Heft Juni 2015

Grundsteuer für Studentenwohnheim

Eine Wohnung i. S. des § 5 Abs. 2 GrStG ist in einem Studentenwohnheim in Gestalt eines Appartementhauses gegeben, wenn eine Wohneinheit aus einem Wohn-Schlafraum mit einer vollständig eingerichteten Küchenkombination oder zumindest einer Kochgelegenheit mit den für eine Kleinkücheneinrichtung üblichen Anschlüssen, einem Bad/WC und einem Flur besteht und eine Gesamtwohnfläche von mindestens 20 qm hat.

BFH, Urteil vom 4. Dezember 2014
- Az.:
II R 20/14 -

Für Studentenwohnheime gilt insoweit dasselbe wie für abgeschlossene Appartements in einem Altenheim oder Altenwohnheim, die ebenfalls lediglich eine Gesamtwohnfläche von mindestens 20 qm haben müssen, um als Wohnung bewertet zu werden (BFH-Urteil in BFHE 136, 293, BStBl II 1982, 671).

Diese Frage hatte sich gestellt, weil nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a und b i. V. m. § 7 GrStG Grundbesitz, der von einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einer inländischen Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse, die nach der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung und nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken dient, unmittelbar für gemeinnützige oder mildtätige Zwecke benutzt wird, von der Grundsteuer befreit ist. Eine solche Grundsteuerbefreiung hat das öffentlich-rechtlich organsierte Studentenwerk für das von ihm betriebene Studentenwohnheim beansprucht.

Grundbesitz, der zugleich Wohnzwecken dient, ist aber nur unter den in § 5 Abs. 1 GrStG genannten Voraussetzungen von der Grundsteuer befreit. Wohnungen sind gemäß § 5 Abs. 2 GrStG stets steuerpflichtig, auch wenn die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 GrStG vorliegen, also etwa wenn sie zur Erfüllung gemeinnütziger oder mildtätiger Zwecke überlassen werden. Der Gesetzgeber hat damit eine Entscheidung dahin getroffen, dass bei einer Mehrheit von Räumen, die den Begriff der Wohnung erfüllen, stets das Überwiegen des Wohnzwecks anzunehmen und Grundsteuerpflicht gegeben ist.

Dies verbietet es, Rechtsträgern i. S. des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a und b GrStG eine Grundsteuerbefreiung dann zu gewähren, wenn sie Wohnungen in Verwirklichung eines gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecks Dritten überlassen. Diese Einschränkung der Befreiung von der Grundsteuer ist mit dem Grundgesetz vereinbar (BFH-Urteile vom 21. April 1999 II R 5/97, BFHE 188, 434, BStBl II 1999, 496; vom 15. März 2001 II R 38/99, BFH/NV 2001, 1449, und vom 11. April 2006 II R 77/04, BFH/NV 2006, 1707; Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 4. April 1984 1 BvR 1139/82, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1984, 436).

Passentziehung bei Salafisten

Das Oberverwaltungsgericht NRW hat die Berufung eines 23-jährigen Solingers zurückgewiesen, der gegen Einschränkungen seiner Ausreisefreiheit klagte. Der Kläger gefährde erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland, da zu befürchten sei, dass er zur Unterstützung des militanten „Jihad“ in Syrien ausreisen wolle.

OVG NRW, Urteil vom 4. Mai 2015
- Az.:
19 A 2097/14 -

Die Stadt Solingen hatte dem Kläger mit Verfügung vom 19. Dezember 2013 den Reisepass entzogen und den Geltungsbereich seines Personalausweises auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland beschränkt. Vorausgegangen war den Maßnahmen ein Ausreiseversuch des Klägers, der am 4. Dezember 2013 daran gehindert worden war, mit zwei Begleitern, die die Behörden ebenfalls dem salafistischen Spektrum zuordnen, einen Flug Richtung Istanbul anzutreten.

Die beklagte Stadt hat angenommen, dass der Kläger erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, nämlich deren auswärtige Beziehungen. Sie hat ihre Gefahreneinschätzung, er wolle zur Beteiligung am bewaffneten „Jihad“ in Syrien ausreisen, auf eine Reihe von Umständen gestützt. So befand der Kläger sich bei salafistischen Ausschreitungen in Solingen am 1. Mai 2012 am Veranstaltungsort und war nach Erkenntnissen der Polizei wie sein älterer Bruder bis zu dessen Verbot im Juni 2012 regelmäßiger Besucher des Moscheevereins „Millatu Ibrahim e. V.“ in Solingen.

In der Folge beteiligte er sich an so genannten Koraninformationsständen und trat als Begleiter des islamistischen Predigers Hassan Keskin sowie im Zusammenhang mit der Vereinigung „Tauhid Deutschland“ in Erscheinung, die das Bundesinnenministerium im März 2015 ebenfalls verboten hat. Der 19. Senat des OVG hat - wie bereits das Verwaltungsgericht Düsseldorf - die auf dieser Grundlage verfügte Passentziehung und Personalausweisbeschränkung trotz der damit verbundenen Einschränkung der Ausreisefreiheit für rechtmäßig gehalten.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen.

