Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 686/2020 vom 27.10.2020

Offener Brief an Bundeswirtschaftsminister Altmaier zum EON/RWE

Mit einem offenen Brief an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier und Anzeigen in überregionalen Tageszeitungen haben führende Stadtwerke und regionale Energieversorger auf den Streitbeitritt der Bundesrepublik Deutschland im Kartellverfahren vor dem EuG auf Seiten der EU-Kommission zugunsten von E.ON und RWE aufmerksam gemacht. Ein Energieversorger aus NRW ist nicht unter den unterzeichnenden Unternehmen.

In dem Schreiben, das insgesamt 12 Unternehmen sowie der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) unterzeichnet haben, heißt es:

„Wir fordern Sie auf, sich für einen fairen Wettbewerb in der deutschen Energiewirtschaft einzusetzen statt für „nationale Champions“! Setzen Sie sich aktiv für wirksame Auflagen im E.ON-RWE-Deal ein. Beseitigen Sie Wettbewerbshindernisse für mittelständische und kommunale Energieversorgungsunternehmen im Beihilfe-, Vergabe- und Gemeindewirtschaftsrecht. Schaffen Sie faire und ausgewogene Regeln für Vergleichsportale sowie die Pflicht, Daten bereitzustellen. Verhindern Sie die Bildung neuer Oligopole, z.B. beim Messstellenbetrieb und bei neuen digitalen Plattformen.

Dies alles dient dem fairen Wettbewerb, schützt Kunden und Verbraucher und sichert zugleich regionale Wertschöpfung.“

Hintergrund

Ende Mai reichte eine Gruppe namhafter Stadtwerke und Energieversorger, die nun auch Unterzeichner des offenen Briefs sind, als betroffene Wettbewerber beim Gericht der Europäischen Union (EuG) in Luxemburg eine Nichtigkeitsklage gegen den Megadeal ein. Hintergrund ist die fusionsrechtliche Freigabe des Deals im September 2019 im Zusammenhang mit dem Tausch von Anteilen und Vermögenswerte von E.ON und RWE. Die klagenden Unternehmen sehen in der Entscheidung der EU-Kommission eine eklatant drohende Wettbewerbsbeschränkung und die Begünstigung einer marktbeherrschenden Stellung zum Nachteil aller Wettbewerber und somit letztlich auch der Verbraucher.

In dem Rechtsstreit haben E.ON und RWE nun überraschend Unterstützung von der Bundesregierung bekommen. In dem laufenden Verfahren vor dem EuG hat die Bundesregierung demnach einen "Streithilfeantrag" für die "Bundesrepublik Deutschland" gestellt. Mit einem Streithilfeantrag können nicht direkt beteiligte Parteien ihre Zulassung zu einem Verfahren beantragen, wenn sie ein berechtigtes Interesse belegen können. In dem Schreiben hat die Bundesregierung beantragt, "die Bundesrepublik Deutschland als Streithelferin der Beklagten zuzulassen". Die Bundesregierung werde die klageabweisenden Anträge "vollumfänglich unterstützen", heißt es in dem Streithilfeantrag. E.ON und RWE hatten schon frühzeitig einen Streithilfeantrag gestellt, um die EU-Kommission zu unterstützen, was nicht überraschend war.

Zusammengefasst gestaltet sich der Deal wie folgt: Die Geschäftsbereiche Erneuerbare Stromerzeugung und Stromgroßhandel der E.ON SE sowie ein 16,7-prozentiger Anteil an der E.ON SE gingen an die RWE AG. Im Gegenzug gingen die Verteilnetze für Strom und Gas sowie der Vertrieb an die E.ON SE. Dazu wurde das erst vor wenigen Jahren von der RWE AG ausgegründete Unternehmen Innogy SE komplett zerschlagen. Die neu gegründete Westenergie AG (s. Mitteilung Nr. 540 vom 15.10.2019) bündelt nunmehr als Regionalversorger das gesamte kommunale Geschäft in Nordrhein-Westfalen, Niedersachen und Rheinland-Pfalz.

Bewertung

Auch der StGB NRW hatte im Verlauf des Kommissionsverfahrens seine Bedenken wegen der wettbewerblichen Auswirkung des Deals der beiden größten deutschen Energieversorger vorgebracht. Nicht zu erwarten ist, dass die Genehmigung des Deals jetzt noch gekippt wird. Aus kommunaler Sicht ist es wichtig, dass auch nach Übernahme von Konzessionsverträgen und Beteiligungen durch E.ON sichergestellt ist, dass eine angemessene und faire Beteiligung der betroffenen Kommunen gewährleistet wird. Es wird Aufgabe der Politik in Bund und Ländern sowie der nationalen und europäischen Regulierungsbehörden bleiben, die weiteren Entwicklungen auf dem Energiemarkt genau zu beobachten und sicherzustellen, dass es durch den jetzt entstandenen großen Netzbetreiber nicht zu Verwerfungen im Wettbewerb etwa bei den Themen Konzessionen, Finanzierung, Innovationen und Regulierung kommt.

Az.: 28.6.1-002/016 we

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