Heft Juni 2007

Grundsteuer für selbstgenutzte Einfamilienhäuser

Die Erhebung von Grundsteuer auch für selbstgenutzte Einfamilienhäuser ist verfassungsrechtlich unbedenklich.

OVG NRW, Beschluss vom 25. April 2007
- Az.: 14 A 661/06 -

Der 14. Senat des OVG hat den Antrag eines Ehepaares aus Krefeld auf Zulassung der Berufung gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf abgelehnt, mit dem die Klage gegen einen Grundsteuerbescheid der Stadt Krefeld aus dem Jahr 2005 abgewiesen worden war.

Die Kläger sind Eigentümer eines mit einem von ihnen genutzten Einfamilienhaus bebauten Grundstücks in Krefeld. Für dieses Grundstück zog die Stadt Krefeld die Kläger im Jahr 2005 zu einer Grundsteuer von 493,10 EUR heran. Dagegen klagte das Ehepaar beim Verwaltungsgericht Düsseldorf, das die Klage allerdings abwies. Gegen dieses Urteil beantragten die Kläger beim Oberverwaltungsgericht die Zulassung der Berufung im Wesentlichen mit der Begründung, die Erhebung von Grundsteuer auch für selbstgenutzte Einfamilienhäuser sei verfassungswidrig, sie verstoße insbesondere gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes. Dem ist das OVG nicht gefolgt. Es hat den Antrag auf Zulassung der Berufung mit dem o. g. Beschluss als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Wie schon andere Oberverwaltungsgerichte bzw. Verwaltungsgerichtshöfe und der Bundesfinanzhof in früheren Entscheidungen entschieden hätten, sei die Erhebung von Grundsteuer auch für selbstgenutzte Einfamilienhäuser verfassungsrechtlich unbedenklich. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes liege nicht vor.

Die Kläger - und andere Grundstückseigentümer sowie sonstige Interessierte - hatten weitere Hoffnung in das beim OVG geführte Berufungszulassungsverfahren gesetzt, nachdem das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 21.06.2006 - 1 BvR 1644/05 - eine die Grundsteuer betreffende Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen und diese Entscheidung - wie durchaus üblich - nicht begründet hatte.

Der Beschluss des OVG ist unanfechtbar. Die Kläger haben allerdings bereits angekündigt, Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht erheben zu wollen.

Grundsteuererlass bei strukturellem Leerstand

Ein Grundsteuererlass gem. § 33 Abs. 1 Grundsteuergesetz (GrStG) kommt nicht nur bei atypischen und vorübergehenden Ertragsminderungen in Betracht, sondern kann auch strukturell bedingte Ertragsminderungen von nicht nur vorübergehender Natur erfassen. (Änderungen der Rechtsprechung des BVerwG.)

BVerwG, Beschluss vom 24. April 2007
- Az.: GmS-OGB 1.07 -

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich der Auffassung des Bundesfinanzhofes angeschlossen, dass ein Grundsteuererlass gemäß § 33 Abs. 1 Grundsteuergesetz (GrStG) nicht nur bei atypischen und vorübergehenden Ertragsminderungen in Betracht kommt, sondern auch strukturell bedingte Ertragsminderungen nicht nur vorübergehender Natur erfassen kann.

Das BVerwG hatte im Jahr 2001 entschieden, dass ein Grundsteuererlass wegen einer Ertragsminderung für Mietobjekte nicht in Betracht kommt, wenn diese auf die allgemeine Wirtschaftslage, d. h. auf einen so genannten strukturellen Leerstand zurückzuführen ist. Von einer solchen Situation seien alle Grundstückseigentümer betroffen. Deshalb komme nicht ein auf den Einzelfall bezogener Steuererlass in Betracht. Der in der Unvermietbarkeit zum Ausdruck kommende geringere Wert des Mietobjekts könne nur bei einer Neufestsetzung des Einheitswertes berücksichtigt werden. Ein Grundsteuererlass sei deshalb nur in Fällen atypischer und vorübergehender Ertragsminderung zu gewähren.

Von dieser Rechtsprechung will der Bundesfinanzhof in einem von ihm zu entscheidenden Fall abweichen. In dem hierfür vorgesehenen Verfahren vor dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes hat das Bundesverwaltungsgericht mitgeteilt, dass es an seiner bisherigen Rechtsprechung nicht mehr festhalte.

