Heft März 2017

Rechtsnatur und Nutzungsfrist eines Erbbegräbnisses

Privatrechtlicher Natur kann ein Erbbegräbnis in Nordrhein-Westfalen heute nur noch ganz ausnahmsweise dann sein, wenn es ein Grabnutzungsrecht an einer außerhalb eines Friedhofs gelegenen privaten Grundstücksfläche zum Inhalt hat. (Amtlicher Leitsatz)

OVG NRW, Beschluss vom 06.06.2016
- 19 A 1039/15 -

In der Berufungsinstanz hat das OVG NRW die Rechtsauffassung bestätigt, wonach die beklagte Kommune das unbefristete Grabnutzungsrecht (Erbbegräbnis) an einer Wahlgrabstätte auf dem städtischen Friedhof, welches die Vorfahren des Klägers am 9. Juli 1828 erworben hatten, auf den 8. Juli 2029, also auf die Dauer von dann 201 Jahren befristen durfte.

Kläger ist der Nutzungsberechtigte der Wahlgrabstätte mit acht Grabstellen. Mit Urteil vom 4. Mai 1929 hatte das Oberlandesgericht Hamm festgestellt, dass u. a. dem Rechtsvorgänger des Klägers sowie dessen Rechtsnachfolgern, wozu auch der Kläger zählt, das dingliche Recht zustehe, auf der Wahlgrabstätte „auf ewige Zeiten ohne neue Erwerbskosten seine Toten zu beerdigen“. Im Jahre 2014 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Nutzungszeit der Grabstätte bis zum 8. Juli 2029 befristet werde.

In seiner hiergegen gerichteten Klage hat der Kläger geltend gemacht, seine Rechtsvorgänger hätten nicht nur ein rechtskräftiges Urteil des Oberlandesgerichts Hamm zu ihren Gunsten erwirkt, sondern das Erbbegräbnisrecht auch mit einem gewissen Kapitaleinsatz erworben. Diese Rechte dürften seitens der Beklagten, die lediglich zusätzliche Einnahmequellen suche, nicht beschnitten werden. Bei dem Erbbegräbnisrecht handele es sich zudem um ein privates Recht eigener Art, dem Eigentumsqualität zukomme.

Das OVG hielt die Klage jedoch für unbegründet. Die Rechtsauffassung, bei dem Erbbegräbnis handele es sich „um ein privatrechtliches Rechtsverhältnis ..., das nicht ohne Weiteres durch eine öffentlich-rechtliche Regelung der Friedhofssatzung kassiert oder überwölbt werden kann“, sei unzutreffend. In der höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung sei seit Jahrzehnten geklärt, dass ein Nutzungsrecht an einer Grabfläche auf einem Friedhof als ein subjektiv-öffentliches Sondernutzungsrecht an der öffentlichen Anstalt Friedhof anzusehen sei, was unabhängig davon gelte, ob der Träger des Friedhofs ein staatlich-öffentlicher, ein kirchlicher oder in Nordrhein-Westfalen ausnahmsweise auch ein Übernehmer, also ein beliehener privater Rechtsträger sei (§ 1 Abs. 2, 4 bis 6 BestG NRW).

Danach habe das Verwaltungsgericht das Erbbegräbnis im Ergebnis zutreffend als öffentlich-rechtlich qualifiziert. Gemäß der Friedhofssatzung der Beklagten seien Nutzungsrechte an Wahlgräbern, die früher ohne Festlegung einer Nutzungszeit oder auf Friedhofsdauer gewährt worden waren, am 31. Dezember 1985 erloschen. Auch die Vereinbarkeit dessen mit den Grundrechten des GG sei in der höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung im Ergebnis seit langem geklärt.

Danach dürfe der Friedhofsträger im Einklang mit den Grundrechten das Nutzungsrecht satzungsrechtlich nachträglich zeitlich begrenzen und seine Verlängerung von der Zahlung einer Gebühr abhängig machen, wenn ein vom Friedhofszweck gedeckter Grund, insbesondere ein gestiegener Bedarf an Friedhofsfläche dies rechtfertigt und der Wesenskern des Nutzungsrechts unangetastet bleibt. Auch die Rechtskraft der o. g. OLG-Entscheidung stehe einer gerichtlichen Abänderung nicht entgegen, wenn nachträglich eingetretene Tatsachen vorlägen, aus denen sich eine wesentliche Veränderung der der Entscheidung zugrunde liegenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse ergebe.

