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StGB NRW-Mitteilung 133/2019 vom 11.03.2019

Datenaustausch bei Asyl- und Schutzsuchenden

Das Ausländerzentralregister (AZR) soll weiterentwickelt und die Registrierung von Asyl- und Schutzsuchenden sowie der Datenaustausch weiter verbessert werden. Das hat die Bundesregierung mit dem Datenaustauschverbesserungsgesetz beschlossen. Mit der Änderung sollen belastbarere Auskünfte und ein unkomplizierter Zugriff durch alle relevanten, auch kommunalen Behörden, insbesondere Jugendämter, ermöglicht werden. Die Registrierung von unbegleiteten minderjährigen Ausländern wird insgesamt erleichtert.

Zusätzliche Speichersachverhalte und erweiterte Befugnisse der Sicherheitsbehörden sollen die Sicherheit erhöhen und freiwillige Ausreisen sowie Rückführungen besser steuerbar machen. Aus Sicht des DStGB sind mit dem zweiten Anlauf eines Gesetzes wichtige Maßnahmen vorgesehen, um eine flächendeckende Registrierung der in Deutschland aufhältigen Asyl- und Schutzsuchenden, insbesondere unbegleiteter Minderjähriger, deren eindeutige und verlässliche Identifikation sowie die Rückführung vor allem vollziehbar Ausreisepflichtiger erreichen zu können.

Diese Änderungen sind längst überfällig und können erheblich zur Verbesserung des Datenaustauschs, der Sicherheit sowie der Datenqualität beitragen. Der DStGB hat im Rahmen der Ressortabstimmung des Gesetzentwurfs zugleich auf wichtigen Veränderungsbedarf hingewiesen. Es bleibt abzuwarten, ob dies im weiteren Gesetzgebungsverfahren Berücksichtigung findet. Die Behörden müssen in jedem Fall entsprechend technisch ausgestattet und finanziell als auch personell unterstützt werden. Das Gesetz sieht vor allem folgende Regelungen vor:

Weiterentwicklung der Nutzungsmöglichkeiten

  • Der Abruf von Daten aus dem AZR „in Echtzeit“ wird weiteren Behörden ermöglicht. Zukünftig können auch die Jugendämter, die Staatsangehörigkeits- und Vertriebenenbehörden, die Träger der Deutschen Rentenversicherung, das Auswärtige Amt und seine Auslandsvertretungen sowie das Bundesamt für Justiz Daten im automatisierten Verfahren aus dem AZR abrufen.

Der DStGB hat diese Regelung grundsätzlich begrüßt, sie sollte jedoch etwas weiter gehen. Der automatisierte Datenabruf sollte nicht nur allen relevanten Behörden ermöglicht, sondern das Verfahren als Regelfall/Standard für alle öffentlichen Stellen etabliert werden, um Verzögerungen in den Verwaltungsabläufen zu beseitigen.  

  • Die Nutzung der AZR-Nummer – als verfahrensübergreifendes Ordnungsmerkmal – wird allen öffentlichen Stellen im Datenaustausch untereinander zum Zweck der eindeutigen Zuordnung bis zur Erteilung einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU ermöglicht. 
  • Aus dem AZR abgerufene Grundpersonalien dürfen unter erleichterten Voraussetzungen an andere öffentliche Stellen weiterübermittelt werden. 
  • Die AZR-Nummer soll nicht nur – wie bisher – auf die Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender (Ankunftsnachweis), sondern auch auf die Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung, die Bescheinigung über die Duldung und die Fiktionsbescheinigung aufgedruckt werden, um den Behörden das Aufrufen des korrekten Datensatzes zu erleichtern.

Die vorgeschlagenen Erweiterungen der Nutzungsmöglichkeiten der AZR-Nummer zum Zwecke der eindeutigen Identifizierung entsprechen einer wesentlichen Forderung seitens des DStGB. Diese sollten aber noch weiter ausgebaut werden. Die Verwendung der AZR-Nummer sollte insbesondere auch nach Abschluss des Asylverfahrens und für die Dauer des Leistungsbezugs nach dem SGB II ermöglicht werden, um eine eindeutige Identifizierung der Leistungsberechtigten zu gewährleisten.

Erhöhung der Sicherheit 

  • Im Rahmen technisch automatisierter Sicherheitsabgleiche werden für die Prüfung von Sicherheitsbedenken zukünftig auch die Erkenntnisse der Bundespolizei berücksichtigt. 
  • Die erkennungsdienstliche Behandlung von Asylsuchenden, unerlaubt eingereisten und unerlaubt aufhältigen Ausländern durch die Bundespolizei im Rahmen des behördlichen Erstkontakts wird auch außerhalb des 30-Kilometer-Grenzraums in den anderen gesetzlich zugewiesenen Aufgabenbereichen der Bundespolizei ermöglicht.

