Heft April 2007

Ballungsraumzulage für Beamte

Weder das Alimentationsprinzip noch der Leistungsgrundsatz verpflichten den Besoldungsgeber in der gegenwärtigen Lage, erhöhten Lebenshaltungskosten in einem Ballungszentrum durch einen spezifischen Ausgleich Rechnung zu tragen (nichtamtlicher Leitsatz).

BVerfG, Urteil vom 6. März 2007
- Az.: 2 BvR 556/04 -

Mit der Verfassungsbeschwerde hatte ein Beamter die Gewährung einer „Ballungsraumzulage“ zum Ausgleich der erhöhten Lebenshaltungskosten in München begehrt. Er hatte mit Gutachten belegt, dass die Lebenshaltungskosten in der Landeshauptstadt München deutlich über denjenigen in anderen Landesteilen Bayerns liegen und ihm daher nach Begleichung der Lebenshaltungskosten ein deutlich geringerer Betrag zur freien Verfügung verbliebe als Teilen seiner Kollegen.

Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde zurückgewiesen. Es existiert kein hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums, der den Gesetzgeber verpflichtete, bei der Festsetzung der Bezüge einen spezifischen Ausgleich für regional erhöhte Lebenshaltungskosten zu gewähren. Geschützt sind nur diejenigen Regelungen, die das Bild des Beamtentums in seiner überkommenen Gestalt maßgeblich prägen, so dass ihre Beseitigung auch das Wesen des Beamtentums antasten würde. Zu diesem Kernbestand von Strukturprinzipien gehören unter anderem das Alimentationsprinzip und der Leistungsgrundsatz. Dem Ortszulagensystem der Beamtenbesoldung kommt dagegen kein in diesem Sinne wesensprägender Charakter zu. Bei der Ausgestaltung der Zulagen zur Beamtenbesoldung handelt es sich um eine Detailregelung, die keinen zwingenden Bezug zur Angemessenheit der Alimentation aufweist.

Sieht der Gesetzgeber keinen gesonderten Ausgleich für die örtlich bedingten Lebenshaltungskosten vor, so kann dies im Hinblick auf die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums nicht missbilligt werden, wenn sich die Bezüge gleichwohl auch in Ballungsräumen noch als angemessen erweisen und damit der Alimentierungspflicht Rechnung getragen wird. Der Besoldungsgesetzgeber ist durch das Alimentationsprinzip gegenwärtig nicht verpflichtet, erhöhte Lebenshaltungskosten in München durch einen spezifischen Ausgleich abzufedern.

Das Alimentationsprinzip gehört zu den verfassungsrechtlich gewährleisteten Grundsätzen des Berufsbeamtentums. Der Beamte muss über ein Nettoeinkommen verfügen, das seine rechtliche und wirtschaftliche Sicherheit und Unabhängigkeit gewährleistet und ihm über die Befriedigung der Grundbedürfnisse hinaus einen seinem Amt angemessenen Lebenskomfort ermöglicht. Die wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse unterscheiden sich regional teilweise erheblich, so dass unterschiedliche Nettobeträge erforderlich sein können, damit die Beamten in der Lage sind, sich in der Lebenswirklichkeit annähernd das Gleiche zu leisten. Es verletzt das Alimentationsprinzip daher nicht, wenn bei der Bemessung der Bezüge von Beamten, die das gleiche Amt innehaben, an Wohnsitz oder Dienstort anknüpfende Abstufungen vorgesehen werden, sofern sich solche regionalen Unterscheidungen nach Anlass und Ausmaß der Differenzierung vor dem Gleichheitssatz rechtfertigen lassen.

Welche Alimentation angemessen ist, bedarf allerdings der Konkretisierung durch den Gesetzgeber und ist von den jeweiligen Verhältnissen abhängig. Es ist nicht zu beanstanden, dass es der Gesetzgeber unterlassen hat, einen spezifischen Ausgleich für in Ballungsräumen erhöhte Lebenshaltungskosten vorzusehen. Die in bestimmten Ballungsräumen vergleichsweise hohen Preise spiegeln die dortige Lebensqualität wider. Sie bringen unter anderem zum Ausdruck, dass ein Leben in dem betreffenden Standort von einer Vielzahl von Menschen als attraktiv bewertet wird. Zwar trifft es zu, dass Bezieher niedriger und mittlerer Einkommen von Teilen dessen, was die Attraktivität des Lebens an Orten mit hohem Preisniveau ausmacht, gerade aus Kostengründen nicht oder nur eingeschränkt profitieren können.

