Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 591/2016 vom 29.06.2016

Ausweisung von Wildnisgebieten und Kommunalwald

Der Gemeinsame Forstausschuss „Deutscher Kommunalwald“ hat auf seiner Bundestagung am 27./28. Juni 2016 in Iphofen die Politik vor einem deutschen Sonderweg bei der Ausweisung von Wildnisgebieten gewarnt. Das Bundesumweltministerium (BMUB) und Umweltverbände arbeiten auf die Errichtung von Wildnisgebieten in Deutschland hin. Obwohl auf europäischer Ebene der Stilllegung von Wäldern eine klare Absage erteilt wird, sollen in Deutschland große Waldgebiete in Wildnis zurückentwickelt werden.

Im Fokus vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) stehen 337 große Waldgebiete. Diese umfassen zusammen rd. 700.000 Hektar Waldfläche, davon rd. 227.000 Hektar Nadelforsten. Bis 2020 sollen Kommunen 10 % ihrer Wälder aus der forstlichen Nutzung nehmen und für Wildnis zur Verfügung stellen.

Die Liste der Waldgebiete ist bislang nicht veröffentlicht worden. Angeblich sollen auch das Hochsauerland, die Eifel und der Teutoburger Wald auf der "Wildnis-Liste" stehen.  Aktuell wird im Auftrag des Bundesamtes für Naturschutz ein Gutachten zur "Konkretisierung" der Wald-Wildnis-Gebietskulisse erstellt. Die Ergebnisse sollen Ende des Jahres vorliegen und zunächst mit den Bundesländern erörtert werden.

Gegen Stilllegung

In einer dicht besiedelten Kulturlandschaft wie Deutschland schaffen Totalreservate gravierende Probleme, weil nach europäischen Standards in den Kernzonen  Tourismus, Forst-, Land-, Weidewirtschaft, Jagd, Brennholz, Pilze- und Beerensammeln generell verboten sind. Permanente Infrastruktur wie Gebäude und Straßen müssten entfernt werden. Damit richten sich die Wildnis- und Stilllegungspläne gegen die Interessen der Menschen und der Landnutzer mit gravierenden Folgen für Gesellschaft, Forst- und Holzwirtschaft und die ländlichen Regionen.

In der „EU-Strategie für Wälder und den forstbasierten Sektor“ des Europäischen Parlaments vom 28. April 20152 wird ausdrücklich die große Bedeutung einer nachhaltigen Forstwirtschaft genannt. Forstwirtschaft sei unverzichtbar, um die gesellschaftspolitischen Ziele der EU bei der Energiewende, dem Klimawandel und der biologischen Vielfalt zu erreichen.

Umweltgutachten

Bestätigt fühlen sich die kommunalen Waldbesitzer in ihrer Kritik auch durch das im Mai 2016 veröffentliche Umweltgutachten des Sachverständigenrates für Umweltfragen (SRU).  Zwar begrüßt der SRU mehr Wildnis in Deutschland, weist aber gleichzeitig auf die Probleme hin. So steht der mit der Ausweisung von Wildnisgebieten einhergehende Nutzungsverzicht im Konflikt mit den wirtschaftlichen Interessen der Flächennutzer. Durch die Aufgabe der Bewirtschaftung entstehen Einkommensverluste. Diese betreffen insbesondere die Forstwirtschaft und die Holzverarbeitung, aber auch die Landwirtschaft, die Fischerei und bestimmte touristische und sportliche Nutzungsformen.

Wirtschaftliche Konflikte kann es aus Sicht des SRU auch mit Kommunalwäldern geben. So erwirtschafteten einige Kommunen einen nicht unerheblichen Teil ihrer Einkünfte durch die Holznutzung. Die regionale Wirtschaft kann über indirekte Effekte negativ betroffen sein. Beispielsweise kann das Holzangebot reduziert werden mit Auswirkungen auf die zuliefernden und weiterverarbeitenden Betriebe, wie Sägewerke und Holztransportunternehmen, bei denen es zu Einkommensverlusten kommen kann.

Finanzierung unklar

Kritisch sehen die Kommunalwaldvertreter insbesondere, dass das Bundesumweltministerium (BMUB) und BfN die Frage nach Kosten und Finanzierung von Wildnis und Waldstilllegung völlig ausblenden. Sie fordern daher zunächst eine Berechnung der volkswirtschaftlichen Gesamtkosten und des Nutzens zusätzlicher Naturschutzleistungen. Hierzu gehört die Bestimmung der Kosten durch den Verzicht auf die Rohholzproduktion einschließlich der Auswirkungen auf Holzindustrie, Arbeitsplätze im ländlichen Raum und die Strom- und Wärmeerzeugung im Bereich Erneuerbarer Energien, Mehraufwendungen und Mindererträge durch Bewirtschaftungssauflagen (z.B. laubholzorientierter Waldumbau auf rd. 227.000 Hektar Nadelforst in Wildnisentwicklungsgebieten und damit Verzicht auf ertragreiche Nadelholzbaumarten) und Ermittlung des Beitrags von Wildnis zu regionalen Wertschöpfungsketten.

Unterstützung erwarten die kommunalen Waldbesitzer vom Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL), das weitere obligatorische Stilllegungen von Waldflächen nicht für sinnvoll hält. Staatsekretär Dr. Robert Kloos (BMEL) hatte mit Schreiben vom 23.12.2015 an die Verbände darauf aufmerksam gemacht, dass der Nutzungsverzicht für die zum Stichjahr 2013 bereits stillgelegten 213.145 Hektar Wald der deutschen Forstwirtschaft vier Milliarden Euro kostet. Jeder Hektar mit dauerhaft gesicherter natürlicher Waldentwicklung schlage mit durchschnittlich rund 18.227 Euro allein in Form von Nutzungsverzicht zu Buche.

Dieser Beitrag wird sich nach Angaben von Staatsekretär Dr. Kloos in den nächsten Jahren auf bis zu rund 6 Milliarden Euro erhöhen, denn bereits heute seien die Weichen für eine Erhöhung des Flächenanteils von Wäldern mit -rechtsverbindlicher- natürlicher Waldentwicklung auf insgesamt über 330.000 Hektar gestellt.
Von den 11,4 Mio. Hektar Wald in Deutschland sind 48% Privatwald. 29% des Waldes sind im Eigentum der Länder, 19% im Eigentum von Körperschaften und 4% im Eigentum des Bundes.

Az.: 26.1-008/001 gr

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