokumentieren).

In der Verordnung soll auch festgeschrieben werden, dass für die Funktionsprüfung bei privaten Abwasserleitungen die technischen Regelwerke DIN 1986 Teil 30 und DIN  EN 1610 als allgemein anerkannte Regeln der Technik gelten.

Außerdem soll festgelegt werden, dass bei einsturzgefährdeten Abwasserleitungen (Schadensklasse A gemäß DIN 1986 Teil 30) grundsätzlich eine kurzfristige Sanierung erforderlich ist. Bei mittelgroßen Schäden (Schadensklasse B gemäß DIN EN 1986 Teil 30) soll die Abwasserleitung grundsätzlich in einem Zeitraum von 10 Jahren saniert werden. Bei Bagatellschäden (Schadensklasse C gemäß DIN 1986 Teil 30) soll eine Sanierung in der Regel vor der Wiederholungsprüfung nicht erforderlich sein. Die kommunalen Spitzenverbände haben bereits ihre Mithilfe bei der Erstellung der Rechtsverordnung angeboten.

Die kommunalen Spitzenverbände hatten weiterhin in ihrem Positionspapier vom 13.01.2012 deutlich herausgestellt, dass für alle Grundstücke in gleicher Art und Weise unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) eine Prüfpflicht zu regeln ist. Das Positionspapier vom 13.01.2012 ist durch die kommunalen Spitzenverbände, neben dem Herrn Umweltminister Remmel, auch der Ministerpräsidentin, Frau Hannelore Kraft, mit Datum vom 27.06.2012 nochmals übermittelt worden.

Die nunmehr angedachte Regelung trägt dem Positionspapier der kommunalen Spitzenverbände zwar nicht in vollem Umfang Rechnung. Sie ist aber geeignet, die Diskussion über das Thema endlich auf eine sachliche Grundlage zurückzuführen. Alle Grundstückeigentümer werden auf der Grundlage des § 61 Wasserhaushaltsgesetz des Bundes (WHG) weiterhin in die Pflicht genommen, ihre privaten Abwasserleitungen selbst auf Funktionstüchtigkeit zu überprüfen. Insoweit wird dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz) Rechnung getragen. Die kommunalen Spitzenverbände hatten sich auch dafür eingesetzt, dass die Zuständigkeit für die Prüfung nicht auf die Gemeinden übertragen wird.

Die kommunalen Spitzenverbände konnten ebenso erreichen, dass die Pflicht zur Funktionsprüfung nicht davon abhängig gemacht wird, ob Ein- und Zweifamilienhäuser betroffen sind oder auf einem Grundstück eine bestimmte Schmutzwassermenge pro Jahr anfällt, denn derartige Differenzierungen sind unter dem Gesichtspunkt des Gewässer- und Grundwasserschutzes und des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz) nicht begründbar. Begründbar ist hingegen, dass gesetzliche Prüffristen für Grundstücke in Wasserschutzgebieten und bei der Ableitung von industriellem oder gewerblichen Abwasser bezogen auf die Anhänge der Abwasserverordnung des Bundes vorgegeben werden, weil hier dem Gewässer- und Grundwasserschutz ein besonderer Stellenwert zukommt.

Gleichwohl steht nicht zu erwarten, dass die beabsichtigte Neuregelung immer zur Befriedung vor Ort beitragen kann. Denn es wird Grundstückseigentümer geben, die auch außerhalb von Wasserschutzgebieten eine Dichtheitsprüfung und gegebenenfalls eine Sanierung ihrer privaten Abwasserleitungen bereits durchgeführt haben, weil die gesetzliche Prüfpflicht seit dem 01.01.1996 (damals: § 45 LBauO NRW a. F.) gültiges Landesrecht war und zum 31.12.2007 durch die schwarz-gelbe Landesregierung in den heutigen § 61 a LWG NRW überführt worden ist. Den abwasserbeseitigungspflichtigen Städten und Gemeinden wird jedenfalls in den Gebieten, wo es zukünftig keine landesgesetzliche Prüfpflicht mehr geben soll, auferlegt, selbst Prüffristen durch Satzung zu regeln. Insoweit wird die Verantwortung auf die Städte und Gemeinden vor Ort abgewälzt.

Angemerkt sei schließlich, dass die derzeitige Regelung des § 61 a LWG NRW als verfassungsgemäß angesehen werden kann. Ein vom Umweltministerium NRW in Auftrag gegebenes Gutachten von Herrn Prof. Dr. Dr. Wolfgang Durner L.L.M (Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn) vom 01.06.2012 kommt zu dem Ergebnis, dass eine Kompetenz des Landesgesetzgebers zum Erlass des § 61 a LWG NRW gegeben ist. § 61 a LWG NRW konkretisiert insoweit den § 61 WHG. Eine Sperrwirkung des Bundesrechtes besteht insoweit für § 61 a LWG NRW nicht.

Ebenso wird durch § 23 Abs. 3 WHG deutlich gemacht, dass der Landesgesetzgeber eine eigene gesetzliche Regelung treffen kann, wenn der Bund eine konkretisierende Rechtsverordnung im Hinblick auf gesetzliche Regelungen im Wasserhaushaltsgesetz nicht erlässt. In Anbetracht dessen wird durch das vorstehende Gutachten das Rechtsgutachten des parlamentarischen Beratungs- und Gutachterdienstes des Landtages vom 03.02.2012 nicht bestätigt. Dieses Gutachten hatte ohnehin die Neuregelung in § 23 Abs. 3 WHG nicht berücksichtigt, die bereits im Oktober 2011 in Kraft getreten war.

Den Städten und Gemeinden wird empfohlen, zunächst abzuwarten, wie endgültig die gesetzliche Neuregelung aussehen wird. In der Zwischenzeit sollte kein Grundstückseigentümer aufgefordert werden, bei bestehenden Abwasserleitungen, die noch nicht auf Dichtheit geprüft worden sind, Prüfungen durchzuführen.Die Geschäftsstelle wird über den Fortgang berichten.

Az.: II/2 24-30 qu-ko

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