Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 687/2020 vom 26.10.2020

VG Trier zur gewerblichen Altkleidersammlung

Das VG Trier hat mit Urteil vom 24.06.2020 (Az. 9 K 419/20.TR) entschieden, dass im Rahmen der Ermessensausübung bei der Erteilung einer straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnissen für die Aufstellung von gewerblichen Altkleidercontainern auf öffentlichen Flächen nicht nur darauf abgestellt werden kann, dass durch die Gemeinde ein sog. Konzept der Entsorgung „aus einer Hand“ verfolgt wird. Es müsse auch die abfallrechtliche Zielsetzung des Bundesgesetzgebers beachtet werden, gewerbliche Abfallsammlungen dem Wettbewerb zu öffnen und diese nur einer Anzeigepflicht gemäß § 18 KrWG zu unterwerfen (so auch OVG Lüneburg, Urteil vom 19.02.2015 – Az. 7 LC 63/13 sowie OVG Lüneburg, Urteil vom 20.07.2020 – Az. 7 LB 58/16). Vor diesem Hintergrund kann – so das VG Trier -  die Versagung einer straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis für die Aufstellung von gewerblichen Altkleidercontainern auf öffentlichen Flächen nicht nur mit der schlichten Begründung versagt werden, dass ein Konzept der Entsorgung „aus einer Hand“ maßgebend sein soll, wenn dieses jedenfalls im Endergebnis dazu führt, dass nur noch ein Anbieter im öffentlichen Straßenraum Sammelcontainer aufstellen kann.

Die Geschäftsstelle weist ergänzend auf Folgendes hin:

Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat sich bislang mit dem Thema des „Entsorgungskonzeptes aus einer Hand“ noch nicht auseinandergesetzt. Auf der Grundlage der bislang ergangenen, straßenrechtlichen Rechtsprechung des OVG NRW (Urteil vom 13.05.2019 – Az.: 11 A 2627/18 – Rz. 31 und Rz. 41 der Urteilsgründe - abrufbar unter: www.justiz.nrw.de - ; OVG NRW, Urteil vom 28.03.2019 – Az.: 11 A 1166/16 - ) ist der straßenrechtliche Gesichtspunkt der Übermöblierung des öffentlichen Verkehrsraums und die dadurch bedingte negative Beeinflussung (Verschandelung) des Orts- und Stadtbildes eine tragende straßenrechtliche Erwägung, um die Anzahl von Alttextilien-Sammelcontainern auf öffentlichen Flächen generell zu begrenzen und Anträge auf Erteilung einer straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis abzulehnen, wenn die durch Ratsbeschluss festgelegte Zahl an Standorten auf öffentlichen Flächen erreicht worden ist.

Das OVG NRW hat sich somit der Rechtsprechungslinie des OVG Niedersachsen und des VG Trier bislang nicht angeschlossen.

Gemeinnützige Sammler dürfen allerdings nach dem OVG NRW (Urteil vom 13.05.2019 – Az.: 11 A 2627/18 – Rz. 33 der Urteilsgründe - abrufbar unter: www.justiz.nrw.de) nicht bevorzugt werden, weil das öffentliche Straßenrecht bzw. das straßenrechtliche Sondernutzungsrecht wirtschafts- und wettbewerbsneutral ist.

Deshalb darf durch Ratsbeschluss nur allgemein die Anzahl der Standplätze für Alttextilien-Container auf öffentlichen Flächen bezogen auf das gesamte Stadtgebiet begrenzt werden. Diese Entscheidung ist aber wiederum kein Geschäft der laufenden Verwaltung, sondern muss durch Ratsbeschluss getroffen werden (so ausdrücklich: VG Minden, Urteil vom 13.11.2018 – Az.: 1 K 364/18 – Rz. 41 der Urteilsgründe – abrufbar unter: www justiz.nrw.de).

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat jedenfalls mit Urteil vom 11.07.2017 (– Az.: 7 C 35.15 –) klargestellt, dass die Sammlung von Alttextilien zur Abfallentsorgungspflicht einer Gemeinde gehört (§ 17 Abs. 1, 20 Abs. 1 KrWG i. V. m. § 5 Abs. 6 LAbfG NRW), weil es sich bei den Alttextilien um Haushaltsabfälle (Abfälle aus privaten Haushaltungen) handelt. Es kann deshalb grundsätzlich nicht beanstandet werden, wenn dem abfallentsorgungspflichtigen, öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (§§ 17 Abs. 1, 20 Abs. 1 KrWG) vorrangig öffentliche Flächen zur Aufstellung von Alttextilien-Container bereitgestellt werden. Nur so kann dieser die ihm obliegende Abfallentsorgungspflicht ordnungsgemäß erfüllen. Im Übrigen muss das öffentlich-rechtliche Abfallentsorgungssystem jederzeit zur Benutzung durch die Bürgerinnen und Bürger verfügbar und einsatzbereit sein. Dieses gilt auch dann, wenn die Erlöse für die Verwertung von bestimmten Abfällen (wie z. B. Alttextilien) sinken und sich dann kein gewerblicher Sammler mehr für diese Abfälle ernsthaft interessiert. Auch unter diesem Blickwinkel hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 28.08.2014 (– Az.: 2 BvR 2639/09) klargestellt, dass das öffentlich-rechtliche Abfallentsorgungssystem des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers einen besonderen Stellenwert hat, welcher - auch durch den Bundesgesetzgeber - geschützt werden muss.

Im Übrigen wird in dem geänderten Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG = Bundesabfallgesetz), welches durch den Bundestag am 17.09.2020 und durch den Bundesrat am 09.10.2020 angenommen worden ist, in § 20 Abs. 2 KrWG 2020 geregelt sein, dass die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (in NRW: Städte, Gemeinden und Kreise) spätestens ab dem 01.01.2025 auch Alttextilien im Rahmen der öffentlichen Abfallentsorgung getrennt erfassen müssen. Das KrWG 2020 wird demnächst im Bundesgesetzblatt verkündet und somit noch im Jahr 2020 in Kraft treten.

Vor diesem Hintergrund berücksichtigt die Rechtsprechungslinie des OVG Niedersachsen und des VG Trier (Stichwort: Wettbewerb des öffentlich-rechtlichen Erfassungssystems mit gewerblichen Abfallsammlungen) diese Rechtsänderungen bislang nicht. Dieses ist aber erforderlich, weil insbesondere beachtet werden muss, welchen Inhalt die öffentliche Abfallentsorgungspflicht (§ 20 Abs. 2 KrWG 2020) hat und insoweit ein besonderer Schutz der öffentlich-rechtlichen Abfallerfassungs- und Abfallverwertungssysteme unter Berücksichtigung des Beschlusses des BVerfG (Beschluss vom 28.08.2014 – Az.: 2 BvR 2639/09) geboten ist.

Az.: 25.0.2.1 qu

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