Heft März 2011

Vollzug des Nachtragshaushalts für das Jahr 2010

Der Verfassungsgerichtshof NRW hat der Landesregierung mit einstweiliger Anordnung aufgegeben, bis zu einer Entscheidung im Normenkontrollverfahren gegen das Nachtragshaushaltsgesetz 2010 von einem Abschluss der Kassenbücher für das Haushaltsjahr 2010 abzusehen und bis dahin keine weiteren Kredite auf der Basis des Nachtragshaushaltsgesetzes 2010 aufzunehmen (nichtamtlicher Leitsatz).

VerfGH NRW, Beschluss vom 18. Januar 2011
- Az.:
VerfGH 19/10 -

Mit Blick auf die in Kürze zu erwartende endgültige Klärung der Verfassungsrechtslage im Hauptsacheverfahren war es nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofs geboten, den unmittelbar bevorstehenden Haushaltsabschluss und die in diesem Rahmen nicht auszuschließende bzw. nach Darlegung der Landesregierung unter Umständen erforderliche Inanspruchnahme der erhöhten Kreditermächtigung durch das Nachtragshaushaltsgesetz 2010 um wenige Wochen hinauszuschieben, um vollendete Tatsachen zu verhindern.

Der Argumentation der Landesregierung, der Nachtragshaushalt 2010 sei bereits vollzogen und Umbuchungen in Sondervermögen könnten nicht mehr zurückgebucht werden, ist der Verfassungsgerichtshof nicht gefolgt. Auch eine Gefahr für die Handlungsfähigkeit der Regierung oder eine Vorwegnahme der Hauptsache ist nach Einschätzung des Verfassungsgerichtshofs mit der Anordnung nicht verbunden. Ohne ihren Erlass wäre hingegen konkret zu befürchten gewesen, dass zwischenzeitlich auf der Grundlage einer möglicherweise verfassungswidrigen Ermächtigung Kredite in Milliardenhöhe aufgenommen worden wären.

Kölner Umweltzone rechtmäßig

Die zum 1. Januar 2008 in den Kölner Stadtteilen Deutz, Mühlheim und Innenstadt eingerichtete Umweltzone ist rechtmäßig (nichtamtlicher Leitsatz).

OVG NRW, Beschluss vom 25. Januar 2011
- Az.:
8 A 2751/09 -

Diese Feststellung des Verwaltungsgerichts Köln hat der 8. Senat des Oberverwaltungsgerichts bestätigt. Mit dem Beschluss ist der Antrag des Klägers, eines Kölner Rechtsanwalts, auf Zulassung der Berufung abgelehnt worden.

Die Einrichtung der Umweltzone beruht auf dem Luftreinhalteplan der Bezirksregierung Köln vom 31. Oktober 2006. Der Plan wurde aufgestellt, nachdem die maßgeblichen Grenzwerte für die Immissionsbelastung mit Stickstoffdioxid (NO2) an mehreren Messstellen auf Kölner Stadtgebiet überschritten worden waren. Ihm liegen eine Ermittlung der Verursachungsanteile verschiedener Emittentengruppen (Autoverkehr, Schiffsverkehr, Industrie, Kleinfeuerungsanlagen), eine Prognose der in den folgenden Jahren zu erwartenden Immissionswerte und eine Prüfung der zur Luftqualitätsverbesserung in Betracht kommenden Maßnahmen zugrunde.

Der Argumentation des Klägers, dass die Einrichtung der Umweltzone kein geeignetes Mittel zur Luftverbesserung sei und eine unverhältnismäßige Belastung allein der Autofahrer darstelle, ist der Senat nicht gefolgt. Der Luftreinhalteplan sei rechtlich nicht zu beanstanden. Die zugrunde liegenden Prognosen seien auf der Grundlage der bei Aufstellung des Plans vorhandenen tatsächlichen und wissenschaftlichen Erkenntnisse methodisch einwandfrei erstellt worden.

