Heft November 2008

Zweitwohnungssteuer für Studierende

Es ist nach Bundesrecht weder ver- noch geboten, Studierende, die mit Hauptwohnung bei den Eltern gemeldet sind, von der Zweitwohnungssteuer für eine Wohnung am Studienort auszunehmen (nichtamtlicher Leitsatz).

BVerwG, Urteile vom 17. September 2008
- Az.: 9 C 13.07, 9 C 14.07,9 C 15.07, 9 C 17.07 -

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit den Urteilen in vier Revisionsverfahren entschieden, dass Bundesrecht es nicht verbietet, allerdings auch nicht verlangt, Studierende, die mit Hauptwohnung bei den Eltern gemeldet sind, von der Zweitwohnungssteuer für eine Wohnung am Studienort auszunehmen.

Mit ihren Klagen gegen die Heranziehung zur Zweitwohnungssteuer an ihren Studienorten Wuppertal bzw. Rostock hatten die Kläger vor dem VG Düsseldorf bzw. dem OVG Mecklenburg-Vorpommern Erfolg.

Auf die vom VG Düsseldorf zugelassene Sprungrevision hat das Bundesverwaltungsgericht dessen Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen. Das angegriffene Urteil verstoße gegen Bundesrecht. Der Begriff der Aufwandsteuer in Art. 105 Abs. 2a GG fordere - entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts - für die Zweitwohnungssteuer nicht, dass der Steuerpflichtige über eine Erstwohnung mit einer rechtlich abgesicherten Nutzung verfüge.

Das Innehaben einer - weiteren - Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf (Zweitwohnung) neben der Hauptwohnung sei ein besonderer, typischerweise über das allgemeine Wohnbedürfnis hinausgehender Aufwand, der gewöhnlich die Verwendung von finanziellen Mitteln erfordere und in der Regel wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringe. Zu welchem Zweck eine solche Wohnung genutzt werde und wer sie finanziere, sei unerheblich. Im Rahmen der im Steuerrecht zulässigen Typisierung komme es nicht darauf an, ob im Einzelfall Leistungsfähigkeit gegeben sei. Auch dürfe an die melderechtlichen Verhältnisse angeknüpft werden. Sei der Steuerpflichtige mit einer Hauptwohnung und einer Nebenwohnung gemeldet, indiziere dies, dass er mit der Hauptwohnung seine allgemeinen Wohnbedürfnisse befriedige.

Allerdings seien die Länder und Gemeinden bundesrechtlich nicht gehindert, die Anforderungen an die „Erstwohnung“ strenger auszugestalten, etwa indem sie die Steuerpflicht für die Zweitwohnung an eine tatsächliche Verfügungsbefugnis über die Erstwohnung knüpften oder sowohl an die Erst- wie auch die Zweitwohnung gleiche Anforderungen stellten.

Das Sozialstaatsprinzip fordere nicht, BAföG-Empfänger generell von der Steuererhebung auszunehmen. Es genüge, wenn im Einzelfall unzulänglicher Leistungsfähigkeit durch Erlass der Steuerschuld Rechnung getragen werden könne.

Die Revisionen gegen die Urteile des OVG Mecklenburg-Vorpommern blieben dagegen im Ergebnis erfolglos. Denn das OVG hat unabhängig von bundesrechtlichen Vorgaben die Satzung der Stadt Rostock so ausgelegt, dass an die Erst- und die Zweitwohnung gleiche Kriterien anzulegen seien, weshalb der Steuerpflichtige auch für die Erstwohnung rechtlich verfügungsbefugt sein müsse.

Ausschluss eines Ratsmitglieds von der Sitzung

Ein Ausschluss eines Mitglieds von der Sitzung des Rates oder einer Bezirksvertretung entfaltet im Interesse der Funktionsfähigkeit dieser Gremien Geltungskraft selbst dann, wenn der Ausschluss unberechtigt ist. Diese Wirkung entfällt erst, wenn das Gremium gegenläufige Beschlüsse fasst oder wenn ein Gericht dem entsprechenden Rechtsschutzbegehren des Betroffenen stattgibt.