Grenze des Eingaberechts aus § 24 GO NRW

Das Eingaberecht aus § 24 Abs. 1 Satz 1 GO NRW findet dort seine Grenze, wo es dem Petenten nicht mehr um ein Sachanliegen geht, sondern um eine rechtsmissbräuchliche Inanspruchnahme öffentlicher Stellen. Die angegangene Stelle ist daher nicht verpflichtet, sich mit einer rechtmissbräuchlich vorgebrachten Eingabe sachlich zu befassen.

OVG NRW, Beschluss vom 25. März 2015
- Az.:
15 E 94/15 -

Die Beteiligten streiten im Klageverfahren darum, ob der Bürgermeister verpflichtet ist, eine von ihm für rechtsmissbräuchlich gehaltene Eingabe des Klägers dem Haupt- und Finanzausschuss des Rates der Beklagten vorzulegen. Das VG hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Klage abgelehnt, die dagegen gerichtete Beschwerde des Klägers hatte vor dem OVG Erfolg.

Dem Kläger, der nach den von ihm dargelegten persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, ist für das erstinstanzliche Klageverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg und erscheint nicht mutwillig.

Die vom Kläger erhobene Leistungsklage dürfte begründet sein. Der Kläger kann aller Voraussicht nach beanspruchen, dass seine Eingabe dem Haupt- und Finanzausschuss vorgelegt wird. Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 GO NRW hat jeder das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Anregungen oder Beschwerden in Angelegenheiten der Gemeinde an den Rat oder die Bezirksvertretung zu wenden. Die Erledigung von Anregungen und Beschwerden kann der Rat einem Ausschuss übertragen. Die näheren Einzelheiten regelt die Hauptsatzung.

Gemäß § 5 Abs. 2 UAbs. 2 i. V. m. Abs. 4 der Hauptsatzung der Beklagten vom 06.02.2012 werden Anregungen und Beschwerden, die in analoger Anwendung innerhalb einer bestimmten Frist beim Bürgermeister eingehen, dem Haupt- und Finanzausschuss in der nächsten Sitzung vorgelegt. Ist die Frist abgelaufen, erfolgt die Vorlage in der darauf folgenden Sitzung.

Diese Voraussetzungen für eine Vorlage sind hier erfüllt, was die Beklagte auch nicht in Abrede stellt. Allerdings meint sie, der Bürgermeister müsse die Eingabe gleichwohl nicht vorlegen, weil sie rechtsmissbräuchlich sei. Dem ist sehr wahrscheinlich nicht zu folgen. Zwar ist in der Rechtsprechung des Senats anerkannt, dass das Eingaberecht dort seine Grenze findet, wo es dem Petenten nicht mehr um ein Sachanliegen geht, sondern um eine rechtsmissbräuchliche Inanspruchnahme öffentlicher Stellen. Die angegangene Stelle ist daher nicht verpflichtet, sich mit einer rechtsmissbräuchlich vorgebrachten Eingabe sachlich zu befassen.

Daraus folgt jedoch keine Vorprüfungsbefugnis des Bürgermeisters, die es ihm erlauben würde, eine rechtsmissbräuchliche Eingabe gar nicht erst vorzulegen. Die Behandlung aller Eingaben obliegt grundsätzlich der angegangenen Stelle. Allerdings kann nach § 24 Abs. 1 Satz 3 GO NRW der Rat die Erledigung der Eingaben einem Ausschuss übertragen. Zu der Frage einer Vorprüfungskompetenz des Bürgermeisters verhält sich die Vorschrift hingegen nicht. Ob angesichts dessen die Hauptsatzung dem Bürgermeister die Befugnis übertragen kann, Eingaben schon im Vorfeld auszusondern, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Denn die Hauptsatzung der Beklagten sieht eine solche Kompetenz in Bezug auf rechtsmissbräuchliche Eingaben nicht vor.

Gemäß § 5 Abs. 2 UAbs. 1 Satz 1 der Hauptsatzung sind Anregungen und Beschwerden, die nicht in den Aufgabenbereich der Beklagten fallen, vom Bürgermeister an die zuständige Stelle weiterzuleiten. Darüber hinaus sind nach Abs. 3 der Vorschrift Eingaben von Bürgern, die weder Anregungen noch Beschwerden zum Inhalt haben, ohne Beratung unmittelbar vom Bürgermeister zurückzugeben. In allen anderen Fällen hat der Bürgermeister demgegenüber die Eingabe dem Haupt- und Finanzausschuss vorzulegen, der nach Abs. 5 UAbs. 1 Satz 2 eine inhaltliche Prüfung der Eingabe vorzunehmen und das weitere Verfahren festzulegen hat. Dies schließt in Ermangelung einer gegenteiligen Regelung rechtsmissbräuchliche Eingaben ein, zumal die angerufene Stelle in Einzelfällen durchaus Veranlassung sehen kann, sich mit einer rechtsmissbräuchlichen Eingabe inhaltlich zu befassen.

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