Mitteilungen - Recht, Personal, Organisation

StGB NRW-Mitteilung 599/2012 vom 12.11.2012

Demografiegipfel und Startschuss für Dialogprozess

Im Anschluss an die im Frühjahr erfolgte Vorstellung einer Demografiestrategie demonstrierte die Bundesregierung auf dem Demografiegipfel am 4. Oktober 2012 vor 650 geladenen Gästen, dass sie das Thema „Demografischer Wandel“ ernsthaft anpacken und hierzu die relevanten gesellschaftlichen Gruppen an einen Tisch bringen will. Mit Beteiligung von DStGB und anderen Verbänden sollen Arbeitsgruppen in sechs Handlungsfeldern neun Schwerpunktthemen vertiefen und bis 2013 hilfreiche Wege zum Umgang mit Folgen des demografischen Wandels aufzeigen.

Teilnehmer aus Kommunen schwankten am Rande des Gipfels zwischen gedämpften Erwartungen angesichts des bevorstehenden Wahljahres und der Hoffnung auf ernsthafte Erörterungen einer breit angelegten Agenda, da sich vor Ort Demografiefolgen bereits deutlich abzeichnen und der Bedarf für einen tiefgreifenden Wandel in Recht und Praxis sichtbar wird. Bürgermeister Roland Schäfer hat als Präsident des DStGB die kommunalen Positionen in die Arbeitsgruppe „Sicherung der Daseinsvorsorge und Stärkung der regionalen Wirtschaftskraft“ eingebracht. Der DStGB tritt u.a. für eine modernisierte Förderarchitektur und für die DStGB-„Agenda 2020“ ein.

Auf dem Demografiegipfel wurden die Arbeitspläne von sechs Arbeitsgruppen zur Diskussion gestellt. Aus dem Publikum wurden neben inhaltlichen Fragen im Kontext der Demografiestrategie auch Fragen der Finanzierung und der Konnexität angesprochen, die laut Arbeitsgruppenleitern ebenfalls in die Agenda mancher Arbeitsgruppen aufgenommen werden sollen. Allerdings stellte Bundesinnenminister Friedrich klar, dass mit Blick auf die Umsetzung einer gemeinsamen Demografiestrategie niemand erwarten soll, dass der Bund ein „Füllhorn“ ausschütten werde. Auch Bundeskanzlerin Merkel machte deutlich, es ginge bei diesem Prozess weniger um Förderprogramme als vielmehr darum, gute Praxis sichtbar zu machen und gut zu kommunizieren, das Zusammenwirken der staatlichen Ebenen und der gesamtgesellschaftlichen Akteure anzustoßen bzw. auszubauen.

Die Leiter der Arbeitsgruppen skizzierten zu dem nun eröffneten Dialogprozess kurz die wesentlichen Inhalte der Agenda. So sollen Arbeitsgruppen in sechs Handlungsfeldern folgende neun Schwerpunktthemen vertiefen und sich hierzu auf möglichst konkrete Ergebnisse verständigen:

Handlungsfeld: Familie als Gemeinschaft stärken

1. Thema: Familie als Gemeinschaft stärken
Die Familie steht im Mittelpunkt der Demografiestrategie. Ziel ist die Wahlfreiheit für Eltern und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie die Gleichberechtigung von Frauen und Männern in Familie und Beruf zu fördern. Familien brauchen mehr Zeit für Verantwortung und Fürsorge. Dazu soll die flexible Zeitgestaltung von Familien erleichtert werden durch eine familienbewusstere Arbeitswelt, zeitpolitische Initiativen in der Arbeitswelt und auf lokaler Ebene und durch familienunterstützende, haushaltsnahe Dienstleistungen.

Handlungsfeld: Motiviert, qualifiziert und gesund arbeiten

2. Thema: Motiviert, qualifiziert und gesund arbeiten
Schaffung einer Kultur für ein längeres Arbeiten in der Gesellschaft. Ziel ist die Gesundheit am Arbeitsplatz zu erhalten und zu fördern. Hierfür wird ein Gesamtkonzept zur Förderung eines gesunden und produktiven Arbeitslebens unter anderem mit den Aspekten Gesundheitsförderung, Arbeitsschutz, Weiterbildung mit Schwerpunkt auf Weiterbildungsallianzen und mit Konzepten für begrenzte Arbeitszeitverringerung und flexible Arbeitszeitorganisation durch Wertguthaben entwickelt.

Handlungsfeld: Selbstbestimmtes Leben im Alter

3. Thema: Selbstbestimmtes Leben im Alter
Um den Menschen bei steigender Lebenserwartung ein selbstbestimmtes Leben im Alter zu ermöglichen, sollen die Aktivität im Alter gefördert und das Leitbild der „Sorgenden Gemeinschaften“ im Dialog mit den verantwortlichen Akteuren etabliert werden. Thematisiert werden zukunftsweisende Formen der bürgerlichen Mitverantwortung und Teilhabe sowie vorbildliche kommunale beziehungsweise regionale Strukturen und Angebote für ein selbstbestimmtes Leben im Alter einschließlich der Betreuung und Begleitung hilfe- und pflegebedürftiger Menschen.