OVG NRW, Beschluss vom 8. August 2008
- Az.: 15 B 1219/08 -

Der Antragsteller, Mitglied einer Bezirksvertretung (Antragsgegnerin), wandte sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen den Beschluss der Antragsgegnerin, ihn für die zwei folgenden Sitzungen auszuschließen. Antrag und Beschwerde hatten keinen Erfolg.

Der Antragsteller ist unstreitig in der Sitzung der Bezirksvertretung vom 11. Januar 2008 durch den Bezirksbürgermeister ausgeschlossen worden. Der Antragsteller weigerte sich daraufhin, den Sitzungsraum zu verlassen, so dass der Bezirksbürgermeister nach Unterbrechung der Sitzung die Sicherheitskräfte anwies, den Antragsteller aus dem Sitzungsraum zu entfernen. Dieses renitente Verhalten hatte gemäß der Geschäftsordnung des Rates und der Bezirksvertretungen (GeschO) automatisch zur Folge, dass der Antragsteller von der nächstfolgenden Sitzung am 4. März 2008 ausgeschlossen war.

Dennoch erschien der Antragsteller zu dieser Sitzung und versuchte, über die Maßnahme des Bezirksbürgermeisters, über deren Berechtigung die Bezirksvertretung nach der Gemeindeordnung und der Geschäftsordnung zu entscheiden hatte, zu debattieren. Die Bezirksvertretung, die die Maßnahme des Bezirksbürgermeisters billigte, beschloss an diesem Tag in Würdigung des wiederholt geschäftsordnungswidrigen Verhaltens des Antragstellers in den beiden genannten Sitzungen gemäß der GeschO, den Antragsteller für die nächsten beiden Sitzungen auszuschließen. Gegen diesen Ausschlussbeschluss gibt es nichts zu erinnern, wie das VG zutreffend entschieden hat.

Es komme nicht darauf an, ob der Antragsteller in der Sitzung vom 4. März 2008 erkannt hatte, ob die Sitzung eröffnet war und was er von seinem Platz hat verstehen können. Er habe im Sitzungsraum nichts zu suchen gehabt, da er - wie oben ausgeführt - automatisch von der Sitzung ausgeschlossen gewesen sei. Erst wenn die Bezirksvertretung der Maßnahme des Bezirksbürgermeisters am 11. Januar 2008, den Antragsteller aus dem Sitzungssaal zu entfernen, die Zustimmung verweigert hätte, wäre die automatische Ausschlusswirkung entfallen, und zwar ausschließlich für die Zukunft.

Auf die vom Antragsteller in seinem Beschwerdevorbringen angegriffene Berechtigung des Ausschlusses von der Sitzung durch den Bezirksbürgermeister am 11. Januar 2008 komme es für die Rechtmäßigkeit des Ausschlussbeschlusses durch die Bezirksvertretung vom 4. März 2008 ebenfalls nicht an: Ein ausgeschlossenes Bezirksvertretungsmitglied hat den Sitzungsraum sofort zu verlassen (§§ 40 Abs. 1, 30 Abs. 5 Satz 1 GeschO), auch wenn es die Maßnahme für unberechtigt hält. Dies ist selbst dann der Fall, wenn der Ausschluss unberechtigt ist: Im Interesse der Funktionsfähigkeit eines mehrköpfigen Gremiums gelten die Anordnungen des Sitzungsleiters. Deren Wirkung entfällt erst, wenn das Gremium gegenläufige Beschlüsse fasst oder wenn ein Gericht dem entsprechenden Rechtsschutzbegehren des Betroffenen stattgibt. Deshalb ist der Vortrag des Antragstellers zur Rechtswidrigkeit des Ausschlusses vom 11. Januar 2008 nicht geeignet, sein geschäftsordnungswidriges Verhalten am 11. Januar und 4. März 2008 zu rechtfertigen.

