Heft Oktober 2007

Überprüfung der Grundschulempfehlung und des Prognoseunterrichts

Eltern und Schüler können sich sowohl gegen die Grundschulempfehlung als auch gegen den Prognoseunterricht gerichtlich zur Wehr setzen (nichtamtlicher Leitsatz).

OVG NRW, Beschlüsse vom 28. August 2007
- Az.: 19 B 689/07 und 19 B 1058/07 -

Für das jetzt begonnene Schuljahr 2007/2008 hat das Land das Übergangsverfahren von der Grundschule zur weiterführenden Schule neu geregelt und zwei Stufen eingeführt: Zunächst gibt die Grundschule den Eltern eine Empfehlung, für welche weiterführende Schule sie deren Kind für geeignet hält. Sind die Eltern mit dieser Empfehlung nicht einverstanden und melden sie ihr Kind an einer anderen Schule an, muss es an einem dreitägigen Prognoseunterricht teilnehmen. Auf dessen Grundlage entscheidet dann das Schulamt über die Zulassung zur Schulform.

Mit dem einen Beschluss hat der Senat die Beschwerde eines Schülers aus Essen zurückgewiesen, dem die Grundschule im Halbjahreszeugnis der Klasse 4 die Schulformempfehlung „geeignet für den Besuch der Realschule und der Gesamtschule“ erteilt hatte. Damit war ihm der Besuch des Gymnasiums verwehrt. Er hatte geltend gemacht, er habe seine Leistungen im 2. Halbjahr der Klasse 4 erheblich gesteigert. Nach dem Prognoseunterricht hatte das Schulamt die Grundschulempfehlung bestätigt. Das Verfahren richtete sich ausschließlich gegen die Grundschule und deren Empfehlung. Zur Begründung hat der Senat ausgeführt: Die Grundschulempfehlung sei weiterhin selbstständig gerichtlich angreifbar, weil sie für Eltern und weiterführende Schulen verbindlich sei. Deren Schulleitung dürfe ein Kind mit anderslautender Grundschulempfehlung nicht aufnehmen. Die Grundschulempfehlung sei auch durch die gleichlautende Entscheidung des Schulamtes nach dem Prognoseunterricht nicht hinfällig geworden. Im Ergebnis müsse die Beschwerde des Schülers gleichwohl erfolglos bleiben, weil die Lehrkräfte der Grundschule ihren Beurteilungsspielraum bei der pädagogischen Prognose seiner schulischen Leistungsfähigkeit nicht überschritten hätten.

Das andere Verfahren richtete sich gegen ein Schulamt, das eine Grundschulempfehlung für die Hauptschule aufgrund des Prognoseunterrichts bestätigt hatte. Die betroffene Schülerin aus Paderborn hatte geltend gemacht, die Neuregelung sei verfassungswidrig, weil sie die Schulformwahlfreiheit der Eltern nicht hinreichend berücksichtige. Dem ist der Senat entgegen getreten: Die Schulformwahlfreiheit sei verfassungsrechtlich nicht unbegrenzt gewährleistet. Der Gesetzgeber dürfe den Zugang zu einem Bildungsweg von der Eignung des Kindes für diesen Bildungsweg abhängig machen. Der Gesetzgeber habe das Übergangsverfahren so ausgestaltet, dass der Elternwunsch hinreichend berücksichtigt werde.

Die Beschlüsse des OVG sind unanfechtbar.

Abschuss von Wildschweinen zur Eindämmung der Schweinepest

Jagdberechtigte können zum Abschuss von Wildschweinen verpflichtet werden, um eine Ausbreitung der Schweinepest zu verhindern (nichtamtlicher Leitsatz).

OVG NRW, Beschluss vom 27. Juni 2007
- Az.: 13 B 703/07 -

Der 13. Senat des Oberverwaltungsgerichts hat damit in einem Beschwerdeverfahren den Beschluss des Verwaltungsgerichts Aachen vom 25.04.2007 bestätigt. In diesem Beschluss hatte das Verwaltungsgericht den Eilantrag eines Jagdberechtigten abgelehnt, der sich gegen eine Tierseuchenverfügung des Landrats des Kreises Euskirchen gewandt hatte. In der Tierseuchenverfügung war der Jagdberechtigte nach Ausbruch der Schweinepest im Kreis Euskirchen verpflichtet worden, in seinem Revier vom 01.04.2007 bis zum 31.07.2007 monatlich 10 Wildschweine zu erlegen, um einem im Hinblick auf die Seuchengefahr unbedenklichen Bestand von 2 Sauen je 100 ha Waldgebiet näher zu kommen.