Hierzu ist die Entwicklung eines strategischen Konzepts "Selbstbestimmtes Altern" geplant, das u.a. auch ein selbstbestimmtes Wohnen im vertrauten Umfeld und Mobilität im Alter umfasst. Darüber hinaus soll gesellschaftliche Teilhabe im Alter ermöglicht und das Engagementpotenzial aktiviert werden, u.a. durch Flexibilisierung der Übergänge zwischen Erwerbs- und Nacherwerbsphase, Unterstützung von Bildung im Alter, Verbreitung vorbildlicher Modelle für das Engagement aller Menschen und einen flächendeckenden Aufbau generationenübergreifender Begegnungsstätten.

4. Thema: Allianz für Menschen mit Demenz
Menschen mit Demenz brauchen besondere Zuwendung, pflegende Angehörige Unterstützung und Ehrenamtliche Stärkung ihres Engagements. Zur Unterstützung regionaler Wissens- und Hilfenetzwerke soll eine Allianz für Menschen mit Demenz auf Bundesebene ins Leben gerufen werden.

Handlungsfeld: Lebensqualität in ländlichen Räumen und integrative Stadtpolitik

5. Thema: Nationaler Koordinierungsrahmen — Regionen stärken
Regionen und Städte sind sehr unterschiedlich von demografischen Veränderungen betroffen. Die Arbeitsgruppe wird daher mit der Schaffung einer „Gebietskulisse demografischer Wandel“ befassen. Um die Lebensqualität und die Entwicklungschancen für alle Menschen in besonders vom demografischen Wandel betroffenen Regionen zu sichern, soll untersucht werden, ob neue  Unterstützungsmöglichkeiten für diese Regionen entwickelt werden müssen und wie das bestehende Förderarsenal von Bund und Ländern  besser aufeinander abgestimmt werden kann. Hierfür ist die Entwicklung eines Nationalen Koordinierungsrahmens zur Sicherung der Daseinsvorsorge und Stärkung der regionalen Wirtschaftskraft geplant.

Handlungsfeld: Grundlagen für nachhaltiges Wachstum und Wohlstand sichern

6. Thema: Mobilisierung aller Potenziale zur Sicherung der Fachkräftebasis
Die Sicherung der Fachkräftebasis ist eine wesentliche Grundlage für Wachstum und Wohlstand. Die noch zu wenig ausgeschöpften Potentiale sollen aktiviert werden, u.a. durch Ausbau der Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren und von Ganztagsschulen, Aktivierung von Arbeitslosen, Verbesserung von Bildungschancen vor allem für Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund, ganzheitliche Betreuung junger Menschen beim Übergang von der Schule in den Beruf, Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen und qualifizierte Zuwanderung.

7. Thema: Ausländisches Arbeitskräftepotenzial erschließen und Willkommenskultur schaffen
Den mit der Hochqualifizierten-Richtlinie und der beabsichtigten Blue-Card-Regelung geschaffenen Rahmen gilt es auszufüllen u.a. durch Entwicklung bedarfsbezogener Spracherwerbsangebote im In- und Ausland, Aufbau von Informationsportalen, Job-Börsen- und Behördenlotsen, Vereinfachung der Verwaltungsverfahren, interkulturelle Öffnung der Hochschulen, Einrichtung eines Runden Tisches "Aufnahmegesellschaft", Stärkung der kommunalen Integrationspolitik, Weiterentwicklung des Netzwerkes der europäischen Arbeitsverwaltungen.

8. Thema: Bildungsbiografien fördern
Durch Förderung des Lernens entlang der Bildungsbiografie durch frühkindliche Sprachförderung, Qualitätssicherung in der Lehrerbildung, Verbesserung des Übergangs von der Schule in die Berufsausbildung und Bekämpfung des Schulabbruchs, außerschulische Förderung der Alphabetisierung und Grundbildung Erwachsener, Stärkung der Hochschulausbildung und des lebenslangen Lernens soll ein ausreichendes Potenzial an gut qualifizierten Arbeitskräften und unternehmerisch tätigen Menschen gesichert werden.

Handlungsfeld: Handlungsfähigkeit des Staates erhalten

9. Thema: Der öffentliche Dienst als attraktiver und moderner Arbeitgeber
Um die Leistungsfähigkeit der Verwaltung bei veränderten Personalstrukturen zu erhalten, soll die Attraktivität des Öffentlichen Dienstes erhöht und die Nachwuchsgewinnung im Blick behalten werden, u.a. durch Fachkräftegewinnung auf der Grundlage demografiefester Personalbedarfsanalysen, Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, insbesondere durch weitere Flexibilisierung der Arbeitszeiten, Entwicklung einer lebensphasenorientierten Personalpolitik und Förderung einer Kultur des längeren Arbeitens.

Über den 2011 von der Bundesregierung vorgelegten Demografiebericht berichteten wir in DStGB Aktuell 4311-01, über die Demografiestrategie der Bundesregierung in DStGB Aktuell 1712-01. Am 14. Juni 2012 hatten das Bundesinnenministerium und der DStGB gemeinsam eine diesbezügliche „Demografie-Online-Konferenz“ durchgeführt, über deren erfolgreichen Verlauf wir in DStGB Aktuell 2412-19 berichteten (siehe auch den Projektbericht unter www.demografie-online-konferenz.de).

Die Öffentlichkeit kann sich weiterhin an dem Dialogprozess aktiv beteiligen: Auf dem Demografieportal www.politik-fuer-alle-generationen.de gibt es die Möglichkeit, die oben genannten Handlungsfelder zu kommentieren und zu bewerten. (Quelle: DStGB Aktuell vom 12.10.2012)

Az.: I 020-10

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