Kein Kindernachzug bei Anspruch auf Arbeitslosengeld II

Der Lebensunterhalt eines Ausländers ist dann nicht im Sinne des Aufenthaltsgesetzes gesichert, wenn er Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch II (SGB II) hat (nichtamtlicher Leitsatz).

BVerwG, Urteil vom 26. August 2008
- Az.: 1 C 32.07 –

In dem Ausgangsfall ging es um den Antrag einer 1990 geborenen Türkin auf Erteilung eines Visums zum Zweck des Familiennachzugs zu ihrer im Bundesgebiet lebenden türkischen Mutter. Dieser war nach Scheidung vom Vater der Klägerin das alleinige Sorgerecht übertragen worden. 1998 war sie ohne ihre Tochter nach Deutschland eingereist. Den Antrag der Klägerin auf Erteilung eines Visums vom Mai 2005 lehnte die Auslandsvertretung der Bundesrepublik Deutschland ab. Das VG Berlin und das OVG Berlin-Brandenburg haben die dagegen gerichtete Klage abgewiesen und dies wie folgt begründet: Zwar lägen bei der Klägerin die besonderen Voraussetzungen für einen Kindernachzug vor, es fehle aber an der auch in diesem Fall regelmäßig erforderlichen Sicherung des Lebensunterhalts.

Der nach dem SGB II zu berechnende Unterhaltsbedarf für die Klägerin und ihre Mutter übersteige das anrechnungsfähige Einkommen um etwa 245 €, sodass in dieser Höhe nach Einreise der Klägerin ein Anspruch auf Zahlung nach dem SGB II bestünde. Dabei sei das Erwerbseinkommen der Mutter der Klägerin um die Beträge zu mindern, die der Gesetzgeber beim Arbeitslosengeld II eingeführt hat, damit diejenigen, die eine - wenn auch gering entlohnte - Arbeit ausüben, mehr Geld zur Verfügung haben als Erwerbslose (hier: Erwerbstätigenfreibetrag und Werbungskostenpauschale). Mit ihrer Revision wendet sich die Klägerin u.a. gegen den Abzug der Beträge vom Erwerbseinkommen ihrer Mutter. Es handele sich hierbei um fiktive Beträge, die das für den notwendigen Lebensunterhalt tatsächlich benötigte Einkommen nicht minderten. Zweck der erst 2005 eingeführten höheren Freibeträge sei es nicht gewesen, die Nachzugsvoraussetzungen zulasten von Ausländern zu verschärfen.

Das BVerwG hat die Entscheidung der Vorinstanzen bestätigt. Soweit der Gesetzgeber den Familiennachzug und Aufenthaltsrechte von der Sicherung des Lebensunterhalts abhängig macht, will er eine Inanspruchnahme öffentlicher Mittel verhindern. Ist davon auszugehen, dass im Falle des Nachzugs ein Anspruch auf Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld nach dem SGB II entsteht, ist der Lebensunterhalt nicht gesichert. Ob die Leistungen tatsächlich in Anspruch genommen werden, ist nach dem gesetzgeberischen Regelungsmodell unerheblich. Folglich ergibt sich das maßgebliche Erwerbseinkommen aus dem SGB II. Der arbeits- und sozialpolitische Zweck der Freibetragsregelungen steht ihrer Berücksichtigung im Rahmen des Aufenthaltsrechts nicht entgegen, auch wenn sie sich hier zulasten des Betroffenen auswirken. Da die Klägerin auch keine Anhaltspunkte vorgetragen hatte, die für ein Absehen von der Regelvoraussetzung der Lebensunterhaltssicherung oder für die Annahme eines Härtefalles - insbesondere im Hinblick auf Art. 6 GG oder Art. 8 EMRK - hätten sprechen können, war ihre Revision zurückzuweisen.

© StGB NRW 2008

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