Folgen einer Grundsteuer-Erhöhung

Eine Erhöhung des Hebesatzes der Grundsteuer B von 320 auf 960 v. H. hat keine ohne Weiteres erdrosselnde Wirkung. Sie ist bei erheblich defizitärer Haushaltslage auch nicht willkürlich. (Orientierungssatz)

Hess. VGH, Beschluss vom 10.08.2016
- 5 A 1817/16.Z -

Vor dem Hess. VGH ist ein Antrag auf Zulassung der Berufung in der Sache ohne Erfolg geblieben, der die Frage nach der Rechtmäßigkeit der Verdreifachung des Grundsteuerhebesatzes durch die Haushaltssatzung der Beklagten für das Jahr 2014 zum Gegenstand hatte. Zur Begründung verwies die Klägerseite darauf, dass die Gemeinden zu einer sparsamen Haushaltsführung verpflichtet seien und die Verdreifachung eine derart übermäßige Erhöhung des Grundsteuerhebesatzes darstelle, die dem verfassungsrechtlichen Willkürverbot und dem Erdrosselungsverbot widerspreche.

Wie das Gericht ausführt, sei die aufgeworfene Frage hinsichtlich der Verdreifachung des Hebesatzes in dieser Allgemeinheit nicht klärungsfähig. Denn die Verdreifachung des Hebesatzes könne in unterschiedlichen Gemeinden zu höchst unterschiedlichen Belastungen der Steuerpflichtigen führen. Die tatsächliche Steuerlast werde wesentlich mitbestimmt durch den Grundsteuermessbetrag. Dessen Ableitung erfolge auf der Grundlage des Einheitswerts des Grundstücks.

Zur Verdreifachung des Hebesatzes im konkreten Fall sei zunächst darauf hinzuweisen, dass es insoweit keinen gesetzlichen Höchstsatz gebe, weil kein Bundesland von der Ermächtigung des § 26 GrStG zur Festlegung gesetzlicher Höchstsätze Gebrauch gemacht habe. Soweit die Bevollmächtigte der Kläger das verfassungsrechtliche Willkürverbot anspreche, setze dies voraus, dass für eine derartige Annahme die Hebesatzerhöhung evident unsachlich sein müsste. Angesichts der von der Beklagten geschilderten erheblichen defizitären Haushaltslage fehle es in den Ausführungen der Klägerseite bereits an einer substantiierten Auseinandersetzung mit diesen Feststellungen.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung weckten auch nicht die Hinweise auf das Übermaß- und das Erdrosselungsverbot. Ein Verstoß gegen diese Grundsätze bei dem Erlass des Hebesatzerhöhungsbeschlusses durch die Gemeindevertretung sei von der Bevollmächtigten der Kläger nicht dargelegt worden. Sie kritisiere, dass sich nach den derart strengen Anforderungen der Senatsrechtsprechung an das Vorliegen einer Erdrosselungssteuer bei steuerlichen Kleinbeträgen die Frage der Erdrosselung und damit der Einhaltung des Übermaßverbots nicht stelle. Deshalb müsse ein anderer Maßstab aufgestellt werden, nach dem ab einer Verdoppelung der Steuer das Übermaßverbot tangiert sei.

Diese Ausführungen - so der Senat - ignorierten indes die verfassungsrechtlich garantierte Finanzhoheit und deren verfassungsrechtliche Grenzen und ersetzten lediglich den finanzpolitischen Beurteilungsspielraum der Beklagten durch eigene Erwägungen. Schließlich wecke auch der Klägervortrag zur vorrangigen Ausschöpfung anderer gemeindlicher Einnahmequellen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit. Dass die Einhaltung der Einnahmebeschaffungsgrundsätze Zulässigkeitsvoraussetzung einer gemeindlichen Steuererhöhung sei, habe der Senat bereits in früheren Beschlüssen verneint.