Freiwillige Ausreise und Rückführung 

  • Daten zu staatlich finanzierter Förderung von freiwilligen Ausreisen und Reintegration werden erhoben und künftig zentral im AZR gespeichert, unter anderem um die Durchführung und Koordinierung der Fördermaßnahmen zu verbessern und ungerechtfertigte Inanspruchnahme von Fördermitteln zu verhindern. 
  • Bei vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländern, bei denen eine Zurückschiebung oder Abschiebung in Betracht kommt, werden weitere biometrische Daten im AZR gespeichert (Fingerabdruckdaten, Größe und Augenfarbe), um eine eindeutige Identifizierung zur Vorbereitung von Abschiebungen sicherzustellen.

Registrierung unbegleiteter Minderjähriger

Unbegleitete minderjährige Ausländer können zukünftig zeitnah zu ihrer Einreise – und damit vor der Stellung eines Asylantrags durch die Notvertretung des Jugendamts oder den Vormund – durch Aufnahmeeinrichtungen und Außenstellen des BAMF registriert werden. 

  • Die für die vorläufige Inobhutnahme von unbegleiteten minderjährigen Ausländern zuständigen Jugendämter werden gesetzlich verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass die unbegleiteten minderjährigen Ausländer unverzüglich durch eine der zur Registrierung befugten Behörden erkennungsdienstlich behandelt und die Daten an das AZR übermittelt werden. 
  • Das Mindestalter für die Abnahme von Fingerabdrücken wird vom 14. Lebensjahr auf das sechste herabgesetzt. 
  • Vor dem Hintergrund der weit fortgeschrittenen Verhandlungen zur Reform der EURODAC-VO, in deren Rahmen sich auf eine Herabsetzung des Alters zur Abnahme von Fingerabdrücken verständigt wurde, wird die Herabsetzung der Altersgrenze auch im Asyl- und Aufenthaltsgesetz vorgenommen, um ein einheitliches Regelungsregime für Minderjährige sicherzustellen. Die entsprechenden Regelungen sollen zur Vermeidung von zusätzlichen Verwaltungsaufwänden erst in Kraft treten, wenn die EURODAC-III-Verordnung in Kraft tritt. 

Es entspricht einer zentralen kommunalen Forderung, auch die Personengruppe der unbegleiteten Minderjährigen möglichst frühzeitig – idealerweise bereits im Zeitpunkt ihrer Einreise – erkennungsdienstlich zu behandeln, sie zu registrieren sowie ihre Daten in das Kerndatensystem speichern zu können. Die Aufnahme und Unterbringung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen stellt die Kommunen, insbesondere die zuständigen Jugendämter, vor besondere Herausforderungen.

Entscheidend ist, dass die erkennungsdienstlichen Maßnahmen bei minderjährigen Flüchtlingen, insbesondere die Feststellung ihres Alters, bereits bei der ersten Kontaktaufnahme mit einer deutschen Behörde erfolgen. Die Jugendämter müssen durch den vorgesehenen automatisierten Datenabruf erkennen können, ob ein unbegleiteter Minderjähriger bereits registriert wurde, tatsächlich unbegleitet eingereist ist oder zum Beispiel bereits eine andere Anschrift im Bundesgebiet für ihn besteht. Voraussetzung hierfür ist, dass sich die Jugendämter darauf verlassen können, dass alle einreisenden Personen im Ausländerzentralregister erfasst werden und die Behörden finanziell, fachlich und personell von Bund und Ländern unterstützt werden.

Weiteres Verfahren

Der Bundesrat wird sich voraussichtlich am 15. März 2019 mit dem Gesetzentwurf befassen. Die 1. Lesung im Bundestag könnte am 4./5. April 2019, die 2./3. Lesung am 16. Mai 2019 stattfinden. Der Bundesrat könnte sich am 7. Juni 2019 erneut mit dem Gesetz befassen.

Das Gesetz tritt in seinen wesentlichen Teilen am Tag nach seiner Verkündung (voraussichtlich Juli 2019) in Kraft. Dies betrifft beispielsweise die Regelungen zur Nutzung der AZR-Nummer und zur Weiterübermittlung von Daten sowie die Zulassung von weiteren Behörden zum automatisierten Abrufverfahren. Regelungen, die umfangreiche technische Änderungen erforderlich machen, können erst zum 1. November 2019 beziehungsweise neun Kalendermonate nach Verkündung des Gesetzes in Kraft treten.

Die Absenkung des Mindestalters für die Abnahme von Fingerabdrücken soll – zur Vermeidung von zusätzlichen Verwaltungsaufwänden – erst in Kraft treten, wenn die EURODAC-III-Verordnung in Kraft tritt, mit der europaweit ebenfalls eine Absenkung erreicht wird.

Aus kommunaler Sicht ist es dringend erforderlich, dass die notwendigen Regelungen schnellstmöglich auf den Weg gebracht werden und in Kraft treten können. Im weiteren Gesetzgebungsverfahren gilt es zudem zu prüfen, ob und inwieweit die kommunalen Erwartungen Berücksichtigung gefunden haben (Quelle: DStGB Aktuell 0519 vom 01.02.2019).                                                                                   

Az.: 16.1.2-002

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