Verfügung der Kommunalaufsicht

1. In der von einer Gemeinde mit vorläufiger Haushaltsführung für eine Kreditaufnahme gemäß § 82 Abs. 2 Satz 2 GO NRW vorzulegenden, nach Dringlichkeit geordneten Aufstellung der vorgesehenen unaufschiebbaren Investitionen orientiert sich der Begriff Dringlichkeit in erster Linie an der sachlichen Notwendigkeit der Aufwendungen. Die Refinanzierbarkeit der Aufwendung („kostenrechnende Einrichtung“) weist dazu keinen Bezug auf.

2. § 26 Abs. 8 Satz 2 GO NRW, wonach ein Bürgerentscheid nach Ablauf von zwei Jahren durch Ratsbeschluss abgeändert werden kann, trifft keine Aussage, wann ein Bürgerentscheid durchgeführt werden muss. Vielmehr findet insoweit die Pflicht des Bürgermeisters aus § 62 Abs. 2 Satz 2 GO NRW, Ratsbeschlüsse ohne sachlich nicht gebotene Verzögerung durchzuführen, entsprechende Anwendung.

OVG NRW, Beschluss vom 4. April 2007
- Az.: 15 B 266/07 -

Die antragstellende Gemeinde hatte beschlossen, eine Straße auszubauen und dabei zugleich den Mischwasserkanal zu sanieren. Im Januar 2005 entschied ein Bürgerentscheid, dass die Ausbauentscheidung aufgehoben und die Verwaltung nur noch beauftragt werde, den Kanal zu erneuern. Seit 2005 verfügt die Gemeinde mangels genehmigten Haushaltssicherungskonzepts nicht mehr über eine bekannt gemachte Haushaltssatzung. Der Gemeinderat beschloss, die Kanalsanierung in der Dringlichkeitsliste nach § 82 Abs. 2 Satz 2 GO NRW für das Haushaltsjahr 2008 vorzusehen. Der antragsgegnerische Landrat als Kommunalaufsichtsbehörde hob diesen Beschluss auf und ordnete unter Anordnung der sofortigen Vollziehung an, die Kanalsanierung für das Haushaltsjahr 2006 vorzusehen. Das von der Gemeinde dagegen angestrengte Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes hatte in der Beschwerdeinstanz Erfolg.

Das besondere öffentliche Vollziehungsinteresse hinsichtlich der kommunalaufsichtsrechtlichen Verfügung überwiegt nicht das Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage. Die Verfügung erweist sich nämlich aus den im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründen als offensichtlich rechtswidrig.

Die kommunalaufsichtsrechtliche Verfügung hebt zum einen Beschlüsse des Rates der Antragstellerin auf, mit denen die Kanalsanierung in die Dringlichkeitsliste gemäß § 82 Abs. 2 Satz 2 GO NRW für das Haushaltsjahr 2008 aufgenommen bzw. diese zeitliche Zuordnung bestätigt wurde. Zum anderen ordnet sie die Aufnahme dieser Maßnahme in die Dringlichkeitsliste für das Haushaltsjahr 2006 an.

Nach § 122 Abs. 1 GO NRW kann die Aufsichtsbehörde, hier der Antragsgegner, Beschlüsse des Rates aufheben, die das geltende Recht verletzen. Dass die in Rede stehende Kanalbaumaßnahme nicht vor dem Haushaltsjahr 2008 ausgeführt werden soll, verletzt das geltende Recht nicht.

Eine Gemeinde mit vorläufiger Haushaltsführung hat dem Antrag auf Genehmigung einer Kreditaufnahme eine nach Dringlichkeit geordnete Aufstellung der vorgesehenen unaufschiebbaren Investitionen beizufügen. Eine Vorverlagerung der Kanalbaumaßnahme in die Zeit vor 2008 stünde weder im Einklang mit den haushaltsrechtlichen Voraussetzungen, noch könnte sie mit dem erfolgten Bürgerentscheid gerechtfertigt werden.