Dass der Luftreinhalteplan sich im Wesentlichen auf Maßnahmen zur Verminderung des vom Straßenverkehr verursachten Emissionsanteils beschränke, sei deshalb gerechtfertigt, weil Maßnahmen gegen andere Verursachergruppen - etwa die Schifffahrt - keinen kurzfristigen Erfolg versprächen oder mit schwerer wiegenden Belastungen verbunden seien. Stelle sich bei Auswertung der im Zieljahr 2010 ermittelten Messergebnisse heraus, dass die angestrebte Immissionsverbesserung nicht erreicht worden sei, führe das nicht zur Rechtswidrigkeit der derzeitigen Verkehrsregelung. Den Ergebnissen müsse vielmehr im Rahmen der Fortschreibung des Plans durch weitergehende Maßnahmen Rechnung getragen werden.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

Polizeiliche Dauerüberwachung

Die Dauerüberwachung eines aus der Strafhaft entlassenen Sexualstraftäters, der laut Sachverständigengutachten erneut Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung begehen könnte, ist rechtmäßig (nichtamtlicher Leitsatz).

VG Aachen, Urteil vom 24. Januar 2011
- Az.:
6 K 140/10 -

Die Dauerüberwachung gilt Karl D., einem aus der Strafhaft entlassenen Sexualstraftäter. Dieser war zuletzt im Jahr 1995 durch das Landgericht München II wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von vierzehn Jahren verurteilt worden. Nach Verbüßung der Strafe zog er im März 2009 zu seinem Bruder und dessen Ehefrau (den Klägern) nach Heinsberg-Randerath. Da der Landrat des Kreises Heinsberg als Kreispolizeibehörde unter Berufung auf ein Sachverständigengutachten zu der Einschätzung gelangte, Karl D. könne erneut Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung begehen, ordnete er dessen längerfristige Observation an. Da Karl D. mit den Klägern in einem Haus lebt, sind auch diese zwangsläufig von der Observation betroffen.

Die Kläger hatten argumentiert, die Dauerüberwachung verletze sie in ihrem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Die Vorschrift des nordrhein-westfälischen Polizeigesetzes, die eine Dauerobservation erlaube (§ 16 a), sei zu unbestimmt und zudem unverhältnismäßig. Selbst wenn man diese Vorschrift aber für anwendbar halte, lägen die konkreten Voraussetzungen der Norm nicht vor. Karl D. unterziehe sich ambulanten Therapiemaßnahmen, so dass von ihm keine Gefährlichkeit im Sinne von § 16 a des Polizeigesetzes ausgehe. Zudem hätte der Beklagte die Anwendung milderer Mittel wie z. B. das Anbringen einer elektronischen Fußfessel in Betracht ziehen müssen.

Das VG hat die Klage abgewiesen. Der Vorsitzende Richter hat in der mündlichen Urteilsbegründung ausgeführt, dass die Kammer die Regelung des Polizeigesetzes für anwendbar halte. Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit der Norm könne mit einer verfassungskonformen Auslegung begegnet werden. Auch die Anwendung der Vorschrift im konkreten Fall sei rechtmäßig erfolgt. Die gutachterlichen Feststellungen ließen nach wie vor den Schluss zu, dass Karl D. eine Gefahr für die Allgemeinheit sei. Ermessensfehler des Beklagten hinsichtlich der Durchführung der Observation lägen nicht vor, auch wenn sich die Kammer der Belastung bewusst sei, welche die Kläger durch die Überwachung zu ertragen hätten.

Die Kammer hat die Berufung gegen das Urteil zugelassen.

Kein Anspruch auf gestreute Straße

Straßenanlieger und Straßenbenutzer haben gegen die Gemeinde keinen durchsetzbaren Anspruch auf eine gestreute Straße (nichtamtlicher Leitsatz).

VG Aachen, Urteil vom 5. Januar 2011
- Az.:
6 L 539/10 -

Die Antragsteller begehrten von der Stadt Schleiden, die vor ihrem Grundstück verlaufende Straße mit Salz oder einem Lavagemisch zu streuen. Das Gericht verwies darauf, dass das Straßen- und Wegegesetz des Landes zwar den Gemeinden eine Reinigungspflicht für bestimmte Straßen auferlegt und sie zudem dazu anhält, bei Schnee und Eisglätte zu räumen und zu streuen. Dieser objektiven Pflicht stehe jedoch kein einklagbarer Anspruch des Straßenbenutzers bzw. Anliegers auf ordnungsgemäße Erfüllung gegenüber.

Erst wenn bei Nichterfüllung der Pflicht der Einzelne zu Schaden komme, könne der Betroffene einen Schadensersatzanspruch gegen die Gemeinde geltend machen. Eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben von Straßenbenutzern, die die Gemeinde ausnahmsweise zu einem unverzüglichen Einschreiten verpflichtet hätte, vermochte die Kammer im vorliegenden Fall nicht zu erkennen.

Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht eingelegt werden.

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