Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 502/2016 vom 24.08.2016

Dialogprozess zum Grünbuch Energieeffizienz

Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) hat den öffentlichen Dialogprozess zum Grünbuch Energieeffizienz eingeleitet. Dieses formuliert Leitfragen und Thesen zu den zentralen Herausforderungen und Handlungsansätzen für die langfristige Senkung des Energieverbrauchs.

Für Diskussion sorgt derweil der im Grünbuch enthaltene Vorschlag, die Benzinpreise an den Tankstellen durch eine Indexierung der Steuersätze quasi festzuschreiben, um einen gleichmäßigen Anreiz zur Senkung der Energieverbrauchs zu setzen und die zusätzlichen Erträge aus höheren Steuereinnahmen für die Förderung der Energieeffizienz zu verwenden. Neben den Zweifeln die Ökonomen gegen das Funktionieren dieses Modell vorbringen, sind aus kommunaler Sicht die Auswirkungen auf den ländlichen Raum zu beachten. Insbesondere Pendler wären von der vorgeschlagenen Indexierung betroffen - damit indirekt auch die Attraktivität des ländlichen Raumes als Lebensmittelpunkt.

Mit dem Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz (NAPE) wurden bereits im Dezember 2014 neue Anreize für Effizienzinvestitionen durch eine Vielzahl von Einzelmaßnahmen und weiterführenden Arbeitsprozessen geschaffen. Die ambitionierten Ziele des Energiekonzepts geben aber vor, dass das Tempo weiterhin gesteigert wird und die bestehenden Energieeffizienzpotenziale noch besser genutzt werden müssen. Bereits jetzt muss daher eine weitergehende, mittel- bis langfristige Energieeffizienzstrategie mit einem Zeithorizont bis 2050 definiert werden. Deshalb hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) am 12. August 2016 eine öffentliche Konsultation zum „Grünbuch Energieeffizienz“ gestartet.

Leitfragen und Thesen

Das Grünbuch Energieeffizienz formuliert Leitfragen und Thesen zu den zentralen Handlungsfeldern und Herausforderungen für die langfristige Senkung des Energieverbrauchs. Dies dient dazu, den Dialog auf die wichtigsten Aspekte in den folgenden fünf Handlungsfeldern zu fokussieren:

  • Efficiency First: Wie kann das Grundprinzip des Vorrangs der Energieeffizienz konkret in Planungs- und Steuerungsprozessen der Energiepolitik und des Energiemarktes angewandt werden?
  • Weiterentwicklung des Instrumentariums: Wie kann das heutige Instrumentarium der Energieeffizienzpolitik weiterentwickelt werden, um das Ziel einer Halbierung des Primärenergieverbrauchs bis 2050 zu erreichen? Wie kann grundlegenden Herausforderungen und aktuellen Entwicklungen begegnet werden?
  • Energieeffizienz-Politik auf europäischer Ebene: Wie entwickelt sich der europäische Rahmen für Effizienzpolitik und wie kann eine effektive Aufgabenteilung zwischen europäischer und nationaler Ebene erreicht werden?
  • Sektorkopplung: Wenn wachsende Anteile von erneuerbaren Energien im Stromsektor für die weitgehende Dekarbonisierung in anderen Sektoren genutzt werden: Welche Anforderungen sind für einen energieeffizienten Einsatz aus Strom aus erneuerbaren Energien in Abwägung mit anderen Dekarbonisierungsoptionen zu formulieren?
  • Digitalisierung: Welche Herausforderungen und Chancen bietet der Einsatz digitaler Technologien für die Steuerung von Energieverbrauch und -erzeugung? Wie werden „digitale Geschäftsmodelle“ den Energiemarkt verändern, und was bedeutet dies für die Energieeffizienz-Politik?

Konsultationsprozess

Der Konsultationsprozess besteht u. a. aus den folgenden Elementen:

  • Online-Konsultation: Alle interessierten Bürgerinnen und Bürger und alle betroffenen Kreise haben die Möglichkeit, bis zum 31. Oktober 2016 über www.gruenbuch-energieeffizienz.de ihre Stellungnahmen zum BMWi-Grünbuch zu übermitteln.
  • Energiewende Plattform Energieeffizienz: In den Plattformen Energieeffizienz und Gebäude wird mit den Teilnehmern eine Diskussion zum Grünbuch erfolgen.
  • Regionalveranstaltungen zum Grünbuch, über die das BMWi auf der Internetseite www.gruenbuch-energieeffizienz.de informieren wird.