Eine Planung der Sanierungsmaßnahme vor dem Jahre 2008 widerspräche angesichts des Zustands des Kanals dem Erfordernis der Unaufschiebbarkeit der Investition: Eine Dringlichkeit der Sanierung aus abwassertechnischen Gründen wird vom Antragsgegner selbst nicht geltend gemacht. Auch nach Aktenlage kann davon nicht ausgegangen werden.

Zu Unrecht meint der Antragsgegner in der angegriffenen Aufsichtsverfügung, die Einstufung der Kanalsanierung für ein Haushaltsjahr vor 2008 sei deshalb vertretbar, weil es sich um eine kostenrechnende Einrichtung handele, weil also die mit der Aufnahme in die Dringlichkeitsliste vorgesehene Kreditaufnahme letztlich haushaltsunschädlich sei, da sie mit höheren Einnahmen aus Kanalbenutzungsgebühren verbunden sei. Ob diese Annahme zutrifft, erscheint nicht zweifelsfrei: So trägt die Antragstellerin vor, es sei mit Gebührenausfällen zu rechnen, weil die Kosten einer Sanierung eines noch nicht sanierungsbedürftigen Kanals nicht in die Gebührenbedarfsberechnung eingestellt werden könnten. Davon unabhängig ergeben sich gewichtige Zweifel daraus, dass für den Fall, dass der Kanal auch der Straßenentwässerung dient, nach § 8 Abs. 4 Satz 4 KAG NRW ein dem Gemeindeanteil entsprechender Teil des Aufwandes bei einem zu erhebenden Straßenbaubeitrag nicht refinanzierbar auf die Antragstellerin entfallen würde.

All dies bedarf hier aber keiner Klärung: § 82 GO NRW unterwirft die Gemeinde, die mangels bekannt gemachter Haushaltssatzung der vorläufigen Haushaltsführung unterliegt, besonderen Restriktionen, die sich in erster Linie an der sachlichen Notwendigkeit der Aufwendungen orientieren. Auf dieser Grundlage kann die in § 82 Abs. 2 Satz 2 GO NRW geforderte Unaufschiebbarkeit der Investition nicht mit der Refinanzierbarkeit der Aufwendung begründet werden, weil die Frage der Finanzierung keinen Bezug zu der gebotenen sachlichen Notwendigkeit der Aufwendung aufweist.

Die angegriffene Verfügung geht ferner davon aus, dass sich die besondere Dringlichkeit der Kanalsanierung in der K.-Straße aus dem Umstand ergebe, dass die Maßnahme durch Bürgerentscheid von Januar 2005 beschlossen worden sei. Auch diese Begründung ist ersichtlich nicht tragfähig.

Es ist schon zweifelhaft, ob das Bürgerbegehren überhaupt die Kanalsanierung als positive Maßnahme zum Gegenstand hat oder sich nicht vielmehr auf die Aufhebung des Beschlusses beschränkt, die K.-Straße auszubauen.

Auch § 26 Abs. 8 Satz 2 GO NRW, der die Abänderung eines Bürgerentscheids nach Ablauf von zwei Jahren durch Ratsbeschluss erlaubt, gibt - anders, als der angegriffene Bescheid es annimmt - nichts dafür her, dem Bürgerentscheid eine solche Zeitvorgabe zu entnehmen. Richtig ist zwar, dass ein Bürgerentscheid vom Bürgermeister entsprechend § 62 Abs. 2 Satz 2 GO NRW auszuführen ist. Richtig ist auch, dass der Bürgermeister nicht befugt ist, diese Ausführung ohne sachlichen Grund hinauszuzögern. Jedoch verbleibt dem Bürgermeister das Recht und obliegt ihm die Pflicht, den Bürgerentscheid - wie auch jeden Ratsbeschluss - nach einem sachlich vertretbaren Zeitplan umzusetzen. Alleine dafür könnte ein Bürgerentscheid zeitliche Vorgaben machen. Das ist hier, wie ausgeführt, nicht der Fall.

Schließlich wäre selbst dann, wenn dem Bürgerentscheid zu entnehmen wäre, dass eine rasche Sanierung vor dem Haushaltsjahr 2008 gewollt war, die Verfügung offensichtlich rechtswidrig. Ein Bürgerentscheid untersteht nicht anders als ein Ratsbeschluss dem geltenden Recht, hier dem Recht der vorläufigen Haushaltsführung nach § 82 GO NRW.

© StGB NRW 2007

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