Heft Mai 2008

Dienstherrenwechsel vom Versorgungsamt zur Kommunalverwaltung

Der Zuordnungsplan, durch den die Beamten der früheren Versorgungsämter den neuen kommunalen Dienstherrn zugeordnet worden sind, ist kein Verwaltungsakt, gegen den Anfechtungsklage erhoben werden kann. Eine solche Klage hat damit auch keine aufschiebende Wirkung. Bis zur Klärung der Rechtsfragen in einem Hauptsacheverfahren ist es den betroffenen Beamten zumutbar, vorerst bei den jetzt zuständigen Kommunen ihren Dienst zu verrichten (nichtamtliche Leitsätze).

OVG NRW, Beschlüsse vom 18. Februar 2008
- Az.: 6 B 33/08 und 6 B 147/08 -

Ein bisher beim Versorgungsamt Bielefeld eingesetzter Beamter, der nach Auflösung der Versorgungsämter zum 01.01.2008 zum Landschaftsverband Westfalen-Lippe in Münster als seinem neuen Dienstherrn übergehen sollte, hatte bei dem VG Minden eine einstweilige Anordnung erwirkt. Darin hatte das VG vorläufig festgestellt, dass der gesetzlich angeordnete Übergang nicht stattgefunden habe. Eine weitere Beamtin, die vom Versorgungsamt Duisburg auf die Stadt Duisburg übergehen sollte, hatte beim VG Düsseldorf die vorläufige Feststellung erwirkt, dass ihre Klage gegen den Zuordnungsplan, der den Übergang vorsieht, aufschiebende Wirkung hat. Gegen beide Entscheidungen hatte das Land NRW Beschwerde eingelegt, gegen die Entscheidung des VG Minden außerdem der Landschaftsverband Westfalen-Lippe. Das OVG hat den Beschwerden des Landes entsprochen und die Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt.

Der Zuordnungsplan, durch den die Beamten den neuen kommunalen Dienstherren zugeordnet worden sind, sei kein Verwaltungsakt, gegen den Anfechtungsklage erhoben werden könne. Deshalb habe eine solche Klage auch keine aufschiebende Wirkung. Der vom Gesetzgeber angestrebte Übergang der Beamten, der unmittelbar kraft Gesetzes eintreten solle, werfe schwierige Rechtsfragen - auch verfassungsrechtlicher Art - auf, die nur in einem Hauptsacheverfahren beantwortet werden könnten. Deshalb müsse für die Entscheidung über die Anträge auf vorläufigen Rechtsschutz eine Folgenabwägung stattfinden.

Diese Abwägung falle bei den beiden Beamten zugunsten des Landes aus: Die Aufgaben der Versorgungsverwaltung seien zum 01.01.2008 auf die kommunalen Träger übergegangen und müssten nunmehr dort erledigt werden. Es bestehe deshalb ein erhebliches öffentliches Interesse daran, dass die bisher mit diesen Aufgaben befassten Beamten dort sofort eingesetzt werden könnten. Anderenfalls entstünden für die Allgemeinheit nicht hinnehmbare Nachteile, während es für die Beamten in ihren bisherigen, nicht mehr bestehenden Ämtern keine Verwendung mehr gebe. Die persönlichen Nachteile für die beiden betroffenen Beamten seien demgegenüber nicht so gewichtig.

Die Beschlüsse sind unanfechtbar.

Vergaberechtswidrigkeit und Beitragsfähigkeit von Straßenbauaufwand

Eine Vergaberechtswidrigkeit schließt nicht als solche die Beitragsfähigkeit von Aufwand eines Straßenausbaus aus, sondern nur insoweit, als sie zu einem erhöhten Aufwand geführt hat.