Zur Begründung hat das OVG im Wesentlichen ausgeführt: Infizierte Wildschweine bildeten ein Reservoir für den Schweinepestvirus und spielten eine wichtige Rolle bei der Verbreitung der Seuche. In der Vergangenheit hätten durch Wildschweine ausgelöste Schweinepestepidemien zu erheblichen Schäden geführt. Nach den unwidersprochenen Angaben des Landrats des Kreises Euskirchen sei es bei einer derartigen Epidemie in Nordrhein-Westfalen in den Kreisen Recklinghausen und Borken zwischen März und Ende Juni 2006 zu Schäden in Höhe von 82.000.000 € gekommen.

Angesichts des Wildschweinbestandes im ca. 1000 ha großen Revier des Jagdberechtigten sei davon auszugehen, dass die Erlegung von 10 Wildschweinen pro Monat auch tatsächlich möglich sei.

Der Beschluss des OVG ist unanfechtbar.

Verantwortung von Abfallbesitzern bei Beauftragung von Dritten

Ein Abfallbesitzer, der einen Dritten mit der Entsorgung seiner Abfälle beauftragt und diesem hierzu den Besitz an den Abfällen überträgt, bleibt weiterhin für deren ordnungsgemäße Entsorgung verantwortlich (nichtamtlicher Leitsatz).

BVerwG, Urteil vom 28. Juni 2007
- Az.: 7 C 5.07 -

Die Klägerin hatte auf der Grundlage von Verträgen mit den Abfallerzeugern Baumischabfälle zu einer von einem Dritten betriebenen immissionsschutzrechtlich genehmigten Recyclinganlage gebracht. Nachdem deren Betreiber insolvent geworden war, gab die Abfallbehörde der Klägerin auf, einen Teil der dort abgelagerten Baumischabfälle zu räumen und ordnungsgemäß zu entsorgen. Ihrer dagegen gerichteten Klage gaben die Vorinstanzen statt. Das Oberverwaltungsgericht vertrat die Auffassung, mit der auftragsgemäßen Besitzübergabe sei die Entsorgungspflicht der Klägerin erloschen. Dem ist das Bundesverwaltungsgericht nicht gefolgt: Die Klägerin war als Besitzerin der Abfälle nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz zu deren ordnungsgemäßen Entsorgung verpflichtet. Entgegen der Auffassung des OVG ist diese Pflicht mit der Übertragung des Besitzes an den Betreiber der Recyclinganlage nicht entfallen. Die zur Abfallentsorgung Verpflichteten können zwar Dritte mit der Erfüllung ihrer Pflichten beauftragen. Ihre Verantwortlichkeit für die Erfüllung der Pflichten bleibt hiervon aber gemäß § 16 Abs. 1 Satz 2 KrW-/AbfG unberührt. Dies gilt - wie das Bundesverwaltungsgericht entschieden hat - auch, wenn zur Durchführung des Auftrags der Abfallbesitz einem Dritten übertragen wird.

Das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz betont - im Interesse einer umweltverträglichen Abfallwirtschaft - die Eigenverantwortlichkeit von Erzeugern und Besitzern von Abfällen. Diesen wird insbesondere die Pflicht auferlegt, die Abfälle ordnungsgemäß zu entsorgen. Das Gesetz trägt damit dem allgemeinen im Umweltrecht geltenden Verursacherprinzip Rechnung. Damit wäre es nicht vereinbar, wenn ein zur Entsorgung Verpflichteter sich dieser Pflicht durch die Übertragung des Abfallbesitzes an einen Dritten entledigen könnte. Demgemäß kann nach § 16 Abs. 1 Satz 2 KrW-/AbfG nur die Erfüllung der Entsorgungspflicht übertragen werden; zur Entsorgung verpflichtet bleibt weiterhin auch der jeweilige Auftraggeber. Auch will das Gesetz die Verantwortlichkeit des Erzeugers von Abfällen, dessen Pflicht bis zu deren endgültigen Entsorgung fortbesteht, nicht abweichend von der des Abfallbesitzers regeln.

Gleichwohl wurde die angefochtene Entscheidung im Ergebnis bestätigt, weil der angefochtene Bescheid an einem Ermessensfehler leidet.

© StGB NRW 2007

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