Auch wenn berücksichtigt wird, dass etwa Teile des kulturellen Angebots, gehobene Einkaufsmöglichkeiten und innerstädtische Wohnungen nur von Personen mit höherem Einkommen intensiv oder überhaupt genutzt werden können, ist die Einschätzung nicht offensichtlich verfehlt, dass auch für Bezieher niedrigerer Einkommen den höheren Lebenshaltungskosten Vorteile gegenüberstehen, die dagegen sprechen, die geringere Kaufkraft des Beamtengehalts in diesen Räumen ohne weiteres mit einem entsprechend geringeren Lebensstandard gleichzusetzen.

Hinzu kommt, dass für die Amtsangemessenheit der Besoldung eines Beamten nicht allein der Vergleich zum Lebensstandard von Beamten in kostengünstigeren Regionen ausschlaggebend ist. Die Amtsangemessenheit der Alimentation des Beamten bestimmt sich auch durch ihr Verhältnis zu den Einkommen, die für vergleichbare und auf der Grundlage vergleichbarer Ausbildung erbrachte Tätigkeiten außerhalb des öffentlichen Dienstes erzielt werden. Es ist indes nicht dargetan, dass Beamte wie der Beschwerdeführer gegenüber vergleichbaren Erwerbstätigen außerhalb des öffentlichen Dienstes in einem Umfang benachteiligt würden, dass deshalb die Alimentation in München und Umgebung nicht mehr als „standesgemäß“ angesehen werden könnte.

Es ist allerdings Aufgabe des Gesetzgebers, die tatsächliche Entwicklung der Lebenshaltungskosten auf relevante Unterschiede zwischen Stadt und Land zu beobachten, um möglichen Verstößen gegen den Alimentationsgrundsatz angemessen begegnen zu können.

Eine Handlungspflicht des Gesetzgebers ergibt sich auch nicht aus dem Leistungsgrundsatz. Da die Bezüge so zu bemessen sind, dass sie dem Beamten eine Lebenshaltung ermöglichen, die der Bedeutung seines jeweiligen Amtes entspricht, muss sich die Stufung der Ämter auch in der Realität wiederfinden. Dies besagt aber nicht, dass die realen Lebensverhältnisse eines Beamten der Besoldungsgruppe A 13 in München mit denen eines Beamten der Besoldungsgruppe A 12 oder A 11 an einem anderen Ort zu vergleichen wären. Einem Vergleich zugänglich sind insoweit allein die Beamten der verschiedenen Besoldungsgruppen am selben Ort. Der Gesetzgeber geht zulässigerweise davon aus, dass die Beamten den unterschiedlichen Lebensverhältnissen in München und an Orten außerhalb dieses Ballungsraums durch entsprechende Lebensgestaltung Rechnung tragen.

Zweitwohnungssteuer für Studenten

Auch Studenten, die ihren ersten Wohnsitz bei ihren Eltern beibehalten und in Köln mit zweitem Wohnsitz gemeldet sind, sind verpflichtet, Zweitwohnungssteuer zu bezahlen (nichtamtlicher Leitsatz).

VG Köln, Urteil vom 14. Februar 2007
- Az.: 21 K 2275/06 -

Die Zweitwohnungssteuer wird in Köln seit dem 1. Januar 2005 erhoben. Grundlage dafür ist die Satzung über die Erhebung der Zweitwohnungssteuer in der Stadt Köln vom 17. Dezember 2004. Die Steuer beträgt 10 % der jeweiligen Nettokaltmiete.