OVG NRW, Urteil vom 19. Februar 2008
- Az.: 15 A 2568/05 -

Der Kläger wandte sich gegen einen Beitragsbescheid, mit dem die Kosten einer nachmaligen Herstellung einer Straße geltend gemacht wurden, die früher eine Bundes- und dann zur Gemeindestraße abgestuft worden war. Außerdem bemängelte er, dass die Bauarbeiten unter Verstoß gegen Vergaberecht vergeben worden seien. Die Klage hatte in beiden Instanzen keinen Erfolg.

Der Beklagte hat den beitragsfähigen Aufwand richtig angesetzt. Keinerlei beitragsrechtliche Bedeutung habe die Auffassung des Klägers, die im Jahre 1969 zur Gemeindestraße abgestufte Bundesstraße sei bereits verschlissen gewesen und aus diesem Grunde sei der Ausbauaufwand ganz oder anteilig dem Bund zuzurechnen. Für eine Aufwandsverminderung gebe es keinen Anlass. Beitragsfähig ist der Aufwand, der durch die Ausbaumaßnahme in Erfüllung des Bauprogramms im Rahmen des Grundsatzes der Erforderlichkeit verursacht wurde.

Das ist hier der gesamte geltend gemachte Aufwand. Eine Gemeinde sei nicht verpflichtet, im Rahmen einer Abstufung nur solche Straßen in die eigene Baulast zu übernehmen, die nicht verschlissen sind. Erst recht hätten die Anlieger keinen Anspruch darauf, dass der Straßenbaulastträger einer Bundesfernstraße vor einer Abstufung die Straße nachmalig herstellt.

Der Aufwand ist auch nicht mit Rücksicht auf die in den beitragsfähigen Aufwand eingeflossenen Kosten für die Baustelleneinrichtung zu kürzen. Dabei sei unerheblich, ob die Ausbauarbeiten unter Verstoß gegen Vorschriften des Vergaberechts vergeben wurden. Die Vergaberechtswidrigkeit alleine stelle die Erforderlichkeit von Aufwand nicht in Frage, vielmehr sei das nur der Fall, wenn die Vergaberechtswidrigkeit zu einem erhöhten Aufwand geführt hat, etwa wenn statt des wirtschaftlichsten Angebots ein Angebot zu unangemessenem Preis zum Zuge kommt.

Ein solcher aufwandrelevanter Vergaberechtsverstoß stehe nicht in Rede. Der in der Tat auffällig hohe Betrag für die Position Baustelleneinrichtung, der fast 20 % des Gesamtangebotspreises umfasst, sei ein Hinweis auf eine unzulässige Mischkalkulation, die gemäß §§ 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b, 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A zum Ausschluss des Angebots führt.

Eine - hier unterstellte - Mischkalkulation mag zu einer unzulässig intransparenten und gleichheitswidrigen Vergabe geführt haben. Es sei aber nicht erkennbar, dass dadurch höherer Aufwand entstanden ist. Die übrigen Angebote setzten zum Teil zwar deutlich niedrigere Preise für die Position Baustelleneinrichtung an. Jedoch sei der Gesamtpreis des zum Zuge gekommenen Anbieters noch immer so niedrig, dass selbst dann, wenn diesem Gesamtpreis einschließlich der Kostenposition Baustelleneinrichtung der jeweilige Preis für die Baustelleneinrichtung der Konkurrenzangebote hinzugefügt würde, das so erhöhte Angebot immer noch günstiger als das jeweilige Konkurrenzangebot wäre. Damit könne nicht festgestellt werden, dass der geltend gemachte Aufwand zum Teil nicht erforderlich und damit nicht beitragsfähig wäre.

Rechtzeitige Einlieferung der Rechtsmittelschrift einer Behörde

1. Das Datum der Einlieferung der Rechtsmittelschrift einer Behörde bei der Post ist für das Gericht nicht offenkundig, wenn der Umschlag, in dem das Schreiben bei Gericht eingeht, nur den Postfreistempleraufdruck der Behörde trägt.

