Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 566/2020 vom 03.08.2020

Windkraftausbau: Untersuchung zum technischen Stand der Vogelschlag-Vermeidung

Eine neue Publikation des Bundesamts für Naturschutz (BfN), des Kompetenzzentrums Naturschutz und Energiewende (KNE) und der Fachagentur Wind an Land (FA Wind) zeigt den Stand der technischen Entwicklung zur Vermeidung der Kollision von Vögeln mit Windkraftrotoren auf. Die Autoren der Publikation kommen zu dem Ergebnis, dass der Einsatz in bestimmten Einsatzorten sinnvoll sein kann, jedoch aus Verhältnismäßigkeitsgründen keineswegs zum Standard werden sollte. Auch sei der Einsatz noch an jede Menge Fragen und Herausforderungen wie beispielsweise der Zuverlässigkeit der Maßnahme gebunden.

Viele Genehmigungen beim Ausbau der Windenergie scheitern immer wieder am Artenschutz. Insbesondere Vögel wie beispielsweise der Rotmilan waren in der Vergangenheit häufig Streitgegenstand vieler Genehmigungsverfahren und führten häufig zu einer kompletten Ablehnung der Genehmigung oder zu einem Betrieb unter Auflagen. Eine 2013 im Fachblatt Journal of Nature Conservation veröffentlichte wissenschaftliche Untersuchung kam zu dem Ergebnis, dass allein im Land Brandenburg jährlich 320 Rotmilane an Windkraftanlagen tödlich verunglückt sind. Berücksichtigt man den mittlerweile starken Ausbau in dem Bundesland, dürfte die Zahl aller Wahrscheinlichkeit nach heute höher liegen. Nichtsdestotrotz führt kein Weg am Ausbau der Windenergie an Land vorbei, wenn man die von der Bundesregierung ausgegebenen Klimaziele erreichen will.

Das Problem hat auch die Windkraftbranche erkannt und arbeitet bereits seit geraumer Zeit an Systemen, die das aufgezeigte Problem entschärfen. Die neue Publikation gibt nun eine aktuelle Übersicht über den Entwicklungsstand. Das Papier zielt laut den Autoren darauf ab, den Kenntnisstand über die Entwicklung und Anwendung technischer Erkennungssysteme und bedarfsgesteuerter Vermeidungsmaßnahmen bekannt zu machen. Die Systeme sind allerdings zum Beispiel im Hinblick auf Kosten und Nutzen noch nicht abschließend diskutiert. In dem Dokument geht es deshalb auch darum, erste Anforderungen und noch offenen Fragen zu erörtern.

In dem Papier heißt es, dass die schnelle Entwicklung in diesem Bereich perspektivisch die Möglichkeit eröffnet, Maßnahmen technischer Art zur wirksamen Verminderung von artenschutzrechtlichen Konflikten (wie Kollisionsrisiken mit Vögeln) durchzuführen. Aktuell basierten diese Systeme auf einer technikgestützten, zumeist visuellen Vogelerkennung. Die visuelle Erkennung dieser Schutzsysteme erfolge mit Kamerasystemen, Radar sowie GPS. In Abhängigkeit von der jeweiligen Vogelart, dem Flugverhalten und der Näherungsgeschwindigkeit zum Rotor der betroffenen Windenergieanlage werde diese in einen „Trudelbetrieb“ gebracht mit dem Ziel, das Kollisionsrisiko zu minimieren.

Bezüglich der Wirksamkeit dieser Systeme bestehen laut den Autoren von Naturschutzverbänden, Betreibern und Behörden zugleich große Hoffnung und Skepsis zum Einsatz derartiger Systeme, insbesondere ob die aktuellen Systeme tatsächlich das Tötungs- und Verletzungsrisiko für die Tiere vermindert. Weiter würden zahlreiche offene Fragen und Herausforderungen mit solchen Systemen einhergehen. So sind zum Beispiel Mindestanforderungen an die Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit der Systeme sowie Anforderungen an deren Wirksamkeit zu formulieren. Einige Fragestellungen, etwa zum Themenkomplex Vergrämung, sind kurzfristig weniger relevant bzw. durch einen eher längerfristigen Forschungsbedarf charakterisiert. Auf andere Fragen gibt es jedoch mit Blick auf die Einführung der Systeme bereits Antworten und hinsichtlich der technischen Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit erfolgversprechende Beispiele aus Erprobungen.

Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass die Etablierung technischer Systeme zur Erkennung und bedarfsgesteuerten Abschaltung absehbar und auch aus Naturschutzsicht vielversprechend sei. Technische Systeme könnten in Zweifelsfällen dazu beitragen, Untersuchungsergebnisse zu objektivieren, Prognoseunsicherheiten über die Flugaktivität zu mindern und Abschaltzeiten auf das notwendige Maß zu beschränken. Die noch offenen Anforderungen müssten dafür jedoch zeitnah festgelegt und von den Systemen nachprüfbar erfüllt werden. Allerdings stellen die Autoren auch deutlich heraus, dass derartige Schutzsysteme aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nicht zum Standard bei allen Windkraftvorhaben werden sollten und dürften. Vielmehr sollten diese nur für Vorhaben in Erwägung gezogen werden, bei denen ein Verstoß gegen naturschutzrechtliche Verbotsvorschriften wie bspw. § 44 Absatz 1 Nummer 1 Bundesnaturschutzgesetz in Betracht käme.  

Der Einsatz solcher Systeme kann den Ausbau der Windkraft an Land deutlich unterstützen. Es ist sinnvoller, eine sekundengenaue Umsteuerung der Anlage bei der Gefahr einer Kollision technisch zu ermöglichen als gänzlich den Betrieb einer Anlage zu untersagen. Denn der Ausbau der Windenergie ist Klimaschutz und damit auch Artenschutz. Der StGB hat deshalb in der Vergangenheit bereits den Einsatz solcher Systeme zur Weiterentwicklung des Artenschutzes gefordert, um die Akzeptanz weiter zu erhöhen. Der Hinweis der Autoren, die aktuell bestehenden Systeme punktuell einzusetzen, erscheint sachgerecht. Denn die Notwendigkeit der Wirtschaftlichkeit der Windenergieprojekte nimmt mit Blick auf das Ende der EEG-Förderung weiter zu. Wenn die Akzeptanz in den Kommunen weiter gefördert werden soll, darf die geplante bessere finanzielle Beteiligung der Kommunen am Betrieb der Windenergie dadurch keinesfalls in Frage gestellt werden.

Die Publikation ist zu finden unter www.bfn.de.

Az.: 28.6.9-004/001 we

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