Nach Abschluss der Konsultationsphase wird das BMWi Ende 2016 einen Bericht zum Dialogprozess vorlegen. Auf dieser Basis werden Schlussfolgerungen und Handelsempfehlungen für eine mittel- und langfristige Effizienz-Strategie erarbeitet und in einem „Weißbuch Energieeffizienz“ des BMWi gebündelt.

"Atmende" Energiesteuer

Für Diskussion hat insbesondere der im Grünbuch formulierte Vorschlag des Wirtschaftsministeriums gesorgt, die Benzinpreise an den Tankstellen durch eine Indexierung der Steuersätze quasi festzuschreiben. Sinken beispielsweise die Rohölpreise, würde nach diesem Modell die Mineralölsteuer steigen, während der Benzinpreis unverändert bliebe.

Bei höheren Preisen würde die Steuer entsprechend sinken. Dies hätte laut BMWi den Vorteil, dass der Anreiz zur Senkung des Energieverbrauchs mit jeder verbrauchten Energieeinheit gleich hoch bleibt. Hintergrund ist der derzeit niedrige Ölpreis, der wenig Anreize bietet, Energie zu sparen oder auf erneuerbare Energien umzusteigen. Die zusätzlichen Erträge aus den höheren Steuereinnahmen könnten der Förderung der Energieeffizienz zu Gute kommen.

Nach einem Artikel in der Welt vom 17. August 2016 kommen Ökonomen zu unterschiedlichen Einschätzungen hinsichtlich der Wirksamkeit des Vorschlages. Autofahrer reagierten nur geringfügig auf höhere Preise an Zapfsäulen, sagt Thomas Puls vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln. Eine Steuer, die den Spritpreis künstlich hoch halte, würde nicht unmittelbar zu weniger Verbrauch bei den Autofahrern führen. Gernot Klepper vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel hingegen hält den Ansatz für grundsätzlich richtig, um für höhere Energiepreise zu sorgen.

Dies wäre aus Sicht von Klepper ein klares Signal, dass es sich nicht lohnt, auf weiterhin niedrige Ölpreise zu spekulieren. Langfristig müssten die Energiepreise nicht nur stabil sein, sondern steigen. Dagegen befürwortet Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) den Vorschlag, weil er das Gelingen der Energiewende unterstütze. Sie schlägt vor, mit den zusätzlichen Einnahmen beispielsweise Kaufprämien für Autos mit alternativen Antrieben zu fördern.

Aus kommunaler Sicht wären zusätzliche Mittel für die Förderung von Autos mit alternativen Antrieben und zur Förderung der für die E-Mobilität wichtigen (Schnell-)Ladeinfrastruktur grundsätzlich zu begrüßen. Allerdings sind neben den Zweifeln der Ökonomen an der Funktionsfähigkeit des Modells auch regionalpolitische Einwände angebracht. Die Menschen im ländlichen Raum sind besonders stark auf das Auto angewiesen, etwa bei Fahrten zu Arbeits- und Ausbildungsstätten. Insofern würde sie eine atmende Energiesteuer, die über die Zapfsäule funktioniert, in besonderem Maße treffen.

Im Ergebnis könnte ein solches Modell mithin Auswirkungen auf die Wohnortwahl bzw. den Verbleib im ländlichen Raum haben und die Attraktivität ländlicher Räume weiter schwächen. Steuererleichterungen, etwa zur Förderung alternativer Antriebe oder auch zum Aufbau von Ladeinfrastruktur hätten dagegen den Vorteil, dass sie eine neutrale Wirkung haben, was den jeweiligen Wohnsitz anbelangt.

Im Übrigen würde ein solches Modell auch ökonomische Anreize bei den Mineralölkonzernen setzen. Diese könnten das Delta bis zum Preis, der nicht unterschritten werden darf, für Mitnahmeeffekte nutzen, von denen weder der Staat noch die Energiewende profitieren würde.

Az.: 28.6.1-002/003 we

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