2. Zur Darlegung fehlenden Verschuldens an der Versäumung einer Rechtsmittelfrist gehören auch bei einer Behörde Angaben zur Organisation des Postausgangs sowie der Postausgangskontrolle hinsichtlich fristwahrender Schriftstücke.

OVG NRW, Beschluss vom 31. Januar 2008
- Az.: 3 A 180/08 -

Das OVG hat den Antrag der Beklagten, ihre Berufung unter Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Fristversäumung zur Stellung des Zulassungsantrages zuzulassen, abgelehnt. Nach § 60 Abs. 1 VwGO ist demjenigen, der ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Nach § 60 Abs. 2 Satz 1 1. Halbs. VwGO ist der Wiedereinsetzungsantrag binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Diese Frist gilt auch für die Geltendmachung der Wiedereinsetzungsgründe; eine Ausnahme hiervon gilt nur für Wiedereinsetzungsgründe, die für das Gericht offenkundig sind.

Im vorliegenden Fall sei für das Gericht zunächst nicht offenkundig, dass die Beklagte ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Zulassungsfrist gehindert war. Zwar befindet sich bei den Gerichtsakten des Parallelverfahrens bei der dortigen Antragsschrift ein Briefumschlag, der einen Postfreistempleraufdruck der Beklagten mit einem Datum innerhalb der Frist trägt. Ein derartiger Aufdruck sei jedoch nicht geeignet nachzuweisen, dass die betreffende Postsendung tatsächlich an dem im Stempelaufdruck angegebenen Tag bei der Post eingeliefert worden ist, weil er vor der Aufgabe zur Post von der absendenden Stelle selbst auf dem Briefumschlag angebracht wird.

Einen Poststempel weist der Umschlag demgegenüber nicht auf. Die Beklagte habe innerhalb der zweiwöchigen Wiedereinsetzungsfrist keine Umstände dargelegt, aus denen sich ergibt, dass sie an der Versäumnis der Frist für die Stellung des Zulassungsantrages kein Verschulden trifft.

Die Beklagte beruft sich zwar darauf, das Fristversäumnis beruhe auf einer Verzögerung der Briefbeförderung im Bereich der Deutschen Post AG, bei der sie den Zulassungsantrag so rechtzeitig eingeliefert habe, dass sie mit einem rechtzeitigen Eingang beim VG habe rechnen dürfen. Der Nachweis fehlenden Verschuldens scheitert aber daran, dass die Angaben der Beklagten zu den Abläufen bei Absendung des Zulassungsantrags Raum lassen für Zweifel, ob die betreffende Sendung tatsächlich am angegebenen Tag zur Post gelangt ist, und die Beklagte zudem jegliche Angabe dazu vermissen lässt, dass und wie in ihrem Hause eine den Anforderungen genügende Postausgangskontrolle hinsichtlich fristgebundener Schriftsätze gewährleistet ist.

Abgesehen hiervon sei auch die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass der - unterstellt rechtzeitig zur Poststelle gelangte, verpackte und freigestempelte - Zulassungsantrag aufgrund eines Versehens wessen und welcher Art auch immer nicht dem Kurierfahrer mitgegeben worden ist, sondern in der Poststelle verblieb. Dass und in welcher Weise im Hause der Beklagten gegen derartige Versehen Vorsorge getroffen worden oder warum zumindest für den fraglichen Tag ein solches Versehen auszuschließen sein sollte, ergebe sich aus dem Vorbringen der Beklagten nicht. Für die Postausgangskontrolle bei Behörden gelten indes die gleichen Maßstäbe wie für Rechtsanwälte. Danach ist eine wirksame Postausgangskontrolle hinsichtlich fristgebundener Schreiben durchzuführen, die gewährleistet, dass der tatsächliche Abgang dieser Schriftsätze aus dem behördeninternen Betrieb in den externen Postlauf zweifelsfrei nachgewiesen werden kann.

© StGB NRW 2008

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