Beim VG Köln sind mehrere Verfahren anhängig, mit denen Studenten und Auszubildende sich gegen entsprechende Steuerbescheide des Kassen- und Steueramtes wenden. Sie halten die Erhebung der Zweitwohnungssteuer in ihren Fällen für unzulässig - vor allem deshalb, weil sie zu einem Personenkreis gehören, der wirtschaftlich nicht leistungsfähig ist und keinen weiteren finanziellen Belastungen ausgesetzt werden dürfe. Dies unterscheide ihre Situation deutlich von der Situation wohlhabender Besitzer von Zweitwohnungen in attraktiven Feriengebieten, für die die Zweitwohnungssteuer ursprünglich gedacht gewesen sei.

Dieser Argumentation ist das VG Köln nicht gefolgt. Zur Begründung führte es aus, dem städtischen Satzungsgeber stehe ein weiter Ermessensspielraum bei der Einführung von Aufwandssteuern zu, der vorliegend nicht überschritten sei. Wenn die Steuerpflicht im Einzelfall wirtschaftlich unzumutbar sei, bestehe die Möglichkeit, individuell einen Erlass oder eine Stundung zu beantragen. Überdies könnten Studenten ihre Steuerpflicht auch dadurch vermeiden, dass sie sich mit ihrem ersten Wohnsitz in Köln anmelden. Dazu seien sie melderechtlich sogar verpflichtet, wenn die Wohnung am Studienort die vorwiegend benutzte Wohnung sei.

Bekanntmachung kommunaler Satzungen

Schreibt eine Bekanntmachungsregelung die kumulative öffentliche Bekanntmachung kommunaler Satzungen in zwei Tageszeitungen vor und stellt eine dieser Zeitungen ihr Erscheinen ein, so reicht es nach dem rechtsstaatlichen Publizitätsgebot aus, die Bekanntmachung weiteren Satzungsrechts zumindest vorübergehend in der verbliebenen Zeitung vorzunehmen (nichtamtlicher Leitsatz).

BVerwG, Urteile vom 11. Oktober 2006
- Az.: 10 CN 2.05 und 10 CN 3.05 -

Der Entscheidung lag ein Normenkontrollverfahren zugrunde, in dem um die Wirksamkeit von Entwässerungs- sowie Beitrags- und Gebührensatzungen eines Thüringer Abwasserverbandes gestritten wurde. Das OVG hatte dem Normenkontrollantrag mit der Begründung stattgegeben, dem Verband habe die Kompetenz zur Satzungsgebung gefehlt, weil er nicht wirksam gegründet worden sei; die zur Gründung erforderliche Verbandssatzung sei nicht ordnungsgemäß öffentlich bekannt gemacht worden. Die maßgebliche Bekanntmachungsregelung sah die Veröffentlichung in zwei Tageszeitungen vor, von denen eine im Zeitpunkt der Veröffentlichung ihr Erscheinen eingestellt hatte. Die nur in der verbliebenen Zeitung erfolgte Veröffentlichung hielt das OVG aus rechtsstaatlichen Gründen nicht für ausreichend.

Dieses Urteil hat das Bundesverwaltungsgericht wegen Verstoßes gegen das bundesverfassungsrechtliche Rechtsstaatsprinzip aufgehoben und die Sache im Hinblick auf noch offene weitere Fragen an das Normenkontrollgericht zurückverwiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Nach dem Rechtsstaatsprinzip müsse eine Rechtsnorm so verkündet werden, dass die Rechtsbetroffenen von deren Erlass und deren Inhalt verlässliche Kenntnis erlangen könnten. Dem habe die Bekanntmachung in der verbliebenen Zeitung Rechnung getragen, da für jeden Betroffenen auf der Hand gelegen habe, dass diese Zeitung nach Einstellung der anderen Zeitung als einziges der Bekanntmachungsregelung entsprechendes Publikationsorgan verblieben sei. Die Vorinstanz habe demgegenüber die aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Anforderungen überspannt, wenn sie außerdem fordere, für den Normadressaten müsse hinreichende Gewissheit darüber bestehen, ob die Veröffentlichung in der verbliebenen Tageszeitung ausreiche. Denn die Bekanntmachung habe nicht die Funktion, den Nachweis ihrer eigenen Wirksamkeit zu erbringen.

© StGB NRW 2007

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