Heft Januar-Februar 2011

Zweckverbandsumlagen und EU-Recht

Zweckverbandsumlagen, die ausschließlich zum Ausgleich für Ausgaben dienen, die dem Zweckverband aus der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen entstehen, sind keine Beihilfen nach Europarecht (nichtamtlicher Leitsatz).

BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2010
- Az.:
BVerwG 3 C 44.09 -

Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, unter welchen Voraussetzungen die Umlage eines Zweckverbandes als Beihilfe im Sinne des Europarechts anzusehen sein kann. Der Beklagte, ein rheinland-pfälzischer Zweckverband, beseitigt für seine Mitglieder und für weitere Kommunen Schlachtabfälle; dabei hält er auch Reservekapazitäten für Seuchenfälle vor. Außerdem verarbeitet er ungefährliches und deshalb frei handelbares Material etwa zu Tiermehl.

Die Klägerinnen sind im In- und Ausland tätige Unternehmen, die mit dem Beklagten im Bereich der frei handelbaren Schlachtabfälle konkurrieren. Sie sehen sich Wettbewerbsnachteilen ausgesetzt, weil der Beklagte die durch Gebühren nicht gedeckten Kosten der Tierkörperbeseitigung durch eine jährliche Verbandsumlage ausgleicht. Darin liege eine Quersubventionierung der anderen Tätigkeiten, die dem Beklagten erlaube, diese Leistungen zu niedrigeren Preisen anzubieten.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Auffassung der Klägerinnen zurückgewiesen, es handele sich bei der Umlage um eine Beihilfe, die ohne Genehmigung durch die Europäische Kommission nicht erhoben werden dürfe und bis zur Kommissionsentscheidung an die Verbandsmitglieder zurückgezahlt werden müsse. Nach den Umständen des Falles erhebe der Zweckverband die Umlage ausschließlich zum Ausgleich für Ausgaben, die ihm aus der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen im Bereich der Tierkörperbeseitigung entstünden. Die Umlage verschaffe ihm keinen finanziellen Vorteil, der seine Wettbewerbsposition gegenüber Konkurrenten verbessere; eine Quersubventionierung sei hinlänglich ausgeschlossen.

Schülerfahrtkosten und Taxifahrten

Die Erstattung von Schülerfahrtkosten wegen Taxifahrten scheidet dann aus, wenn die Eltern das Kind mit dem eigenen Pkw zur Schule bringen können oder zwingend anfallende Taxikosten aus eigenen Mitteln bestreiten können (nichtamtlicher Leitsatz).

VG Düsseldorf, Urteil vom 2. Dezember 2010
- Az.: 12 K 4571/10 -

Mit dem Urteil hat die 12. Kammer des Verwaltungsgerichts Düsseldorf die Klage einer alleinerziehenden Mutter und ihres 14-jährigen Sohnes abgewiesen, mit der sie die Verpflichtung des Bürgermeisters der Stadt Ratingen auf Erstattung von Schülerfahrtkosten für tägliche Taxifahrten des Sohnes vom Wohnort in Essen zu einer Schule in Ratingen begehrt, die er wegen einer emotionalen und sozialen Entwicklungsstörung besucht. In der mündlichen Urteilsbegründung führte der Vorsitzende im Wesentlichen aus, die Mutter könne ihr Kind morgens mit dem eigenen Pkw zur Schule bringen, deren Unterricht um 8.00 Uhr früh beginne. Die Rückfahrt zur Mittagszeit könne von ihr indes nicht geleistet werden, da sie zu dieser Tageszeit berufstätig sei. Die durch die Rückfahrt gegebenenfalls anfallenden Taxikosten in Höhe von 37,00 Euro täglich könne sie allerdings aus eigenen Mitteln bestreiten, da ihr Familieneinkommen insgesamt 3.700,00 Euro betrage.

Glasverbot im Kölner Straßenkarneval

Mit Eilbeschlüssen hat das OVG NRW das für den Sessionsauftakt am 11. November 2010 im Kölner Straßenkarneval verfügte Glasverbot der Stadt Köln bestätigt und damit anders lautende Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Köln aufgehoben.

OVG NRW, Beschlüsse vom 9. November 2010
- Az.:
5 B 1475/10 und 5 B 1476/10 -

Mit einer für sofort vollziehbar erklärten Allgemeinverfügung hatte die Stadt Köln für den 11. November 2010 in der Altstadt und im Zülpicher Viertel ein allgemeines Verbot ausgesprochen, Glasbehältnisse mitzuführen und zu benutzen.

