Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 30/2020 vom 17.12.2019

Kein ermäßigter Umsatzsteuersatz für Bistro gemeinnütziger Betreiber

Betreibt ein gemeinnütziger Verein neben einer Behindertenwerkstatt ein der Öffentlichkeit zugängliches Bistro, unterliegen die Gastronomieumsätze des Bistros nicht dem ermäßigten Umsatzsteuersatz, selbst wenn darin Menschen mit Behinderung arbeiten (BFH-Urteil vom 23.07.2019, XI R 2/17).

Der Kläger ist ein gemeinnütziger Verein zur Förderung des Wohlfahrtswesens. Er verfolgt mildtätige Zwecke i.S.d. § 53 der Abgabenordnung (AO) durch die Unterstützung von Personen, die infolge ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustands der Hilfe bedürfen. Zur Erfüllung dieses Satzungszwecks betreibt er eine anerkannte Werkstatt für behinderte Menschen mit dem Ziel, solchen Personen Arbeitsplätze zu bieten, die wegen ihrer Behinderung nicht, noch nicht oder noch nicht wieder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können. Seit dem 02.07.2007 betreibt der Kläger zudem ein Bistro und eine öffentliche Toilette, die nicht Betriebsteil der Werkstatt für Behinderte sind. Der Kläger unterwarf die Umsätze aus dem Betrieb des Bistros und der öffentlichen Toilette dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes (UStG). Im Rahmen einer Außenprüfung gelangte der Prüfer zu der Auffassung, dass es sich bei dem Bistro um einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb handele, der kein Zweckbetrieb sei. In der Folge ergingen Umsatzsteuerbescheide unter Anwendung des allgemeinen Steuersatzes, wogegen sich der Kläger bis zur Revision vor dem BFH wandte und anführte, die Voraussetzungen für einen Zweckbetrieb seien erfüllt.

Nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 1 UStG ermäßigt sich die Steuer für die Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke i.S.d. §§ 51 bis 68 AO verfolgen. Das gilt nicht für Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden (§ 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 2 UStG). In § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 UStG ist eine Rückausnahme (also die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes) für Zweckbetriebe geregelt, wenn der Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden (1. Alternative), oder wenn die Körperschaft mit diesen Leistungen ihrer in den §§ 66 bis 68 AO bezeichneten Zweckbetriebe die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke selbst verwirklicht (2. Alternative).

Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück und stellte klar, dass nur Leistungen gegenüber den behinderten Personen begünstigt sind, nicht auch Leistungen, an deren Erbringung behinderte Arbeitnehmer des Integrationsunternehmens teilhaben.

Der Tatbestand der 1. Alternative liege nicht vor. Der Verein erzielte in erster Linie zusätzliche Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden. Diese Einnahmen waren für den Satzungszweck nicht unerlässlich. Unerheblich sei, ob geringe oder keine Gewinne erzielt wurden oder ob die Einnahmen dem Verein verblieben sind. Auch die 2. Alternative sei nicht erfüllt. Der Verkauf von Gastronomieleistungen diene zwar der Verwirklichung der satzungsmäßigen Zwecke des Vereins. Diese Zwecke wurden jedoch nicht "mit diesen Leistungen" ... "selbst verwirklicht". Denn die Leistungen dienen in erster Linie den Zwecken der Besucher. Es handele sich mithin nicht um originär gemeinnützige Leistungen i.S. von Art. 98 Abs. 2 und 3 i.V.m. Anhang III Nr. 15 MwStSystRL.

Der BFH hat die Sache zur weiteren Entscheidung an das FG zurückverwiesen. Dieses hat Feststellungen dazu nachzuholen, ob bzw. in welchem Umfang ermäßigt zu besteuernde Lebensmittellieferungen (Speisen zur Mitnahme) vorlagen (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Anlage 2 Nr. 28, 31, 32, 33).

Aufgrund dieser Entscheidung werden gemeinnützige Einrichtungen prüfen müssen, ob sie – entgegen einer offenbar allgemein geübten Praxis – weiterhin den ermäßigten Steuersatz anwenden können.

Az.: 41.6.8.1-003/003 mu

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