Mitteilungen - Recht, Personal, Organisation

StGB NRW-Mitteilung 592/2018 vom 28.11.2018

Auswirkungen des Brexit auf Beamtinnen und Beamte

Zum 30. März 2019 wird das Vereinigte Königreich aus der Europäischen Union ausscheiden (Brexit). Infolge des Brexit wären Bestandsbeamtinnen und -beamte, die neben der britischen Staatsangehörigkeit nicht zugleich auch die deutsche Staatsangehörigkeit, die Staatsangehörigkeit eines EU-Mitgliedstaats beziehungsweise eines Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder eines Drittstaates, dem die Bundesrepublik Deutschland oder die EU vertraglich einen Anspruch auf Anerkennung der Berufsqualifikation eingeräumt haben (§ 7 Absatz 1 Nr. 1 lit. a-c BeamtStG), besitzen, kraft Gesetzes aus dem Beamtenverhältnis entlassen (§§ 22 Abs. 1 Nr. 1, 7 Abs. 1 Nr. 1 Beamtenstatusgesetz - BeamtStG).

Die Europäische Kommission hat mit Mitteilung vom 19. Juli 2018 (COM(2018) 556) insbesondere die Behörden aller Mitgliedstaaten dazu aufgefordert, sich bereits im Vorfeld auf alle denkbaren Szenarien vorzubereiten. Momentan ist nicht absehbar, ob es zwischen dem Vereinigten Königreich, der Europäischen Union und den übrigen Mitgliedstaaten zum Abschluss eines Austrittsvertrages (begleitet von einem BrexitÜberleitungsgesetz des Bundes mit einer Übergangsfrist bis 2021) kommen wird.

Auf eine daher wichtige gesetzliche Änderung des Beamtenstatusgesetzes sei in diesem Zusammenhang hingewiesen: § 22 Abs. 1 Nr. 1 BeamtStG sieht vor, dass Beamtinnen und Beamte kraft Gesetzes entlassen sind, wenn „die Voraussetzungen des § 7 Absatz 1 Nummer 1 nicht mehr vorliegen und eine Ausnahme nach § 7 Absatz 3 auch nachträglich nicht zugelassen wird. Durch die Neuregelung des Absatzes 3 soll damit den Ländern und Kommunen die Möglichkeit eröffnet werden, Beamtinnen und Beamte mit ausschließlich britischer Staatsangehörigkeit durch nachträgliche Erteilung einer Ausnahme vom Staatsangehörigkeitserfordernis im Beamtenverhältnis zu erhalten.

Nachträglich bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Ausnahme bis zum Wegfall der Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 BeamtStG, d.h. längstens bis zum Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union oder ggf. dem Ablauf einer möglichen Übergangsfrist (s.o.), erteilt werden kann. Eine spätere Heilung ist nicht möglich. Angelehnt an § 7 Abs. 3 Nr. 1 BeamtStG setzt eine nachträgliche Ausnahme vom Staatsangehörigkeitserfordernis im Sinne von §§ 22 Abs. 1 Nr. 1, 7 Abs. 3 Nr. 1 BeamtStG-Neu voraus, dass ein dringendes dienstliches Interesse besteht, die Betroffene oder den Betroffenen im Beamtenverhältnis zu halten.

Ausnahmen nach § 7 Abs. 3 BeamtStG erlässt die oberste Dienstbehörde, für die Beamtinnen und Beamten der Gemeinden und Gemeindeverbände und der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts die oberste Aufsichtsbehörde (§ 3 Abs. 2 LBG NRW). Für die Kommunen wäre es daher das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung. Es wird von Seiten des Ministeriums noch Hinweise zum Prozedere dieses Antragsverfahrens geben. Es führt zu dem o.g. „dringenden dienstlichen Interesse“ in einem Schreiben vom 12.11.2018 inhaltlich insoweit folgendes aus:

„Im Rahmen der Einzelfallentscheidungen ist zu beachten, dass nicht die einzelnen betroffenen Beamtinnen und Beamten durch ihr Verhalten die Ursache für eine Entlassung kraft Gesetzes aus dem Beamtenverhältnis gesetzt haben, sondern dies Folge der Abstimmung im Vereinigten Königreich zum Austritt ist. Es erscheint im Rahmen der Fürsorgeverpflichtung daher sachgerecht, bei der Entscheidung über eine nachträgliche Ausnahme gemäß § 7 Abs. 3 BeamtStG das erforderliche Vorliegen eines dringenden dienstlichen Interesses (§ 7 Abs. 3 Nr. 1 BeamtStG) bzw. eines wichtigen Grundes (§ 7 Abs. 3 Nr. 1 BeamtStG) grundsätzlich als Ausgangserwägung anzunehmen.

Berücksichtigt werden kann hierbei insbesondere auch die im Regelfall bereits vorliegende Bewährung, denn die Leistung der Beamtin oder des Beamten ist dem Dienstherrn - anders als im Falle einer erstmaligen Berufung - bekannt. Der Dienstherr hat zudem ein Interesse daran, die in die Beamtinnen und Beamten investierte Ausbildung und auch Fortbildung weiterhin zu nutzen. Für ein Halten der Beamtinnen und der Beamten im Beamtenverhältnis spricht auch, dass der Dienstherr die Stellen nachbesetzen müsste, was gerade in Bereichen mit Bewerbermangel problematisch sein kann.

Obwohl Beamtinnen und Beamte grundsätzlich keinen Anspruch auf Bestandsschutz haben, kann ausnahmsweise jedenfalls aufgrund des besonderen Ausnahmecharakters des Brexit auch auf den Schutz der Betroffenen abgestellt werden. Begründet werden kann dies damit, dass die Betroffenen durch den Brexit aufgrund eines Kollektivgeschehens vom vollständigen Verlust des Beamtenstatus bedroht sind. Aufgrund der vorstehenden Erwägungen sollte daher nur aus besonderen Gründen die Ablehnung einer nachträglichen Ausnahme vom Staatsangehörigkeitserfordernis in Betracht kommt. Vorrangig wäre aber gegebenenfalls eine Versetzung zu prüfen. Gleichwohl muss jeder Einzelfall gesondert geprüft und entschieden werden. Maßstab ist immer das dienstliche Interesse hinsichtlich des Haltens der betroffenen Beamtin oder des betroffenen Beamten“.

Um auf mögliche Folgen des Brexit vorbereitet zu sein, sollten aber – so auch das Ministerium - schon jetzt alle betroffenen Beamtinnen und Beamte so zeitnah wie möglich über den Brexit und deren Rechtsfolgen informiert werden. Insbesondere den Beamtinnen und Beamten, bei denen unter Umständen eine nachträgliche Ausnahme vom Staatsangehörigkeitserfordernis nicht in Betracht kommt, sollte die Möglichkeit gegeben werden, sich frühzeitig um den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit zu bemühen. Nur so könnten sie ihre Entlassung dennoch verhindern.
Das Schreiben des Ministeriums ist für StGB NRW-Mitgliedskommunen im Internet des Verbandes (Mitgliederbereich) unter Fachinformationen, Fachgebiete, Recht, Personal, Organisation, Beamtenrecht abrufbar.

Az.: 14.0.8-008

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