Zur Begründung seiner Entscheidung hat der 5. Senat ausgeführt: Nach summarischer Prüfung spreche viel für die Rechtmäßigkeit des Glasverbots. Zwar werde im Allgemeinen durch das bloße Mitführen und Benutzen von Glasbehältnissen die Gefahrenschwelle nicht überschritten. Jedoch trete eine ordnungsrechtlich relevante Störung der öffentlichen Sicherheit durch die ordnungswidrige Entsorgung von Glasflaschen im öffentlichen Straßenraum ein, die im Kölner Straßenkarneval massenhaft erfolge. Nach den Erfahrungen der letzten Jahre liege es nahe, das hinreichend wahrscheinlich entstehende „Scherbenmeer“ bereits als unmittelbare Folge des Mitführens von Glasflaschen anzusehen. Es spreche auch viel dafür, dass die Stadt Köln all diejenigen als Störer in Anspruch nehmen dürfe, die die tatsächliche Verfügungsgewalt über gefahrbringende Glasbehältnisse innehätten.

Vorsorglich hat der Senat darauf hingewiesen, dass diese ohnehin nur vorläufige Bewertung der Gefahrenlage nicht ohne Weiteres auf andere Großveranstaltungen übertragbar sein dürfte. Ein Einschreiten in Fällen, in denen das Vorfeld konkreter Gefahren betroffen sei, bedürfe vielmehr einer besonderen gesetzlichen Ermächtigung.

Zeitgleich hat der Senat ein gegenüber einem Kiosk-Betreiber ausgesprochenes Verkaufsverbot für Getränke in Glasbehältnissen bestätigt. Gerade anlässlich von Massen-Karnevalsfeiern gebe der Kiosk-Betreiber eine Vielzahl von Glasflaschen ab, von denen beim typischen sofortigen Alkoholverzehr auf der Straße Gefahren ausgehen. Dies rechtfertige bei der gebotenen wertenden Betrachtungsweise voraussichtlich die Einbeziehung der Verkäufer in die Polizeipflicht. Die Beschlüsse sind unanfechtbar.

Private Wettbüros in NRW

Der 4. Senat des OVG NRW hat mit Eilbeschluss entschieden, dass die Ordnungsbehörden in NRW vorerst weiterhin gegen private Wettbüros vorgehen dürfen (nichtamtlicher Leitsatz).

OVG NRW, Beschluss vom 15. November 2010
- Az.: 4 B 733/10 -

Nach vorläufiger Einschätzung spreche nach wie vor vieles dafür, dass solche Betriebe gegen das staatliche Sportwettenmonopol verstießen. In der Sache hat der Senat damit seine bisherige Rechtsprechung fortgeführt.

Entgegen anders lautender Meldungen habe der Europäische Gerichtshof den deutschen Glücksspielstaatsvertrag in seinen Urteilen vom 8. September 2010 nicht für europarechtswidrig erklärt. Zwar habe der EuGH darin hervorgehoben, dass das staatliche Monopol auf Sportwetten die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit verletzen könne, wenn der Staat zugleich andere Glücksspielbereiche mit hohem Suchtpotential privaten Anbietern überlasse und deren Betätigung fördere. Die abschließende Prüfung, ob dies vor allem im Hinblick auf Geldspielautomaten in Spielhallen und Gaststätten der Fall sei, habe der EuGH aber den deutschen Verwaltungsgerichten überlassen.

Insoweit kommt das OVG in seinem jetzigen Eilbeschluss zu dem Ergebnis, dass dem Gesetzgeber - vorbehaltlich der Überprüfung in einem Hauptsacheverfahren - voraussichtlich nicht vorgeworfen werden könne, er verfolge bei Sportwetten einerseits und den gewerblichen Geldspielautomaten andererseits widersprüchliche Strategien. Allerdings deuteten neuere wissenschaftliche Untersuchungen darauf hin, dass die im Jahr 2006 erfolgten Neuregelungen für gewerbliche Automatenspiele zu einer Ausweitung dieses Marktes und zu einer Zunahme des Suchtpotentials geführt hätten. Hierauf müsse der Gesetzgeber gegebenenfalls reagieren. Gegenwärtig lasse sich nicht feststellen, dass er hierzu nicht bereit sei.

Die Entscheidung betrifft eine private Sportwettenvermittlerin in Lünen. Beim Senat sind zahlreiche gleich gelagerte Fälle aus anderen Städten und Gemeinden des Landes anhängig. Der Beschluss des 4. Senats des Oberverwaltungsgerichts ist unanfechtbar.

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