Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 166/2016 vom 24.02.2016

Bundesverwaltungsgericht zu Nutzungsausschluss in Gewerbegebieten

Der festgesetzte Ausschluss einzelner Nutzungen eines Gewerbegebiets ist bereits dann im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB städtebaulich gerechtfertigt, wenn sich die Gemeinde im Rahmen ihrer durch Planungsziele konkretisierten städtebaulichen Entwicklungs- und Ordnungsvorstellungen hält und den Festsetzungen in Bezug auf diese Ziele Förderpotential zukommt. Den Ausschluss sämtlicher Nutzungen, die die städtebauliche Zielsetzung in gleicher Weise gefährden, fordert § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB nicht. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in seinem Urteil vom 10.09.2015 (Az. 4 CN 8/14) entschieden.

Gegenstand des Normenkontrollverfahrens war die Wirksamkeit eines Bebauungsplans, der für das Plangebiet Gewerbegebiete gemäß § 8 BauNVO festgesetzt hatte, in denen Lagerhäuser, Speditionen, Einzelhandelsläden, Tankstellen und Vergnügungsstätten gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauNVO nicht zulässig waren. Ziel war es, langfristig ein hochwertiges Gewerbegebiet ohne strukturelle Störungen zu etablieren, welches Betrieben der Dienstleistung und dem produzierenden Gewerbe vorbehalten sein sollte.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg wurde der Bebauungsplan für unwirksam erklärt: Die Ausschlussregelungen seien in ihrer konkreten Ausgestaltung nicht im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB erforderlich. Ein Ausschluss einzelner Nutzungen stehe nicht in ihrem planerischen Belieben, sondern erfordere ein schlüssiges Plankonzept. § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB gebiete insofern, dass sich die Gemeinde im Hinblick auf die von ihr selbst formulierten Ziele konsistent verhalte. Vorliegend blieben aber Betriebsarten zulässig, die in gleicher Weise störend seien wie die ausgeschlossenen Nutzungen.

Dem ist das BVerwG nicht gefolgt. § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB schließe lediglich grobe und einigermaßen offensichtliche Missgriffe aus. Für die Einzelheiten einer konkreten planerischen Lösung sei demgegenüber das Abwägungsgebot nach § 1 Abs. 7 BauGB maßgeblich. Aus einer unvollständigen planerischen Zielsetzung lasse sich noch nicht der Schluss ziehen, dass der Planung die städtebauliche Rechtfertigung abzusprechen wäre. Die Gemeinde betreibe bereits dann städtebauliche Planung, wenn sie sich im Rahmen ihrer durch Planungsziele konkretisierten eigenen städtebaulichen Entwicklungs- und Ordnungsvorstellungen hält und den Festsetzungen in Bezug auf diese Ziele Förderpotential zukommt.

Auf eine vollständige Verwirklichung des Planungsziels komme es nicht an, die Zweck-Mittel-Relation sei nicht notwendigerweise kongruent. Folglich sei es im Hinblick auf § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB nicht zu beanstanden, wenn die Gemeinde im Hinblick auf ein von ihr formuliertes planerisches Ziel nur solche Festsetzungen trifft, für die in der gegebenen Planungssituation Anlass besteht, weitergehende, aber ebenfalls der Zielverwirklichung dienende Festsetzungen jedoch unterlässt, weil sie hierfür aktuell keinen Handlungsbedarf sieht.

Anmerkung

Das BVerwG bestätigt seine Rechtsprechung, wonach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB nur einigermaßen offensichtliche Missgriffe verbietet, etwa eine vorgeschobene oder verhindernde Planung oder eine solche, die aus kompetentiellen, rechtlichen oder tatsächlichen Gründen keine Aussicht auf Verwirklichung bietet. Richtigerweise sind Einzelheiten der Planung nicht Teil der städtebaulichen Erforderlichkeit, sondern der Abwägung.

Gemeindliche Planung muss häufig einen Ausgleich zwischen verschiedenen Interessen suchen, daher lässt sich ein einziges Konzept (wie von dem VGH gefordert) nur selten ohne Kompromisse umsetzen. Gleichzeitig müssen kommunale Steuerungsmöglichkeiten für eine qualitative städtebauliche Entwicklung erhalten bleiben. Insofern ist es zu begrüßen, dass das BVerwG betont, dass die Annahme, Nutzungsausschlüsse seien durch städtebauliche Gründe nur bei einem schlüssigen Planungskonzept erlaubt, die Anforderungen an § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB überspannt.

Az.: 20.1.1.4.3 003/001

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