Erdrosselnde Wirkung einer Vergnügungssteuer-Satzung

Lässt bereits die Entwicklung der Anzahl der Spielautomatenbetriebe und der aufgestellten Spielgeräte seit Erlass der maßgeblichen Vergnügungsteuersatzung den hinreichend sicheren Rückschluss zu, dass die Erhebung der Spielgerätesteuer nicht erdrosselnd wirkt, so bedarf es zur Beurteilung dieser Frage keiner weiteren Ermittlungen zur Ertragslage der Aufsteller im Satzungsgebiet. (Amtlicher Leitsatz)

OVG Lüneburg, Beschluss vom 14.10.2016
- 9 LA 37/16 -

Das OVG Lüneburg hat unter Zurückweisung des Berufungszulassungsantrags der Klägerseite ein Urteil des VG Lüneburg bestätigt, das wiederum die Vergnügungssteuersatzung der beklagten niedersächsischen Kommune bestätigt hatte. Das VG hatte die Annahmen vertreten, die Vergnügungsteuer sei in den maßgeblichen Besteuerungszeiträumen kalkulatorisch abwälzbar gewesen und habe keine erdrosselnde Wirkung entfaltet.

Dem Vortrag der Klägerin lasse sich nicht entnehmen, dass wegen der Steuerhöhe bei einem Durchschnittsbetrieb im Erhebungsgebiet die Vergnügungsteuer nicht mehr auf den Spieler abgewälzt werden könne bzw. die Aufstellung von Spielautomaten nicht mehr gewinnbringend sei. Die von der Beklagten dargestellte Entwicklung der im Satzungsgebiet in Spielhallen aufgestellten Spielgeräte seit Erlass der Vergnügungsteuersatzung liefere ein gewichtiges und ausreichendes Indiz dafür, dass es generell - wie auch der Klägerin - nach wie vor möglich sei, die Vergnügungsteuer auf die Spieler abzuwälzen, ohne dass eine erdrosselnde Wirkung zu bejahen wäre.

Danach sei im Zeitraum vom 1. Juni 2011 bis zum 1. Februar 2015 die Anzahl der in Spielhallen aufgestellten Geräte mit Gewinnmöglichkeit von 32 auf 48 gestiegen. Eine derartige Entwicklung wäre nicht denkbar gewesen, wenn und soweit es den Automatenaufstellern nicht möglich gewesen wäre, die Vergnügungsteuer auf ihre Kunden abzuwälzen. Da sich bereits aus der Bestandsentwicklung seit Erlass der Vergnügungsteuersatzung ergebe, dass die kalkulatorische Abwälzbarkeit zu bejahen und eine erdrosselnde Wirkung zu verneinen seien, sei eine weitere tatrichterliche Ermittlung nicht erforderlich.

Nach Ansicht des OVG begründe es keinen ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit, dass das Verwaltungsgericht der von der Beklagten aufgezeigten Bestandsentwicklung eine solche Indizwirkung beigemessen habe und dass es ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens von einer tatsächlichen Abwälzbarkeit der Vergnügungsteuer und einer fehlenden Erdrosselungswirkung ausgegangen sei.

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei geklärt, dass hinsichtlich der Erdrosselungswirkung der Bestandsentwicklung seit Erlass der Spielgerätesteuersatzung eine indizielle Bedeutung zukommen könne, weil nicht erkennbar sei, weshalb ein wirtschaftlich denkender Unternehmer seinen Betrieb über längere Zeit fortführen und gegebenenfalls sogar weitere Spielgeräte anschaffen sollte, wenn es ihm wegen der Höhe der zu entrichtenden Vergnügungsteuer nicht möglich wäre, Gewinn zu erzielen.

Wäre eine erdrosselnde Wirkung vorhanden, so müssten mithin wirtschaftliche Auswirkungen dadurch feststellbar sein, dass die schwächsten Anbieter aus dem Markt scheiden, ohne dass neue ihren Platz einnehmen. Es müsste eine Tendenz zum Absterben der Spielgeräteaufsteller-Branche erkennbar werden. Lasse bereits die Entwicklung der Anzahl der Spielautomatenbetriebe und der aufgestellten Spielgeräte seit Erlass der maßgeblichen Satzung den hinreichend sicheren Rückschluss zu, dass die Erhebung der Spielgerätesteuer nicht erdrosselnd wirke, so bedürfe es zur Beurteilung dieser Frage keiner weiteren Ermittlungen zur Ertragslage der Aufsteller im Satzungsgebiet. Einen solchen Fall habe das Verwaltungsgericht hier rechtsfehlerfrei angenommen. Mit seiner Entscheidung schließt sich das OVG Lüneburg der vom nordrhein-westfälischen OVG entwickelten so genannten Bestandsentwicklungsmethode an.

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